Hannahs Entscheidung
Hand, als Hannah protestieren wollte, »in der Küche lasse ich mir ungern ins Handwerk pfuschen, wenn ich das so salopp formulieren darf.« Sie verschwand in einer angrenzenden Kammer und tauchte mit zwei Dosen roten Kidneybohnen bewaffnet wieder auf. »Ich hoffe, Sie nehmen mir meine Offenheit nicht übel.« Sie stellte die Dosen auf die Arbeitsfläche und drehte sich zu Hannah um. »Sie mögen doch Chili?«, versicherte sie sich noch einmal.
»Ich liebe Chili. Meine Großmutter hat früher das beste Chili in ganz North Carolina zubereitet .« Einen flüchtigen Augenblick fühlte Hannah einen leisen Stich der Sehnsucht.
»Sam sagte mir, dass Sie ursprünglich aus Charlotte stammen.« Deanna zog eine Schublade auf. »Charlotte ist eine tolle Stadt. Einmal im Jahr fahre ich mit einer guten Freundin dorthin, um in der Southpark Mall bummeln zu gehen.« Sie tauschte ein vielsagendes Lächeln mit Hannah und wedelte mit dem Dosenöffner. »Männer lassen sich eher mit kulinarischen Genüssen locken als mit der Aussicht, shoppen zu gehen, nicht wahr?« Flink hatte sie die Bohnen in ein Sieb geschüttet. »Sam ist inzwischen verrückt nach meinem Chili. Mindestens einmal in der Woche mache ich ihm einen schönen großen Pott, da hat er meist zwei Tage etwas davon.«
So. Er war also verrückt nach Deannas Chili. Auch nach ihr? Verglichen mit Gloria Turner war Deanna zumindest eine sympathische Erscheinung, stellte Hannah fest, als sie die andere Frau unauffällig musterte. Sie war attraktiv, besaß eine angenehme Stimme und ein ebensolches Wesen. Trotzdem, irgendwie störte sie der Gedanke, dass zwischen Sam und Deanna, die in seiner Küche mit Leidenschaft für ihn kochte, etwas laufen könnte. Hannah verdrängte diese Vorstellung. »Sagen Sie, Deanna«, lenkte sie das Gespräch in andere Bahnen, »wer ist die junge Frau auf dem Bild an der Wand oben im Gästezimmer?«
Schwungvoll kippte Deanna die abgetropften Bohnen in einen gusseisernen Pott, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Hannah richtete. »Im Gästezimmer? Ach, Sie meinen Penelope. Penelope Parker. Das ist Sams Schwester. Warum fragen Sie«?
»Ich hatte mich nur gewundert. Aber jetzt, wo Sie es sagen, die zwei sehen sich tatsächlich ähnlich.«
»Ja, nicht wahr? Sie kommen beide nach Sams Mom, Emilia. Sie ist noch immer eine wunderschöne Frau. Zum Glück haben die Geschwister die Gene ihrer Mutter geerbt. Hank, ihr Gatte, war ein reizender Mensch, jedoch glaube ich, dass Emilia ihn wegen seines unwiderstehlichen Charmes und nicht wegen seines Aussehens geheiratet hat, wenn Sie verstehen.« Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während sie nach einem Holzlöffel angelte.
»Sie sagen war, lebt Sams Vater nicht mehr?«
Deanna verneinte. »Er war so ein bezaubernder Mann. Der typische Südstaatengentleman. Jeder in Willow Creek hat ihn gemocht und respektiert. Hank gehörte der Antiquitätenladen unweit des Drugstores auf der Main South.« Sie seufzte. »Er restaurierte wunderbare alte Möbel. Seitdem das Geschäft einen neuen Besitzer hat, wird dort fast nur noch dieser grässliche Chinakram verkauft. Ein Jammer.«
Sam schien also die Vorliebe für schöne alte Möbel von seinem Vater geerbt zu haben. Nur die Manieren eines Südstaatengentlemans hatte sein Vater ihm offensichtlich nicht vermitteln können. »Warum hat Mr. Parker, ich meine Sam, den Laden nicht übernommen ?«
Deanna rührte im Topf. »Er und seine junge Frau wollten sich etwas Eigenes aufbauen. Die Farm der Flannigans, Green Acres, stand damals zum Verkauf. Maggie hatte sich in das Anwesen und die Tiere verliebt. Und Sam tat alles, um sie glücklich zu machen.« Deanna verließ ihren Platz am Herd. Ihr blonder Kopf verschwand in den Untiefen des Kühlschranks.
»Was ist mit Sams Schwester Penelope? Lebt sie ebenfalls in Willow Creek?«
»Nicht mehr.« Mit einer Tupperdose in der Hand tauchte Deanna wieder auf. »Sie verließ Willow Creek vor Jahren, lebt jetzt in Asheville mit irgendeinem reichen Kerl.«
»Verstehe.« Hannah unterdrückte ein Gähnen, was Deannas Aufmerksamkeit nicht entging. Sie schmunzelte.
»Warum machen Sie es sich nicht mit einem Glas Eistee auf der Veranda gemütlich, Hannah? Eistee ist im Kühlschrank, Gläser finden Sie im Hängeschrank über der Spüle. Fühlen Sie sich wie zu Hause. Ich werkele noch eine Weile in der Küche.«
»Sind Sie sicher, dass ich Ihnen nichts helfen kann?« Hannah fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, untätig
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