Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall
»Frosch wegen der grünen
Gärtnerkluft, ist doch klar. Außerdem ist Deniz ein Frosch, unabhängig
von seiner Kleidung. Was man ja sieht.«
Kadir
grinste und maß den jungen Mann von Kopf bis Fuß. Er hatte mitnichten etwas von
einem grünen Lurch, aber Seda würde zweifellos ihre fundierten Gründe haben ihn
als Frosch zu bezeichnen.
»Seda,
hör auf mich zu blamieren!«, zischelte Deniz. Er zog umständlich sein T-Shirt
aus der Hose und wischte sich die Stirn. Schweißperlen troffen aus seinem
zurückgegelten Haar und seine Wangen glühten. Unwillkürlich tat er einen
Schritt nach hinten in Richtung Tür als wolle er fliehen, doch dort stand
unbeirrt Herbert Schmalfuß und drückte den jungen Mann zurück zum Schreibtisch.
»Setzen
Sie sich. Seda sagt, Sie könnten uns etwas über Bernadette Fischbach erzählen,
was bisher nicht bekannt ist?«
»Ja,
ich ... äh..., ich hab da vorher keinen Zusammenhang gesehen, die ganze
Geschichte ist mir ziemlich ... äh ... unangenehm. Mein Großvater, also Sie
kennen ihn ja auch, er arbeitete schon als Gärtner in den Hotels, als die
gerade fertig gebaut waren, na ja, also von Anfang an, puuh, ich weiß nicht wie
ich beginnen soll...? Dede würde mir die Ohren lang ziehen, wenn er
wüsste, was da gelaufen ist.«
Kadir
nickte zustimmend. Er kannte den energischen, drahtigen Ali, der es im Handumdrehen
schaffte, aus aufsässigen jungen Kerlen, die den Job nur angenommen hatten,
weil sie bei jedem anderen hinausgeflogen waren, lammfromme, sensible
Naturliebhaber zu machen, die zerknirscht zusammenzuckten, wenn sie sahen, dass
ein Gast achtlos einen Oleanderzweig abknickte. Er konnte sich lebhaft vorstellen,
wie der alte Mann, der drei Köpfe kleiner als sein Enkel war und ungefähr ein
Drittel von Deniz wog, den jungen Mann zur Schnecke machte.
Wie
hatte Ali es nur geschafft, die Ruhe zu bewahren, dachte Kadir, als Bernadette
Fischbach auch ihm in den Hintern gekniffen hatte? Aber wahrscheinlich gab es
nichts, was der alte Mann nicht schon gesehen und erlebt hatte, seit sich der
Ort zu einem Touristenparadies entwickelt hatte.
»Komm
in die Gänge, Deniz, erzähl es den Herren genau so, wie du es mir erzählt hat.«
Da
ihre Hände kaum bis zu seinen Schultern reichten, packte Seda Deniz kurzerhand
am Gürtel und drückte ihn auf den Stuhl vor Kadirs Schreibtisch.
»Also
ich ... äh ...äh...« Deniz holte tief Luft und platzte dann heraus: »Die
Bernadette und ich, also, wir hatten was miteinander.«
Er
räusperte sich. »Bettmäßig gesehen.«
» Was? «
Kadir beugte sich vor und stieß gegen seinen Teebecher.
»Das
heißt Wie bitte. «, dozierte Seda und zog ein Tuch aus Renatos
Kleenexbox.
»Seda!«,
zischte Kadir ohne den Blick von Deniz zu wenden, der eingekeilt zwischen den
Stuhllehnen thronte und die Hacken in den Fußboden bohrte als bremse er auf
einer rasanten Schlittentalfahrt.
Sorgfältig
wischte Seda mit kreisenden Bewegungen den Tisch ab, vermied es aber, Kadir
anzusehen, an dessen gerötetem Nacken sie erkannte, dass sie nun besser einen
Moment schweigen sollte. Er würde sie noch früh genug abpassen und ihr die
unangenehme Frage stellen, wie lange sie diesen Sachverhalt schon gewusst
hatte. Und sie würde ihm nicht erklären können, dass sie ihm nichts gesagt
hatte, weil er so bodenlos unverschämt und gefühllos gegen sie und Schmalfuß
gewesen war. Hier geht es um Mord, Seda! Nicht um Ihre persönliche kleine
Gefühlswelt! hörte sie ihn schimpfen.
»Jaja,
blablabla!«, murmelte sie, und Schmalfuß sah sie freundlich und erstaunt an. Da
sie türkisch gesprochen hatten, war er dem Gespräch nicht gefolgt, er erkannte
aber deutlich, dass die Kernbotschaft bei Kadir angekommen war.
»Ich
weiß, eine ganz dumme Geschichte, dede hat mir von Anfang an eingebläut,
dass man niemals, unter gar keinen Umständen, etwas mit einem Gast anfangen
darf ... oh Mann, ich schaffe es immer, mich in so eine Scheiße zu reiten, echt
krass, das Schicksal meint es echt Scheiße mit mir!«
»Wie
kam es nun dazu«, warf Kadir ein, »dass das Schicksal Ihnen Bernadette
Fischbach in die Bahn geworfen hat? Und dass Sie über sie stolperten, trotz des
guten Rates von Ihrem büyükbab a ?«
»Ich
hab gar nix getan!« Hilfesuchend wandte sich Deniz an Seda, die ihm auffordernd
zunickte und vorsichtig mit den Augen rollte. So ist er immer, Deniz, ein
bisschen streng und von oben herab, aber rede einfach weiter, frei von der
Leber weg!
»Ich
hab die Palmenstämme am
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