Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall
Kneipenviertel
verlegt und sind im „Schinkenhaus“ versackt. Irgendein türkischer Fußball lief
da in der Glotze über der Bar, was natürlich dazu führte, den Engändern, die da
abhingen, mal ordentlich die Meinung zu ihrem dreckigen und brutalen Bauernfußball
zu geigen. Die natürlich auch nicht mundfaul und entsprechend war die Stimmung
am sieden dran und als …«
Als
Dr. Menold qua seines Amtes als Vorsitzender des Vereins erneut das Zeichen für
eine Runde Bier und Raki gab, schloss er die neugewonnen britischen Freunde mit
ein und die Gruppe wurde stetig fröhlicher und lauter. Schließlich meldete
Mutter Natur ihr Recht an, und da Dr. Menold schon durch einen früheren Besuch
des „Schinkenhauses“ über Qualität und Sauberkeit der Örtlichkeiten hinreichend
aufgeklärt war, beschloss er, den kurzen Weg über die Straße zum nächstbesten
Hotel zu nehmen und sich dort zu erleichtern.
»Naja,
bis hinein ins Hotel bin ich aber nicht gekommen und so hab ich die Rabatten
auf dem Vorplatz gewässert und bin zurück geeiert. Wollte ich zumindest. Habe
mich in dem verflixten Gebüsch verheddert und bin mehr oder weniger rückwärts
aus dem Hotelgarten auf den Gehweg gefallen, das heißt, ich wäre auf den Weg
geplumpst, wenn ich nicht gegen diese Lady gedonnert wäre.«
Ein
spitzer Schrei und eine Sekunde später umschlossen zwei Arme den wankenden Dr.
Menold.
»Da
hab ich diesen Duftwassergestank in die Nase gekriegt, ganz üble Kiste und ich
dachte, jetzt kannste gleich wieder zurück in die Rabatten und auf deine eigene
Pisse kotzen.«
Kadir
presste den Hörer ans Ohr und lauschte angestrengt. Aber Seda verhielt sich
still.
»Erst
denk ich, der Typ will mir nur helfen, damit ich nicht hinknalle, aber dann
brüllt er plötzlich los und stößt mich weg. Glücklicherweise steht da ne
Laterne, die ich umarmen kann und die mir in meiner Verwirrung erst Mal Halt
bietet. Ich pendel mich aus und sehe mir diesen Schreihals dann genauer an,
weiß ja nicht, was da noch auf mich zukommt. Seine Lady hat bei dem Aufprall
ihre Handtasche verloren und beide kriechen am Boden und sammeln den ganzen
Krempel auf, den die Weiber halt so mit sich schleifen, Lippenstift,
Sonnenbrille, Handschuhe, Taschentücher, Tampons, ist ja immer ein Wahnsinn
sondergleichen, mit was für Wagenladungen … naja, er schimpft wie ein Rohrspatz
und da merke ich plötzlich, dass ich sein Kauderwelsch verstehe und dass der
Typ ein Deutscher sein muss. Klar, da fang ich an mich mal wieder für meine
Landsleute zu schämen, die da im Ausland mitten auf der Straße stehen und
rumkrakeelen und sich kein Stück benehmen können. Also, denke ich, mach mal ein
bisschen Konversation, vielleicht kriegt der Knabe sich dann wieder ein.«
-
Ist doch nix passiert, oder, Lady? – Nichts passiert? Sie haben der Dame einen
Höllenschrecken eingejagt! Torkeln da so mir nichts dir nichts aus dem
Vorgarten und … Herr im Himmel, so machen Sie doch wenigstens Ihren Hosenlatz
zu, wo sind wir denn hier? Gleich rufe ich die Polizei! – Oh, bitte, nicht die
Polizei, alles nur das nicht! Die habe ich hier schon kennengelernt, das muss
ich nicht noch einmal haben! – Wundert mich nicht! Dann werden sich die Herren
sicher noch an Sie erinnern und sich auf ein Wiedersehen freuen. -
»Und
da hab ich rot gesehen, denn schließlich war ja der vorletzte Abend und ich
hatte nicht vor, schon wieder eine Nacht auf dieser scheußlichen Pritsche zu
verbringen. Ich hab einen Schritt nach vorne getan um den Typen wegzuschubsen,
doch der weicht uns und so donnere ich, vermaledeit, schon wieder gegen seine Lady.
Die krallt mir ihre Finger recht sportlich und handgreiflich in die Schulter
und schon kegele ich wieder durch die Luft und lande auf meinem Hintern. Wow,
die Lady hatte ordentlich Kraft, da war richtig Wumms hinter. Hab den Knaben, trotz
meiner misslichen Lage, fast beneidet, aber eigentlich hatte ich schon auf den
ersten Blick gesehen, dass sie nicht mein Typ ist.«
»Bitte
beschreiben Sie sie so genau wie Sie können.«
»Will
ich ja, will ich ja. Also, sie hat zwar kein Wort gesprochen, aber ich leg
gerne ne Wette bei bet-at-win auf, dass die Lady Russin oder was anderes
Ostsches war. Strohblonde Haare bis zum Arsch, Schminke mit einem Spachtel
aufgetragen, so dass du unmöglich sagen kannst, was da drunter für ein Gesicht
zum Vorschein kommt, Ausschnitt bis zum Bauchnabel, Beine bis zum Himmel. Und
die Schuhe! Nur die Ladys aus Russland bringen es
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