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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Guerrieri. Und nachdem du das Foto deinem Mandanten gezeigt hast, wäre ich dir dankbar, du würdest es verbrennen oder aufessen oder was immer du willst.«
    Ich hielt den Umschlag in der Hand und hörte ihm zu.
    »Und ich wäre dir auch dankbar, wenn du es jetzt geflissentlich verschwinden lassen würdest. Beispielsweise, indem du etwas so Kompliziertes tust, wie den Umschlag in die Tasche stecken, bevor noch die ganze Bar mitbekommt, dass Inspektor Tancredi vertrauliche Unterlagen an den Verteidiger von Kriminellen weiterreicht.«
    Ich verkniff mir die Bemerkung, dass der Ausdruck »die ganze Bar« wohl etwas überzogen sei in Anbetracht der Tatsache, dass sich zu der Signora hinterm Tresen lediglich ein älterer Herr gesellt hatte, der einen doppelten Whisky trank, ohne sich im Geringsten für uns und den Rest der Welt zu interessieren. Stattdessen dankte ich ihm und ließ den Umschlag in meine Tasche gleiten, während Tancredi sich bereits erhob, um ins Polizeipräsidium zurückzukehren.

16
    J eder Beruf hat seine Bruchstellen. Risse in den Mauern des Gewissens, die dir sagen – oder sagen sollten -, dass es eigentlich an der Zeit wäre, aufzuhören, etwas anderes zu tun, Zeit für Veränderung. Wenn so etwas möglich wäre. Natürlich ist es das fast nie. Wie man überhaupt fast nie den Mut hat, solche Dinge auch nur zu denken.
    Ich hatte viele Hinweise auf Bruchstellen. Einer davon war die Übelkeit, die mich befiel, wenn ich ins Gefängnis ging. Es begann mit einem schleichenden Unwohlsein im Büro, steigerte sich auf dem Weg ins Gefängnis und verwandelte sich in Ekel bei der Einlasskontrolle, wenn sie mich registrierten, mein Mobiltelefon in einem Spind einschlossen und mir die erste von unzähligen Türen öffneten, die ich auf dem Weg ins Besprechungszimmer passieren musste.
    An diesem Tag war der Ekel besonders heftig, direkt physisch.
    Während ich darauf wartete, dass Paolicelli zu mir gebracht wurde, fragte ich mich, was ich tun würde, wenn er den Mann auf dem Foto erkannte. Ich würde erneut zu Tancredi gehen, und der würde mir sagen, mehr könne er nicht für mich tun. Dass er mir ein Foto aus der Datenbank der Kripo zur Verfügung gestellt habe, sei schon ein großer Gefallen gewesen. Ich könne schlecht von ihm erwarten, dass er jetzt auch noch Ermittlungen durchführe – was für Ermittlungen überhaupt -, einzig aufgrund der rein hypothetischen Annahme, dass Herr Luca Romanazzi, persönlich oder durch einen Dritten, Drogen in den Wagen von Herrn Fabio Paolicelli geschmuggelt haben könnte. Nein, für derlei Ermittlungen solle ich mich besser an einen Magier als an einen Polizisten oder Privatdetektiv wenden.
    Wenn Paolicelli den Typen auf dem Foto hingegen nicht erkannte, war alles viel einfacher. Ich hatte mein Möglichstes getan – das würde keiner bestreiten können -, und das Einzige, was blieb, war der Versuch der Schadensbegrenzung. Was mir die Sache ungemein erleichtert hätte. Den Berufungsprozess würden wir zwangsläufig verlieren, also mussten wir einen Vergleich aushandeln. Kein Dilemma – ich verkraftete Dilemmata nicht mehr, und in diesem Fall schon gar nicht -, keine Mühe, keine lange Aktenbüffelei. Nichts.
    Mitten in diese Überlegungen drängte sich ein Gedanke, flink, wie ein ekliges, kleines Tier, das sich in der sauberen Küche eines Bauernhauses tummelt – der Gedanke, dass Paolicelli ein ganzes Weilchen hinter Gittern bleiben würde, wenn alles so lief.
    Ein ganzes Weilchen, das ich mit Sicherheit zu nutzen wusste.
    »Was ist das?«, fragte er mich, während ich ihm das Foto reichte.
    »Werfen Sie einen Blick auf das Bild und sagen Sie mir, ob Sie diese Person kennen oder irgendwann schon mal gesehen haben.«
    Er betrachtete das Foto lange, aber aus der Art, wie er kaum merklich den Kopf zu schütteln begann, schloss ich, dass meine Ermittlungen bereits beendet waren. Seine Kopfbewegungen wurden entschlossener, schließlich sah er auf und gab mir das Bild zurück.
    »Nie gesehen. Und wenn, erinnere ich mich nicht mehr. Wer ist das?«
    Ich wollte ihm schon sagen, das hätte keine Bedeutung, er kenne ihn ja sowieso nicht. Aber ich verriet es ihm doch.
    »Ein Krimineller, ein ziemlich großer Drogendealer. Zumindest hegt die Polizei diesen Verdacht – nachweisen konnte sie ihm bisher nichts. Er war an Bord Ihrer Fähre; es bestand der Verdacht, dass er in die Geschichte verwickelt ist.«
    »Warum sagen Sie, dass der Verdacht bestand ? Besteht er denn jetzt nicht

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