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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Stück und müssen gleich wieder weitermachen. Aber wenn Sie möchten, können Sie gern bleiben und zusehen, und ich erzähle Ihnen nebenher ein wenig, was wir hier so machen.«
    »Das wäre super.«
    »Sie müssen nur genügend Abstand halten. Das Material, mit dem wir hier arbeiten, ist extrem heiß.«
    »Keine Angst, wir passen schon auf.«
    »Von wo kommen Sie? Aus Seattle?«
    »Nein, von ziemlich weit her. Aus Kalifornien.«
    Falls die Erwähnung ihrer Heimat Kalifornien etwas in Gleason auslöste, war es ihr nicht anzusehen. Sie zog die Schweißmaske über ihr lächelndes Gesicht, streifte sich die Handschuhe über und machte sich wieder an die Arbeit. In den nächsten vierzig Minuten sahen Bosch und McPherson zu, wie Gleason und ihre zwei Assistenten das Glasobjekt fertigstellten. Gleason kommentierte jeden ihrer Handgriffe, während sie arbeitete, und erklärte ihnen, dass jedes der drei Mitglieder des Teams eine andere Aufgabe hatte. Der erste junge Mann war ein Bläser, der andere ein Blocker. Gleason war die Meisterin und hatte die Oberaufsicht. Das Stück, das sie gerade formten, war ein ein Meter zwanzig langes Weinblatt. Es war Teil eines größeren Objekts, das im Foyer einer Firma in Seattle aufgehängt werden sollte, die sich Rainier Wine nannte.
    Gleason ließ auch einiges über ihre jüngere Vergangenheit einfließen. Unter anderem erzählte sie, dass sie ihr Studio erst vor zwei Jahren gegründet hatte und vorher drei Jahre bei einem Glaskünstler in Seattle in die Lehre gegangen war. Für Bosch waren das nützliche Informationen: sie von sich erzählen zu hören und zu sehen, wie sie das weiche Glas bearbeitete.
Farbe sammeln,
wie sie es nannte. Schwere, robuste Werkzeuge zu verwenden, um etwas zu bearbeiten, was schön und zerbrechlich war und zugleich glühte vor Gefährlichkeit.
    Die Hitze aus dem Ofen war kaum auszuhalten, und Bosch und McPherson zogen ihre Jacken aus. Gleason zufolge herrschte im Ofen eine Temperatur von zweitausenddreihundert Grad, und Bosch fragte sich, wie es die Glasbläser aushielten, stundenlang in unmittelbarer Nähe einer solchen Hitzequelle zu arbeiten. Das Einwärmeloch, die kleine Öffnung, in die sie das entstehende Gebilde immer wieder schoben, um es neu zu erhitzen und weitere Schichten anzubringen, glühte wie die Pforten der Hölle.
    Als sie endlich fertig waren und das Objekt zum Aushärten beiseite gelegt hatten, bat Gleason ihre Assistenten, die Werkstatt aufzuräumen, bevor sie nach Hause fuhren. Bosch und McPherson lud sie ein, im Büro auf sie zu warten, bis sie sich gewaschen hatte.
    Das Büro diente auch als Aufenthaltsraum. Die spärliche Einrichtung bestand aus einem Tisch mit vier Stühlen, einem Aktenschrank, einem Spind und einer Kochecke. Auf dem Tisch lag ein Ordner voller Dokumentenhüllen mit Fotos von Glasobjekten, die in der Werkstatt angefertigt worden waren. McPherson sah sie sich an und schien von einigen recht angetan. Bosch zog die Akte, die er unter seiner Jacke getragen hatte, heraus und legte sie auf den Tisch.
    »Muss schön sein, aus nichts etwas machen zu können«, sagte McPherson. »Das würde ich auch gern können.«
    Bosch überlegte, was er darauf antworten könnte, doch bevor ihm etwas einfiel, ging die Tür auf, und Sarah Gleason kam herein. Ohne die Schutzmaske, die Schürze und die Handschuhe war sie zierlicher, als Bosch erwartet hatte. Sie war kaum eins fünfzig groß und dürfte bestenfalls vierzig Kilo gewogen haben. Er wusste, dass Kindheitstraumen manchmal das Wachstum hemmten. Deshalb war es kein Wunder, dass Sarah Gleason wie eine Frau im Körper eines Kindes aussah.
    Ihr kastanienbraunes Haar trug sie nun offen und nicht mehr zu einem Knoten gebunden. Es rahmte ein abgespanntes Gesicht mit dunkelblauen Augen ein. Sie trug Bluejeans, Clogs und ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift
Death Cab.
Sie steuerte sofort auf den Kühlschrank zu.
    »Darf ich Ihnen was zu trinken anbieten? Alkohol haben wir zwar keinen, aber wenn Sie Lust auf was Kaltes haben …«
    Bosch und McPherson lehnten dankend ab. Bosch merkte, dass sie die Bürotür offen gelassen hatte. Er konnte in der Werkstatt jemanden fegen hören. Er stand auf und schloss die Tür.
    Gleason wandte sich mit einer Flasche Wasser vom Kühlschrank ab. Als sie Bosch die Tür schließen sah, huschte sofort ein besorgter Ausdruck über ihr Gesicht. Bosch hob beruhigend die Hand, mit der anderen holte er seine Dienstmarke heraus.
    »Ms. Gleason, es besteht kein

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