Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis
legte, so als ob er eines Tages doch noch zurückkehren würde.
Entgegen Gwyns Erwartungen schlugen sie nicht den Weg zur Thamesis ein, sondern gingen nach Norden, um so die Grenzen der Stadt schnellstmöglich hinter sich zu lassen. Sobald die letzten Häuser außer Sicht waren, bogen sie nach Osten ab. Obwohl sich nicht nur die Stadt, sondern auch die sie umgebenden Ländereien dramatisch verändert haben mussten, fand sich Roderick noch erstaunlich gut zurecht.
Der Priester sprach kaum ein Wort. Gwyn stellte fest, dass sich Roderick anhand verfallener römischer Gehöfte orientierte, die er wohl noch aus besseren Tagen kannte. Erst als sie in der Ferne das alte Kastell sahen, entspannte er sich.
Nun wanderten sie nach Süden, bis sie auf der alten Römerstraße waren, der sie weiter nach Westen folgten. Sie kamen gut voran.
Die Luft war warm und erfüllt mit den Düften des Sommers. Roderick berichtete aus der Zeit, in der die Römer die britannischen Stämme unterwarfen, um sich die Insel für vierhundert Jahre Untertan zu machen.
Gwyn hatte keine Lust auf die Geschichtsstunde und setzte sich ans Wasser, um mit sich und seinen Gedanken alleine zu sein. Nun hatte er also das Medaillon wieder, doch damit war das ursprüngliche Problem natürlich noch nicht gelöst. Der Gral blieb unauffindbar und war vermutlich irgendwo an der Grenze zu Wales von seiner Mutter versteckt worden. Doch wo? Es gab viele Möglichkeiten. Allein die Zahl alter Druidengräber war so groß, dass Gwyn vermutlich bis zum Ende seiner Tage jedes Einzelne hätte durchsuchen können, ohne den Kelch zu finden. Und was würde sein, wenn er ihn wirklich in Händen hielt? Würde er ihn auch erkennen? Oder musste er dazu das Buch des Joseph von Arimathäa zurate ziehen, wie Merlin es behauptet hatte? Er wusste, dass er schnell eine Antwort auf diese beiden Fragen finden musste, denn bald würde ein Krieg das Land verwüsten, wie man seit hundert Jahren keinen mehr erlebt hatte.
Gwyn lauschte in die Nacht hinein. Die Unterhaltung, die seine Gefährten noch immer führten, drang wie ein leises Murmeln zu ihm herüber und mischte sich mit dem Rauschen des Flusses, und mit einem Mal musste Gwyn gähnen. Er legte sich ins Gras, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte hinauf zum sternenübersäten Himmel.
Gwyn wusste im ersten Moment nicht, ob er geträumt hatte oder ob die Bedrohung, die er plötzlich empfand, real war. Überrascht rieb er sich die Augen. Zwischen den Bäumen sah er einen gelben Widerschein. Er wunderte sich, denn man hatte eigentlich beschlossen, wegen der Sachsen kein Feuer zu entfachen. Vorsichtig schlich er sich auf allen vieren an das Lager an. Als er die vier Männer mit dem Drachen auf der Brust sah, versteckte er sich so schnell wie möglich hinter einem Baum.
Das waren Mordreds Männer! Und sie hatten seine Gefährten gefangen genommen!
Gwyns Gedanken überschlugen sich. Verdammt, warum nur hatte der Hund nicht angeschlagen? Gwyn spähte noch einmal um den Baum herum, dann sah er den Grund dafür. Einer der Angreifer hatte Brutus mit einem Pfeil niedergestreckt. Der gefiederte Schaft steckte tief in seinem Hals und die Zunge hing reglos aus seinem Maul.
Gwyn musste handeln, und zwar schnell.
Zunächst galt es, die Umgebung zu erkunden, denn wo vier dieser Kerle waren, konnten sich noch andere in der Nähe aufhalten.
Gwyn kroch durch das Unterholz. Es dauerte nicht lange, da hatte er die Pferde der Männer gefunden. Offensichtlich waren Mordreds Schergen wirklich nur zu viert. Gut, das würde die Sache vereinfachen. Mit einem beruhigenden Flüstern näherte er sich den Tieren und löste die Zügel, mit denen sie an den Bäumen festgebunden waren. Vorsichtig führte er sie ein Stück weiter in den Wald hinein, wo man sie nicht so schnell wiederfinden würde.
Sodann kroch er zurück zum Lager, wo man bereits begonnen hatte, Lancelot höchst unsanft zu befragen. Immer wieder schlug ihm der Kräftigste mit der Hand ins Gesicht, aber als der Ritter noch immer nicht antwortete, riss man Muriel und Katlyn auf die Beine. Gwyn musste etwas unternehmen! Er legte die Hände an den Mund und machte ein Geräusch, wie es eine Sau von sich gab, die ihre Jungen beschützte.
Die Männer wirbelten herum und blieben einen Moment unschlüssig stehen.
Gwyn grunzte und quiekte erneut. Die Krieger begannen sich zu streiten, bis schließlich einer von ihnen unter Protest eine Fackel aufhob und mit gezücktem Schwert in Gwyns
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