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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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mein geheucheltes Mitleid nicht ironisch rüberkam. Keineswegs wollte ich ihr jetzt schon zeigen, was ich wirklich von ihr hielt. Allerdings hatte ich sowieso eigentlich immer einen Hang zur Ironie, selbst wenn ich Sachen ernst meinte. Also konnte es mir auch egal sein, wie es wirkte.
    »Besonders am Dienstag, Mensch, da wart ihr aber lange im Büro! Respekt, wie fleißig ihr da wart!«
    Verdammt! Das rutschte mir raus, bevor ich es verhindern konnte. Jessica sah mich unsicher an. Sie wusste offensichtlich nicht, was ich eigentlich wollte. Dass ich nicht ihre beste Freundin werden würde, war ihr wohl klar. Aber dass ich von Dienstagnacht wusste, wusste sie wiederum nicht. Jetzt musste ich deutlicher werden.
    »Ich meine, ich weiß, wie hart ihr arbeitet. Und ich finde es auch wirklich nicht schlimm, dass ihr euch geküsst habt. Ganz ehrlich. Wir sind da total offen.«
    Jessica sah mich erstaunt an. Noch nie hatte ich solchen Bockmist erzählt. Ich hätte ihr am liebsten ins Gesicht gekotzt. Mit aller Selbstbeherrschung, die ich aufbringen konnte, befahl ich meinen Wangenmuskeln, sich zu einer Art Lächeln zu verziehen.
    Ich musste jetzt weiter diese Schiene fahren, wenn ich ihr Vertrauen gewinnen wollte, und versicherte ihr, dass das wirklich keine wilde Sache gewesen sei.
    War sie eigentlich doof im Kopp? Merkte sie nicht, dass ich ihr hier nur Theater vorspielte? Man sollte doch meinen, eine studierte Theaterfachkraft, auch wenn sie nur Praktikantin war, könnte Schauspiel und Realität unterscheiden.
    »Ich dachte schon, dass er jetzt Ärger bekommen hätte. Und das wollte ich wirklich nicht. Ich mag ihn wirklich gerne.«
    Die Röte schoss ihr ins Gesicht. Himmel, war die verknallt! Wenn die Situation es erlaubt hätte, hätte sie mir direkt leid getan.
    »Also, Jessica, wir müssen nur überlegen, wie es jetzt weitergeht. Ich finde die Situation etwas, hm, na ja, schwierig. Immerhin arbeitet ihr zusammen. Du siehst ihn also öfter als Maja und ich, und das geht nicht.«
    Sie starrte mich an. Offensichtlich überlegte sie, was ich jetzt von ihr wollte.
    »Also, wir müssen die Situation wie Erwachsene lösen.«
    Sie nickte.
    »Wir haben uns überlegt, dass ihr montags bis mittwochs zusammen sein könnt, dafür behalte ich ihn donnerstags bis sonntags. Das Wochenende hätte ich gerne für uns, damit wir als Familie etwas machen können. Wenn das okay für dich ist?«
    Sie starrte mich an. Erst ungläubig. Dann schien sie zu glauben, dass ein Traum in Erfüllung ging. Zögernd fragte sie: »Das ist nicht dein Ernst?«
    Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Das Ganze schien ihr wahnsinnig unangenehm zu sein. Sie rang offensichtlich mit sich, ob sie das tolle Angebot annehmen sollte. Doch zu gewinnen hätte sie Jonas – zwar nur als Zweitfrau, aber besser als gar nichts.
    »Dir ist sicher klar, dass Jonas sich nie im Leben von mir trennt. Wir haben unsere Tochter zusammen und denken nicht daran, die Familie zu zerstören. Aber nach dem, was zwischen euch gelaufen ist, halten wir es für das Beste, es zuzulassen, bis es – na ja, bis es eben von selber aufhört.«
    Jessica staunte. Da hätte ich aber auch gestaunt, wenn ich so ein tolles Angebot bekommen hätte. Hallo! Das passierte nun auch nicht alle Tage.
    Dann ging ein Leuchten über ihr ganzes Gesicht. »O Mann, das ist doch nicht dein Ernst? Warum ist Jonas nicht hier, um mir das selber zu erzählen? Und er hat auf meine Mails auch nicht mehr geantwortet.«
    »Ach, du kennst ihn doch. Er ist ein Schussel. Er musste heute mit seinem Vater und Maja in den Baumarkt, irgendwelche Teile holen, und E-Mails liegen ihm eh nicht. Und ich dachte, es wäre besser, wenn wir das gleich von Frau zu Frau klären.«
    Damit stempelte ich ihn zu einem Macho ab, der er eigentlich gar nicht war. Ich wollte nicht hoffen, dass Jonas auf so ein Angebot eingegangen wäre. Allerdings überlegte ich, ob ich das alles ernst meinen würde, falls Jonas mir angedroht hätte, mich sonst zu verlassen.
    Nein, wahrscheinlich nicht. Wenn er lieber mit einer anderen zusammen sein wollte als mit mir oder mit uns beiden gleich gerne, dann konnte er seine Sachen packen und gehen. Niemals wäre ich eine Gattin, die eine andere Frau an ihrer Seite dulden würde. Am liebsten hätte ich Jonas noch dick mit Edding auf die Stirn geschrieben » MEINER !«
    Ich brauchte jetzt noch einen Schluck Sekt. Trank ich eigentlich zu viel? Egal, diese Woche war irgendwie eh völlig außerplanmäßig gelaufen, da

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