Harte Schule
an meinem Arm fest. Die Zwillingskiller an der Tür berieten sich.
»Darf ich fragen, wie du heißt?«
»Li … Lie.«
»Lie?« Der Kultusminister zog das abschüssige Gesicht zu einem Lächeln über die Knochen hoch. »Wollt ihr euch nicht zu uns setzen? Ich bin hier mit ein paar Freunden, die euch sicher gern kennenlernen wollen.«
Krks ausdruckslose Miene gab keine Handlungsanweisungen. Ich war jetzt sicher, dass Jöran den Killern nicht gesagt hatte, dass ich von der Zeitung war. Sonst hätten sie nicht zugeschaut, wie der Minister Krk den Boy abspenstig machte.
Bollach zog mich halb wankend und despotisch vom Hocker.
»Nicht so stürmisch, junger Mann«, sagte ich.
Er lachte mit wackelndem Hemdbauch.
Krk hatte seine Scheinwerfer wachsam aufgeblendet, aber er rauchte, und ein Mann mit Zigarette in der Hand ist nicht dazu aufgelegt, sich zu schlagen. Otter war im Moment abgelenkt von einem Buben, der ihm rittlings auf den Knien hockte. Ein weiterer Herr, blass wie ein Referent, schien sich dagegen mit seinem Jüngling eher zu langweilen.
»Schaut mal, was ich da habe«, sagte Bollach und schob mich vor. Krk rückte nach. Otter hob die blassen Augen. Sein Hamstergesicht war rot, sein blondes Haarhütchen verstrubbelt. In den Achseln seines grauen Jacketts hatten sich Schweißflecken gebildet. Aber der Trottel schaute mir nur auf den Hosenstall, nicht ins Gesicht. Dort, wo der Kultusminister eine tiefe, warme Kuhle im Sessel hinterlassen hatte, hockte ein verhungertes Mulattenjüngelchen und saugte an einer Zigarette. Ich wusste auf einmal, dass ich mich da niemals hinsetzen würde. Lieber sterben.
»Ach, Herr Otter«, sagte ich, »Sie hier?!«
Bollachs Mimik rutschte jäh ab, so dass ihm die Augenlöcher auf den Backenknochen und die Lippen auf dem Kinn hingen.
»Ja wie?«, polterte er mit einem Anflug von Politi kerwachsamkeit.
Otters Blick wuchs an mir, wurde klarer, kräftiger, erwachsener, autoritärer, beamtisch. Das Bübchen auf seinem Schoß merkte, dass etwas kippte, und tauchte ab.
»Wie war doch gleich Ihr Name?«, sagte Otter. »Frau äh …«
Der Referent sprang auf und stellte sich schützend vor den Minister. Bollach puffte ihn in den Sessel zurück. Der Junge des Referenten verdünnisierte sich zusammen mit dem Mulatten.
»Presse!« Otter rutschte die Stimme nun doch aus. »Die sind von der Presse!«
Bollach nahm geschwind Ähnlichkeit mit seinem Fernsehbild an. Die beiden Zwillingskiller bahnten sich den Weg. Krk stellte sich zwischen sie und mich und bekam das erste kurze Gerangel ab.
»He!«, schrie ich. »Wir sind privat hier. Wir konnten doch nicht ahnen …«
Der Schwager blickte schwitzend zum Kultusminister auf. Schon die Eitelkeit hinderte Bollach anzunehmen, dass wir ihn nicht kannten. Ich nahm am Rande wahr, dass im Rest des Gewölbes ein stilles Huschen und Fliehen einsetzte, Tür auf, Tür zu, Tür auf. Bollach stemmte die Hände in die Seiten und musterte uns von oben bis unten. Ein Wink mit den Augen, und die Zwillingskiller ließen von Krk ab und zogen sich zurück.
»Man kann doch über alles reden«, drohte Bollach gemütlich. »Wir sind doch alle nur Menschen. Wir haben unsere Schwächen und Fehler, unsere kleinen Bedürfnis se und Wünsche. Das Leben ist verdammt kurz. Setzt euch, meine Herren. Champagner!«
Bollach zog mich neben sich auf den Sessel. Krk durf te alleine sitzen. Otter zerrte an seinem Krawattenknoten. Der Referent sah aus, als müsse er Protokoll führen und dürfe darum nichts trinken.
»Also Kinder«, polterte Bollach, »wie machen wir das nun? Habt ihr irgendwelche speziellen Wünsche?« Sein Knie drängelte sich an meines, seine Schulter runkste gegen meine, seine Hand lag schwer auf meinem Knie. Dabei grinste er Krk an. »Eine schöne Reise, ein schnelles Auto? Das Leben kann so schön sein, gell?«
Krk beugte sich vor. »Es wäre noch schöner, wenn Sie meinen Jungen in Ruhe lassen würden.«
Bollach lachte. »Das klingt doch gleich viel besser als das hässliche Wort Presse. Nur, ist es überhaupt ein Jun ge? Das ist doch hier die Frage.«
»Ich verbürge mich dafür«, knurrte Krk.
Bollach blinzelte, zurrte seine Visage in die Höhe, grinste. Krk hielt dem Blick stand. Ich bewunderte ihn wieder einmal für das, was er mit seinen Augen zustande brachte. Er bot dem Minister etwas an, was ich niemals hätte formulieren können, und wenn, dann nur als Eröffnung einer rhetorischen Schlacht mit handgreiflichem Ausgang. Bollach zog die
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