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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mein Gefühl sagt mir: Hier muß der große Unbekannte stecken. Ich habe neun Personen von dieser Gruppe festgestellt … neun von über vierhundert!« Wolff schob eine Liste über den Schreibtisch. »Eine interessante Gesellschaft: Unsere vier dunkelgelockten Herren …«
    »Aha!« rief McHolland.
    »Der I. Offizier, Abels …«
    »Das ist blöd, Doktor. Verzeihung, aber es ist so.«
    »Ein Grieche mit Namen Alexander Mikinades …«
    »Ein höflicher Mensch. Hat einen Olivenexport, eine Frau und vier Töchter. So etwas ist harmlos.«
    »Wir gehen immer davon aus, daß der Unbekannte geistig krank ist, ein Paranoiker, der nach außen hin völlig normal lebt.« Wolff blickte auf seine Liste. »Dann noch drei Frauen … aber sie scheiden aus.«
    »Eine Liste, die nichts bringt«, sagte Lord McHolland nach einigem Nachdenken. »Sie haben es gut gemeint, Doktor, aber so verrückt diese Gesellschaft auf dem Schiff auch ist … was bisher passiert ist, hat andere Gründe als geistige Abnormität. Wir stehen wieder vor dem Anfang, nur eins ist interessant: Die Vierlinge, wie man sie schon an Bord nennt, stehen auf der Liste.«
    »In die haben Sie sich festgebissen, nicht wahr?«
    »Mein Gefühl.« McHolland lehnte sich zurück und blies eine Rauchwolke gegen die Decke. »Eine kurze Erinnerung an meine Zeit in Indien. Wir waren auf Spähtrupp gegen eine Gruppe Aufständischer und übernachteten an einem ausgetrockneten Flußbett. Der Doppelposten war eingeschlafen … wir hatten einen mörderischen Marsch hinter uns. Plötzlich, ich schlief wie ein Toter, rüttelt mich jemand an der Schulter. Er rüttelt mich so stark, daß ich aufschrecke – aber da ist niemand. Ich liege allein in meinem Zelt … aber an der Schulter spüre ich noch so etwas wie einen Griff. Ich springe auf, stürze aus dem Zelt und sehe einen Trupp Inder das Flußbett hinaufschleichen. Wir haben sie vernichten können … das Unbekannte, Unbegreifliche, das mich wachrüttelte, hatte uns allen das Leben gerettet. Genauso ist es jetzt … wenn ich die vier netten Herren ansehe, klingelt in mir eine Alarmglocke.« McHolland stand auf und zog seine Leinenjacke wieder an. »Setzen Sie mich auf die Liste, Doktor –«, sagte er und tippte auf das Papier. »McHolland, Diagnose: Spinner. – So long, Doc!«
    Wolff blickte ihm nachdenklich nach und zog mit Rotstift einen Kreis um die Namen White, Filippo, Colezza und Benzoni.
    Warum bloß, dachte er. Jede Tat, wenn sie nicht von einem geistig Kranken kommt, hat einen Sinn, ein Motiv. Man kann ein Flugzeug entführen und es später in die Luft sprengen, wenn man selbst in Sicherheit ist … aber ein Schiff mit 400 Personen – Mannschaften und Passagieren – kidnappen, ist wohl das dämlichste, was man sich ausdenken kann.
    »Fehlanzeige –«, sagte er später zu Kapitän Meesters. »Ich habe versagt.«
    »Sie haben alles getan, was möglich war.« Meesters stand an der großen Seekarte und hatte mit Bleistift den Kurs der ›Fidelitas‹ eingezeichnet. Man befand sich jetzt auf der Höhe des Kaps Ras Fartak und würde am nächsten Tag in die Bucht von Salala einlaufen. Als Anlegehafen für fünf Stunden war Marbat im Emirat Oman vorgesehen … eine Stadt, in der die Jahrhunderte stolzen Wüstenlebens sich festgeklammert hatten. Hinter Marbat zog sich wie ein Schild gegen das riesige Sandmeer der Gebirgszug von Sharah die Küste entlang, eine rauhe, ausgebrannte, kahle, rötlich schimmernde Felsbarriere, die bis zu 1.678 Meter in den glutenden Himmel ragte. Dahinter begann die sandige Unendlichkeit, schliefen die Jahrtausende, war die Welt wie am ersten Tag der Schöpfung, öd und leer. Die Wüste.
    »Vielleicht sind alles wirklich nur Zufälle«, sagte Kapitän Meesters. »Ich meine die Sachen mit dem Lord. Ihre Beule ist dagegen völlig real und fühlbar. Ich neige dazu, McHollands und Ihr Abenteuer zu trennen. Bei Ihnen war's Eifersucht, verlassen Sie sich drauf, Doc!« Meesters lachte und legte den Meilenmesser auf die Seekarte. »Ein Schiffsarzt gehört allen Damen an Bord – das müßten Sie wissen. Vor allem, wenn man so aussieht wie Sie. Bei dem alten Bender war das anders, da ging man nur hin, wenn's wirklich brannte. Aber auch der Alte hat gestanden: Wenn ich alle Frauen in meinem Schiffsarztleben zusammenzählen müßte, brauchte ich eine Rechenmaschine.«
    Dr. Wolff betrachtete noch einmal seine Liste, neun Namen, die Ausbeute von über 400 Untersuchungen, zerriß sie dann und warf die Schnipsel in

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