Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt
Stolz.
»Man versteht schon ein wenig davon, wenn man Tag für Tag die Bewegung der Wolken verfolgt.«
Aber selbst er kann plötzliche Schwankungen der Wetterlage nicht voraussehen, und meine Ausflüge in weiter entfernte Gebiete sind und bleiben gefährlich.
Dickes Gestrüpp, Gehölz oder Felsen machen es mir außerdem oft unmöglich, direkt an der Mauer entlangzugehen und alles genau zu inspizieren. Die Häuser konzentrieren sich um das Zentrum der Stadt entlang des Flusses, und sobald man dieses Wohngebiet verlässt, wird es schon schwierig, überhaupt Wege zu finden. Selbst Trampelpfade, durch die ich mich gerade eben hindurchzwängen kann, enden oft plötzlich in dichtem Dornengestrüpp, sodass ich mühsame Umwege machen oder auf demselben Weg wieder umkehren muss.
Ich beschließe, meine Erkundungen am Westende der Stadt zu beginnen, das heißt in der Gegend um das Westtor, wo die Hütte des Wächters steht, und mich dann im Uhrzeigersinn um die ganze Stadt vorzuarbeiten. Zunächst läuft alles glatt, viel einfacher, als ich gedacht habe. Vom Stadttor in Richtung Norden erstrecken sich entlang der Mauer weite, flache Felder mit dichtem, hüfthohem Gras, durch das sich, wie fein säuberlich hineingestickt, Wege ziehen. Keine nennenswerten Hindernisse also. In den Feldern bauen Vögel, allem Anschein nach Lerchen, ihre Nester. Manchmal fliegen sie auf, kreisen Futter suchend am Himmel und kehren schließlich an ihren Nistplatz zurück. Ein paar Einhörner sind auch da, aber nicht viele. Man sieht von ihnen nur Kopf und Rücken. Auf der Suche nach frischen, grünen Sprossen bewegen sie sich langsam durch die Felder, als trieben sie auf Wasser.
Als ich eine Weile gelaufen bin und die Mauer eine Rechtskrümmung macht, kommen in südlicher Richtung die alten, verfallenen Kasernen in Sicht. Schmucklos-schlichte zweistöckige Gebäude, jeweils drei in einer Reihe. Etwas weiter weg steht noch eine Gruppe von Häusern, etwas kleiner als die im Beamtenviertel – wahrscheinlich die Wohnungen der Offiziere. Die Häuser sind von niedrigen Steinmäuerchen eingefasst, dazwischen stehen Bäume. Doch mittlerweile ist alles von hohem Gras überwuchert, niemand ist zu sehen. Offenbar haben hier früher die pensionierten Militärs des Beamtenviertels gelebt. Und dann muss irgendetwas passiert sein, was sie in die Dienstwohnungen am Westhügel hat ziehen lassen und die Kasernen dem Verfall preisgab. Die weiten Felder sind anscheinend die ehemaligen Manöver- und Exerzierplätze, denn im Gras kann man hier und da noch die Überreste eines Schützengrabens oder den Steinsockel für einen Fahnenmast entdecken.
Ich arbeite mich immer weiter nach Osten vor, und schließlich gehen die ebenen Felder in Wald über. Zuerst wächst zwischen den Gräsern nur hier und da einmal ein Strauch, doch bald wird regelrechtes Gehölz daraus. Es sind zumeist Büsche, deren dünne Stämme ineinander verschlungen hochwachsen, um dann in Schulter- oder Kopfhöhe auszuschlagen. Der Boden ist überwuchert mit den verschiedensten Gewächsen, hier und da lugt die Fingerspitze eines farblosen Blümchens hervor. Dann beginnt allmählich der Wald, wird das Gelände ausgesprochen unwirtlich. Zwischen den Büschen stehen jetzt meterhohe Bäume unterschiedlichster Art. Außer dem gelegentlichen Zwitschern eines Vögelchens, das von Zweig zu Zweig fliegt, höre ich keinen Ton.
Mit winzigen Schritten bahne ich mir meinen Weg, aber das Gehölz wird dichter und dichter, über meinem Kopf ist alles hoch verästelt zugewachsen, weshalb mir die Sicht versperrt ist und ich dem Verlauf der Mauer nicht mehr folgen kann. Ich gebe auf, nehme einen nach Süden abgehenden Pfad zurück in die Stadt, überquere die Alte Brücke und gehe nach Hause.
Jetzt ist es schon Herbst, aber mehr als äußerst primitive Umrisse bringe ich nicht aufs Papier. Die Topographie der Stadt lässt sich grob als Oval beschreiben, das sich von West nach Ost erstreckt, mit Erhebungen im Norden und Süden, dem Nordwald und dem Südhügel. Der östliche Hang des Südhügels besteht aus grobem, felsigem Gelände, das weit zur Mauer hin ausläuft und einen guten Abschnitt ihrer unmittelbaren Umgebung bildet. Im Osten der Stadt liegt zu beiden Seiten des Flusses ein großer Wald, im Vergleich zum Nordwald finster, rau und unwegsam. Lediglich ein Weg führt hindurch, den Fluss entlang zum Osttor – zumindest dort kann ich mir also die Mauergegend näher ansehen. Das Osttor ist, wie der Wächter gesagt
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