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Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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noch Hautzellen finden. Ich werde sie für eine Sitzung
     verwenden und sehen, was ich herausfinde. Das kann hilfreich sein, muss es aber nicht. Man kann sich nicht darauf verlassen,
     deshalb schwindeln ja auch so viele in unserer Branche.«
    Da konnten wir ihm nicht widersprechen. Die meisten »Hellseher« sind Betrüger, selbst diejenigen, die über eine echte Gabe
     verfügen. Hellseher müssen auch von irgendwas leben, und wenn man sein Geld damit verdienen kann, dass man in einem Schaufenster
     sitzt und Mrs Sentimental erzählt, dass ihre Fluffy gerade im Paradies schnurrt, tut man das eben, wenn einen die Gabe im
     Stich lässt.
    »Was brauchst du, um loszulegen?«, fragte ich. Jeder Hellseher, den ich kenne, besitzt sein eigenes Ritual.
    »Nicht viel«, sagte er. »Bitte ganz leise sein. Schließt kurz die Augen, dann stimme ich mich ein.«
    Das fiel uns nicht weiter schwer. Tolliver und ich schlossendie Augen, und seine Hand fand die meine. Ich konnte mich entspannen und überlegen, wo genau sich Manfred in diesem erweiterten
     Bewusstseinsstrom befand, in jenem Zustand zwischen Wachen und Schlafen, zwischen dieser und der nächsten Welt. Dort halte
     ich mich auf, wenn ich auf die Knochen in der Erde hinabsehe. An einem Ort, den Manfred jetzt ebenfalls erkundete. Es ist
     nicht weiter schwer, dorthin zu gelangen, aber manchmal ist es verdammt schwer, zurückzukommen.
    Im Zimmer war es still, vom Rauschen der Klimaanlage einmal abgesehen. Nach ein, zwei Minuten glaubte ich, meine Augen öffnen
     zu können. Manfred hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Er wirkte so entspannt wie eine leblose Puppe. Ich hatte Manfred noch
     nie in Aktion erlebt. Es war interessant, aber auch unheimlich.
    »Ich mache mir Sorgen«, sagte Manfred plötzlich. Ich machte gerade den Mund auf, um ihn zu beruhigen, als ich merkte, dass
     Manfred sich nicht mit uns unterhielt. Er lieh Victoria seine Stimme. »Ich sitze vor dem Computer. Ich habe in kurzer Zeit
     sehr viel herausgefunden, genug, um weitermachen zu können. Ich habe so einige Hypothesen. Wenn Mariah so gestorben ist, wie
     Harper gesagt hat, ist die Chance groß, dass das Kind noch am Leben ist. Wer würde ihr das Baby wegnehmen? Und wohin würde
     derjenige das Baby bringen? In ein Waisenhaus? Ich werde also alle Waisenhäuser zwischen Dallas und Texarkana abtelefonieren.
     Ich kann mich erkundigen, ob um Mariahs Sterbedatum herum ein kleines Mädchen abgegeben wurde. Vielleicht kann ich noch heute
     Abend ein paar anrufen.«
    Wow, Victoria war wirklich eine gute Detektivin gewesen.
    »Ich mache mir Sorgen«, fuhr Manfred fort und bewegte unruhig den Kopf. »Ich habe mit allen Joyces und mit dem Freund gesprochen.
     Ich habe mir eine Liste mit den anderenAngestellten gemacht, die für Rich Joyce arbeiteten, als Mariah auch dort war. Aber ich weiß nicht, wie weit ich damit komme.
     Mehr schaffe ich heute nicht mehr. Ich glaube, jemand ist mir zum Büro gefolgt. Rudy?«
    Manfred tat so, als hielte er ein Handy. »Ich spreche dir nur ungern auf den Anrufbeantworter, denn wir haben uns schon lange
     nicht mehr gesehen. Aber ich glaube, dass mich jemand verfolgt. Und wenn man schon das Glück hat, mit einem Polizisten befreundet
     zu sein, sollte man ihn anrufen, wenn man in der Klemme steckt. Ich möchte ihn nicht zu meiner Mom führen, wenn ich MariCarmen
     abhole. Na ja   … tschüs. Ich werde das Büro in etwa zehn Minuten verlassen. Ich muss noch ein paar Anrufe machen.« Manfred berichtete uns
     in der ersten Person, was Victoria gedacht hatte, und er sprach so, als wäre er sie.
    Jetzt bewegten sich Manfreds Hände. Er machte irgendetwas, woraus ich allerdings nicht schlau wurde. Ich sah Tolliver an und
     hob fragend die Brauen. Tolliver zeigte auf den Stapel mit Unterlagen auf dem Couchtisch. Gleich darauf begriff ich. Victoria
     schob die Unterlagen zu einem ordentlichen Stapel zusammen, steckte sie in eine Mappe und legte sie auf die anderen. Dann
     holte sie ein Gummiband aus einer Schublade und zog es um den Stapel. »Ich lege das nur schnell in den Kofferraum«, flüsterte
     sie. »Danach erledige ich meine Anrufe.« Manfreds Füße und Schultern bewegten sich unmerklich, was nahelegte, dass Victoria
     (verkör pert von Manfred) hinausging, den Kofferraum öffnete, die Unterlagen hineinwarf, den Kofferraum schloss und wieder zurückkam.
    Das war eine sehr merkwürdige Erfahrung. Erhellend, aber merkwürdig.
    »Da kommt jemand«, murmelte Victoria alias

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