Haus des Blutes
Es waren dieselben Jeans, die er das ganze letzte Jahr getragen hatte, und der dreckige Stoff fühlte sich unangenehm auf seiner Haut an. Noch unangenehmer als üblich. Er runzelte die Stirn, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und legte seine Stirn in noch tiefere Falten. Seine Haare fühlten sich … sauber an.
Er streckte die Arme aus und inspizierte den Rest seines Oberkörpers. Der gesammelte Schmutz und Dreck eines ganzen Jahres, das er in einer Höhle zugebracht hatte, war verschwunden.
Die Psycho-Tante hatte ihn gewaschen.
Eddie schnaubte.
Seltsam.
Es war beinahe so, als hätte sie ihn damit … nun … auf irgendetwas vorbereiten wollen.
Seine Augen weiteten sich, als er erneut an die Zeremonie dachte.
Renn!, drängte ihn die Stimme der Selbsterhaltung. Beweg deinen Hintern!
Also bewegte Eddie seinen Hintern.
Er ging zur Zimmertür, griff nach dem Türknauf und versuchte, ihn zu drehen. Doch der bewegte sich keinen Millimeter. Eddie runzelte die Stirn, packte mit beiden Händen zu, sammelte seine Kräfte und versuchte es erneut. Nichts. Er seufzte, lehnte sich gegen die Tür und keuchte. Okay, das war ziemlich deprimierend. Die Tür war nicht verschlossen, und dennoch ließ sie sich trotz extremer Anstrengung nicht öffnen. Ihm kam der Gedanke, dass Giselle sie womöglich mit einem Zauberspruch versiegelt hatte. Ja, dazu wäre sie durchaus in der Lage, oder nicht?
Verdammt soll sie sein mit ihrer Schwarzen Magie.
Er würde sich eben etwas anderes einfallen lassen müssen.
Sein Blick blieb an dem Fenster rechts neben dem Bett hängen. Ja! Er rannte hinüber, schob seine Handflächen unter den Rand und versuchte, es aufzuschieben. Seine Muskeln protestierten heftig und seiner zugeschnürten Kehle entwich ein rasselndes Keuchen.
»Scheiße.«
Bei näherer Untersuchung erwies sich das Fenster als ebenso wirksam verriegelt wie die Tür, aber, hey, damit konnte er umgehen. Das Glas würde zerbrechen, Bannformel hin oder her. Er ging zu Giselles Schreibtisch hinüber, schnappte sich einen der Stühle, machte einen Schritt auf das Fenster zu …
… und erstarrte.
Er hörte ein gedämpftes Geräusch, dessen Quelle jedoch ein Rätsel blieb. Ihm folgte ein lauteres Geräusch. Ein walzendes, knirschendes Geräusch. Stein, der über Stein scharrte.
Eddie stellte den Stuhl wieder ab.
Er setzte sich darauf und vergrub das Gesicht in den Händen. »Verdammter Mist, ich bin erledigt.«
Er rieb sich die Augen, öffnete sie wieder und sah genau das, womit er insgeheim gerechnet hatte. Ein Teil der Wand schob sich langsam zur Seite. Er erkannte nichts als Dunkelheit und den Hauch einer lodernden Flamme. Giselle erschien mit einer Gaslaterne in der Hand in der entstandenen Öffnung. Sobald sie sich vollständig im Zimmer befand, glitt die Wand wie von Zauberhand zurück in ihre Ausgangsposition. Nichts deutete mehr auf einen verborgenen Durchgang hin. Nun, das ergab Sinn. An einem Ort wie diesem gab es natürlich verschiebbare Wände und Geheimgänge.
Giselle pustete die Laterne aus, ging zum Schreibtisch und nahm Platz. Eddie war nicht überrascht, als er sah, dass sie ihn anlächelte. Sie trug die gleiche Kleidung wie in seinem Traum. Der lange schwarze Rock umspielte sinnlich ihre Knöchel. Das bordeauxrote Top war hauchdünn, beinahe durchsichtig, so als müsste es ihr schnellstens vom Körper gerissen werden.
Hmm, was für ein eigenartiger Gedanke …
Giselle streckte die Hand aus und streichelte über sein Gesicht. Eddie erschauderte unter ihrer Berührung. Etwas übertrug sich durch ihre Fingerspitzen auf ihn, etwas Sinnliches, ein elektrisches Elixier, das ihn vor Verlangen ganz benommen machte.
Er schluckte. »Giselle, ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so viel Angst vor jemandem, aber …«
Giselle lächelte.
Öffnete ihren Mund.
Und sagte: »Aber du willst trotzdem mit mir schlafen.«
Eddies Augen weiteten sich.
Er fühlte sich schwindelig.
Ganz furchtbar schwindelig.
Er rutschte vom Stuhl und plumpste auf den Boden.
Kapitel 15
Der Meister entspannte sich bei einem weiteren Drink, während er über sein Nomadendasein sinnierte. Obwohl er dazu neigte, jahrzehntelang an einem Ort zu bleiben, hatte er bereits die ganze Welt bereist und Sklavenkolonien an abgeschiedenen Plätzen auf nahezu allen Kontinenten begründet. Er löschte sie aus, wann immer seine Wanderlust ihm einflüsterte, dass es an der Zeit war, weiterzuziehen. Er ließ niemals die geringste Spur zurück.
Diese
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