Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Gleiche. Wie viele Strafprozesse haben Sie insgesamt vorzuweisen, Mr. Bell?«
    »Leider keinen, Euer Ehren.«
    »Was steuern Sie zu Mr. Jessups Verteidigung bei?«
    »Euer Ehren, ich steuere meine reichhaltige Prozesserfahrung dazu bei. Aber ich glaube nicht, dass hier meine fachliche Qualifikation irgendeine Rolle spielt. Mr. Jessup steht ein Anwalt seiner Wahl zu, und …«
    »Worin genau besteht der Konflikt, den Sie mit Ms. McPherson haben?«
    Bell sah die Richterin verdutzt an.
    »Haben Sie meine Frage verstanden?«, fragte die Richterin.
    »Ja, Euer Ehren. Der Konflikt ist, dass wir eine intime Beziehung hatten und jetzt in einem Prozess gegeneinander antreten.«
    »Waren Sie verheiratet?«
    »Nein, Euer Ehren.«
    »Wann bestand diese intime Beziehung, und wie lange dauerte sie?«
    »Sie liegt sieben Jahre zurück und dauerte etwa drei Monate.«
    »Hatten Sie seitdem Kontakt mit ihr?«
    Bell drehte die Augen an die Decke, als suchte er dort nach einer Antwort.
    Maggie beugte sich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr.
    »Nein, Euer Ehren«, antwortete Bell.
    Ich stand auf.
    »Euer Ehren, um der Wahrheitsfindung in vollem Umfang Genüge zu leisten, möchte ich darauf hinweisen, dass Mr. Bell in den vergangenen sieben Jahren Ms. McPherson eine Weihnachtskarte geschickt hat. Sie hat nicht in gleicher Weise geantwortet.«
    Im Saal ertönte leises Gelächter. Die Richterin ignorierte es und blickte auf etwas vor ihr hinab. Sie sah aus, als hätte sie genug gehört.
    »Worin besteht der Konflikt, dessentwegen Sie Bedenken haben, Mr. Bell?«
    »Ähm, darüber in der Öffentlichkeit eines Gerichtssaals zu sprechen ist ein wenig heikel, Euer Ehren, aber es war ich, der die Beziehung mit Ms. McPherson beendet hat. Daher meine Sorge, sie könnte noch unterschwellige Animositäten gegen mich hegen. Und darin besteht der Konflikt.«
    Das nahm ihm die Richterin nicht ab, und jeder im Saal wusste es. Es war schon peinlich, es nur mit ansehen zu müssen.
    »Ms. McPherson«, sagte die Richterin.
    Maggie schob ihren Stuhl zurück und stand auf.
    »Hegen Sie noch unterschwellige Animositäten gegen Mr. Bell?«
    »Nein, Euer Ehren. Zumindest nicht bis zu seinem heutigen Auftritt. Ich habe ihm keine Träne nachgeweint.«
    Ich konnte von den Sitzreihen hinter mir ein weiteres Glucksen hören, als Maggies Spitze traf.
    »Danke, Ms. McPherson«, sagte die Richterin. »Sie können sich wieder setzen. Und Sie ebenfalls, Mr. Bell.«
    Erleichtert ließ sich Bell auf seinen Stuhl plumpsen. Die Richterin beugte sich vor und sagte in sachlichem Ton in das Mikrophon auf der Richterbank: »Der Antrag ist abgelehnt.«
    Royce stand sofort auf.
    »Euer Ehren, ich wurde vor der Entscheidung nicht mehr angehört.«
    »Es war Ihr Antrag, Mr. Royce.«
    »Aber ich würde mich gern zu verschiedenen Dingen äußern, die Mr. Haller über …«
    »Mr. Royce, ich habe meine Entscheidung zu diesem Punkt getroffen. Ich sehe keine Notwendigkeit für weitere Diskussionen. Sie etwa?«
    Royce merkte, seine Niederlage könnte noch vernichtender ausfallen. Ihm blieb nur noch, Schadensbegrenzung zu betreiben.
    »Danke, Euer Ehren.«
    Er setzte sich. Danach erklärte die Richterin die Verhandlung für beendet, und wir packten unsere Sachen zusammen und steuerten auf den Ausgang am hinteren Ende des Saals zu. Aber nicht so schnell wie Royce. Er und sein Mandant und seine angebliche Verstärkung verließen den Saal, als müssten sie an einem Freitagabend den letzten Zug erreichen. Und diesmal verzichtete Royce darauf, auf dem Flur haltzumachen und mit den Medien zu plaudern.
    »Danke, dass du mir die Stange gehalten hast«, sagte Maggie, als wir die Aufzüge erreichten.
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Die hast du dir doch selbst gehalten. Hast du das vorhin eigentlich wirklich so gemeint? Dass du Bell keine Träne nachgeweint hast?«
    »Ihm sicher nicht.«
    Ich sah sie an, aber es gelang mir nicht, zu ergründen, was genau in ihrer Äußerung mitschwang. Die Aufzugtür ging auf, und dahinter erschien Harry Bosch. Er wollte gerade aussteigen.

20
    Donnerstag, 4. März, 10:40 Uhr
    B osch verließ den Lift und stieß beinahe mit Haller und McPherson zusammen.
    »Schon fertig?«, fragte er.
    »Du kommst zu spät«, sagte Haller.
    Bosch drehte sich rasch um und schlug auf einen der Puffer an den Lifttüren, bevor diese sich wieder schlossen.
    »Wolltet ihr gerade nach unten fahren?«
    »Das hatten wir an sich vor«, sagte Haller in einem Ton, der aus seinem Ärger

Weitere Kostenlose Bücher