Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
hatte innerhalb von null Sekunden reagiert, wenn nicht noch schneller. Er brachte sicher an die drei-, vierhundert Kilo auf die Waage, dennoch überbrückte er die gut fünfzehn Meter zwischen uns innerhalb weniger Sekunden, wobei er unglaublich beschleunigte.
Ich riss mein Schildarmband hoch, ließ meinen Willen hindurchfluten und jagte einen Großteil der mir noch verbliebenen, äußerst schmerzhaften Energie in die Barriere, die vor mir zum Leben erwachte. Ich brüllte ihm eine wortlose Herausforderung entgegen, auch wenn mein Stimmchen ganz dünn und unsicher neben dem tief aus der Brust dringenden Brüllen klang, das mir Magog im Gegenzug entgegenschmetterte. Normalerweise nahm mein Schild als schimmernde Kuppel aus bläulichem und silbernem Licht Gestalt an.
Diesmal gab ich mir Mühe, es durchsichtig zu halten, da ich der Theorie anhing, dass das, was er nicht sehen konnte, ihm sehr wohl wehtun würde. Der gestaltwandelnde Denarier prallte in einer Explosion silberner Funken gegen die Barriere und fand aus erster Hand heraus, dass sie so unverrückbar war wie ein Berg. Die Wucht, mit der das Gorilla-Ding gegen meinen Schild schmetterte, war aber nicht rein physikalisch, und ein hässliches, blutrotes Leuchten blieb an meinem silbernen Schild haften. Überschüssige Energie strömte in Form von Hitze in mein Armband und versengte meine Haut – doch die Barriere hielt, und Magog stolperte betäubt zurück.
„He“, rief ich, als ich den Schild fallen ließ. „Wo sitzt ein wackerer, vierhundert Kilo schwerer Gorilla am liebsten?“ Ich ging einen Schritt auf ihn zu und trat ihm so fest wie möglich in die Kokosnüsse, gefolgt von einem stampfenden Tritt gegen seinen Hals. Magog kreischte vor Schmerz auf, als er die Tribüne rückwärts wieder hinunter purzelte. „Lass mich raten – irgendwo mit extra vielen Kissen, nicht wahr, Affenbubi?“
Meine Instinkte ließen die Alarmglocken schrillen, und ich konnte mich rechtzeitig hinter die Deckung einiger Tribünenbänke werfen, als die Gottesanbeterinnen-Schlampe auf mich deutete und „Amal-bijal!“ kreischte. Blitz und Donner durchzuckten die Luft. Eine Hitzewelle wogte über mich hinweg, und glühende Splitter regneten an der Stelle herab, wo sich noch Sekunden zuvor Sitzplätze befunden hatten.
Herrjemine. Eine Hexerin, und noch dazu eine verdammt gefährliche.
Ich brachte meinen Schild abermals in Stellung, wobei mir nur zu deutlich bewusst war, über wie wenig Magie ich noch verfügte. Diesmal hielt ich ihn klein, mit einem Durchmesser von vielleicht einem Meter, und war gerade dabei, mich wieder aufzurichten, als ich aus dem Augenwinkel eine Gestalt ausmachen konnte, die sich über mir in der Luft erhob: Tessa inmitten eines gewaltigen Sprunges. Sie schrie erneut auf, und mit einem Japsen rollte ich mich hinter meinem Schild wie ein ungeborenes Kind ein, als ein weiterer Blitz durch die Dunkelheit zuckte.
Die Druckwelle ließ meine Schultern auf den Betonboden knallen. Licht blendete mich, und das Donnergrollen dröhnte in meinen Ohren. Die Welt um mich schrumpfte zu einem unangenehmen weißen Rauschen zusammen. Meine Lunge vergaß für einige Sekunden ihren eigentlichen Arbeitsauftrag, doch meine Beine waren wie immer auf Zack und gaben sich alle Mühe, sich unter mich zu schieben.
Ich hatte gerade mit Mühe und Not herausbekommen, wo ich mich befand, als ein weiterer Blitz und ein weiteres Donnergrollen direkt neben mir einschlugen und mich erneut von den Füßen fegten. Dann folgte ein dritter. Ich versuchte, meinen Schild aufrechtzuerhalten, doch bis auf tanzende, gelbe Flecken konnte ich nichts sehen, außerdem war mir äußerst wenig Energie verblieben, die ich noch in den Schild pumpen konnte. Es war, als würde ich irgendwo herumspazieren, nur um plötzlich zu merken, dass der Boden unter meinen Füßen verschwunden war – was eine Sekunde später auch tatsächlich eintrat, als ich über eine Tribünenbank stolperte und einige Reihen nach unten kollerte, wobei ich mich ordentlich aufschürfte und mir die Birne anschlug.
Ein verdatterter Teil meiner selbst wies mich darauf hin, dass sich ein kapitaler Fehler in meine Annahmen geschlichen hatte. Tessa war überhaupt nicht darauf aus, mich zu vernichten. Sie versuchte, mich lange genug verwirrt und orientierungslos zu halten, um es genügend ihrer Leute zu erlauben, an mich heranzukommen. Genau dieser Teil meiner Selbst entdeckte auch viel zu spät, dass ich zugelassen hatte, dass mich ihre
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