Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
wußte, ohne es zu sehen, was Stålhandske tat, und dieser wußte genau, was Carl vorhatte.
Carl trat drei schnelle Schritte vor, riß die Tür auf und stürzte dann mit ausgestreckter Pistole in einer weit ausholenden Bewegung eineinhalb Meter ins Zimmer.
Die drei Männer im Raum, durch Rockmusik und ödes Geplapper zu Tode gelangweilt, lümmelten neben ihren Instrumenten, die auf einem kleinen Schreibtisch und einem zusätzlichen Tisch aufgebaut waren, den sie aus der Küche heraufgeschleppt hatten. Die Männer bewegten sich kaum. Entweder waren sie zu erstaunt über das, was sie sahen, oder das stundenlange Stillsitzen hatte ihre Glieder steif gemacht.
Carl steckte seine Pistole ruhig in den Hosenbund auf dem Rücken und trat zwei Schritte vor. Er riß den nächsten Polizisten mit einem Griff um Hemd und Jackett hoch, und als er ihn in der richtigen Höhe hatte, versetzte er ihm zwei Schläge und kippte den bewußtlosen Mann mit dem Knie zur Seite, bevor er sich dem nächsten zuwandte, der inzwischen auf die Beine kam und gleichzeitig in die Innentasche seines Jacketts griff.
Der Mann schaffte es noch »Polizei!« zu sagen, bevor Schmerz und Schrecken verschmolzen und der Fußboden ihm entgegenkam und einen Schlag ins Gesicht versetzte, so daß alles Schwarz wurde.
Der dritte Mann machte einen Ausbruchsversuch und lief an Carl vorbei, der nur den Kopf schüttelte und etwa eine Sekunde wartete, bis er den dumpfen Laut von Åke Stålhandskes zwei Treffern draußen in der Dunkelheit hörte.
Carl zog sein Funksprechgerät aus der Tasche und schaltete es ein.
»Nest eingenommen. Holt die Taschen zum Transport des Materials. Ende«, teilte er mit.
Åke Stålhandske erschien mit fröhlichem Gesicht und schleifte den dritten Polizisten hinter sich her.
»Ein kleiner Ausreißversuch«, lächelte er.
»Hm«, erwiderte Carl. »Ich wollte nur prüfen, ob du wach bist. Handschellen?«
Sie legten den drei Bewußtlosen Handschellen an und befestigten sie mit einem Handgelenk an den ehrlichen alten gußeisernen Heizkörpern des Raums, legten die Männer in Seitenlage, lockerten die Kleidung um die Atemwege und nahmen die Brieftaschen an sich.
Während Åke Stålhandske begann, die technische Ausrüstung auseinanderzunehmen und zu stapeln, entnahm Carl den Brieftaschen drei Polizeiausweise und schrieb sich Personalnummern und Namen auf. Dann steckte er die Papiere wieder hinein und warf die Brieftaschen neben die drei Männer. Einer von ihnen bewegte sich etwas, ein anderer stöhnte leise.
Als Joar Lundwall mit einer der großen Taschen heraufkam, verpackten sie schnell die Ausrüstung, alles, was Platz fand, und rissen den Verdunklungsfilm vom Fenster.
Sie keuchten mit ihren schweren Taschen und einigen losen Ausrüstungsgegenständen die Treppe hinunter und stellten alles am Ausgang im Erdgeschoß ab. Åke Stålhandske hatte dort unten nämlich etwas entdeckt, als er sich in der Dunkelheit vorgetastet hatte. Er wollte es sich näher ansehen. Er betrat das Zimmer als erster und machte Licht.
Es war ein großes Wohnzimmer mit echten Teppichen, an den Wänden hingen lauter Marinebilder. Es war das Zimmer, in dem von Otter gestorben war.
Vor dem Fenster zur Straße stand ein großer Arbeitstisch mit mehreren fertigen oder halbfertigen Schiffsmodellen und Material, Schnitzmessern und kleinen Farbdosen in säuberlichen Reihen.
Sie näherten sich fast andachtsvoll dem Arbeitstisch und machten unbewußt einen Bogen um den großen braunen Fleck mit eingetrocknetem Blut auf dem Perserteppich.
Åke Stålhandske knipste die Arbeitslampe über dem Tisch an, so daß das Fenster vor dem Tisch zu einem schwarzen, undurchdringlichen Spiegel wurde. Jemand hatte die beiden Einschußlöcher im Doppelfenster mit selbsthaftender Folie verklebt. Der braune Arbeitsstuhl mit gepolstertem englischem Leder mußte nach Lage der Blutlache zu urteilen, nach hinten gekippt sein. Jemand hatte ihn säuberlich und exakt wieder hingestellt.
»Das hier ist mir aufgefallen«, sagte Åke Stålhandske und zeigte auf ein fast fertiges Schiffsmodell, das in der Nähe des Stuhls vor den beiden anderen stand. »Genau hier ist er gestorben, und zwar genau in dem Augenblick, in dem er hier auf dem Achterdeck den letzten Geschützturm befestigen wollte.«
»Panzerschiff ›Gustaf V.‹«, stellte Joar Lundwall fest. »Er hatte irgendwann in seiner Jugend auf dem Pott gedient. Alle, die auf der ›Gustaf V.‹ gefahren waren, rauchten eine bestimmte
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