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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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nicht weg.
    Ich wünschte, du brauchtest niemals weg. Welche war am besten von allen, mit denen du’s gemacht hast?»
    «Du.»
    «Du lügst. Du lügst mich immer an. So! So! So!»
    «Nein, du bist die Beste.»
    «Ich bin alt.»
    «Du wirst nie alt sein.»
    «Ich hab das doch gehabt.»
    «Das macht keinen Unterschied, wenn eine Frau was weg hat.»
    «Los, mach! Los, mach jetzt! Tu den Stumpf da rüber! Bleib jetzt so. Bleib so! Bleib jetzt so. Bleib so!»
    «Wir machen zuviel Lärm.»
    «Wir flüstern doch.»
    «Ich muß draußen sein, bevor’s hell wird.»
    «Schlaf du man. Ich werde dich wecken. Wenn du zurückkommst, dann werden wir uns amüsieren, nicht? Dann fahren wir nach Miami in ein Hotel, so wie wir’s früher gemacht haben. Genau wie wir’s früher gemacht haben. Irgendwohin, wo sie keinen von uns beiden je gesehen haben. Warum können wir nicht nach New Orleans fahren?»
    «Vielleicht», sagte Harry. «Hör mal, Marie, ich muß jetzt schlafen.»
    «Wir fahren nach New Orleans, nicht?»
    «Warum nicht? Aber jetzt muß ich schlafen.»
    «Schlaf schön. Du bist mein großer Süßer. Los, schlaf schön. Ich werde dich wecken. Mach dir keine Sorgen, du.»
    Er schlief ein, mit dem Stummel seines Arms auf dem Kissen ausgestreckt, und sie lag lange Zeit da und blickte ihn an. Sie konnte sein Gesicht im Licht der Straßenlaterne, das durchs Fenster fiel, sehen. Ich bin ein Glückspilz, dachte sie. Die Mädchen da, die wissen nicht, was sie kriegen werden. Ich weiß, was ich habe und was ich gehabt habe. Ich bin ein Glückspilz gewesen. Da sagte er: wie eine Seeschildkröte! Ich bin froh, daß es ein Arm war und nicht ein Bein. Das hätte mir nicht gefallen, wenn er ein Bein verloren hätte. Warum mußte er nur den Arm verlieren? Ist aber komisch, daß es mir nichts ausmacht. Bei ihm macht mir nichts was aus. Ich bin ein Glückspilz gewesen. Es gibt keine anderen Männer so wie ihn. Die, die’s nie ausprobiert haben, wissen das nicht. Ich hab alle möglichen gehabt. Ich hab Glück gehabt, daß ich ihn gekriegt habe. Ob diese Schildkröten wohl dasselbe wie wir fühlen? Ob sie sich wohl die ganze Zeit über so fühlen? Oder ob es den Weibchen weh tut? Ich denk auch an die verteufeltsten Sachen. Na, sieh ihn dir an; da schläft er wie ein kleines Kind. Ich bleib besser wach, um ihn zu wecken. Herrje, nein, ich könnte das die ganze Nacht durch tun, wenn ein Mann danach gebaut wäre. Das tät ich gern und überhaupt nicht schlafen. Überhaupt nicht, nein, überhaupt nicht. Nein, überhaupt nicht, überhaupt nicht, überhaupt nicht. Na, nu sag einer an, was? Ich in meinem Alter. Ich bin nicht alt. Er hat gesagt, ich bin noch gut. Fünfundvierzig ist nicht alt. Ich bin zwei Jahre älter als er. Sieh ihn dir mal an, wie er da schläft, wie ein kleiner Junge.

    Zwei Stunden vor Tagesanbruch waren sie draußen am Benzintank in der Garage und füllten und verkorkten Demijohns und stellten sie hinten ins Auto. Harry hatte einen Haken an seinem rechten Arm angeschnallt und schob und hob geschickt die weidenumflochtenen Demijohns.
    «Willst du kein Frühstück?»
    «Wenn ich zurückkomme.»
    «Willst du auch keinen Kaffee?»
    «Hast du welchen?»
    «Gewiß. Ich hab ihn aufgestellt, als wir rausgingen.»
    «Bring ihn raus!»
    Sie brachte ihn heraus, und er saß im Dunkeln am Steuerrad und trank ihn. Sie nahm die Tasse und stellte sie auf das Bord in der Garage.
    «Ich komme mit dir mit, um dir mit den Flaschen zu helfen», sagte sie.
    «Schön», sagte er zu ihr, und sie stieg ein und setzte sich neben ihn, eine stattliche Frau, langbeinig, großhändig, starkhüftig, immer noch hübsch, einen Hut über ihr gebleichtes blondes Haar gezogen. In der Dunkelheit und der Kälte des Morgens fuhren sie die Landstraße entlang durch den Nebel, der schwer über der Ebene hing.
    «Was macht dir denn Sorgen, Harry?»
    «Ich weiß nicht. Ich mach mir einfach Sorgen. Hör mal, läßt du dir das Haar auswachsen?»
    «Ja, ich wollte es. Die Mädchen setzen mir so zu.»
    «Zum Teufel mit ihnen! Behalt du’s nur, wie’s ist.»
    «Möchtest du das wirklich?»
    «Ja», sagte er. «So mag ich’s.»
    «Du findest nicht, daß ich zu alt aussehe?»
    «Du siehst besser aus als irgendeine von ihnen.»
    «Dann werd ich’s nachfärben. Ich kann’s blonder machen, wenn du magst.»
    «Was haben dir denn die Mädchen reinzureden?» sagte Harry. «Die haben kein Recht, dich anzuöden.»
    «Du weißt ja, wie sie sind. Weißt du, junge Mädchen sind

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