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Haut, so weiß wie Schnee

Haut, so weiß wie Schnee

Titel: Haut, so weiß wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ansiedeln. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das hier das Affenhaus ist.«
    »Du meinst mit echten Affen?«
    Jonah nickte. »Er hat sie schon bestellt.«
    »Vielleicht haben wir dann ja bald Familienanschluss«, witzelte Jette. »Morgens erst mal eine Runde Lausen. Dann die Affenbabys hüten. Mittags gemeinsam Bananen essen …« Aber dann wurde sie wieder ernst. Ob ihr Jonahnoch einmal erklären könne, worum es eigentlich genau ging? Sie habe das gestern nicht so richtig verstanden. Sie wollte auch wissen, warum dieser Dr. Saalfeld sie nicht wieder freigelassen hatte, nachdem er das Blut ja nun hatte. Gute Frage, hatte Jonah gedacht. Und dann war ihm ganz schlecht geworden, als ihm klar wurde, dass er im Auto womöglich zu viel gesagt hatte. »Dr. Saalfeld hat kein Recht …« Damit hatte er den Entführern zu verstehen gegeben, dass er wusste, wer sie waren, und sich und Jette vielleicht in große Gefahr gebracht.
    »Meinst du, die Polizei sucht uns hier?«, fragte Jette.
    »Wenn mein Kumpel Dukie ihnen von den abgehörten Gesprächen erzählt, sicher.«
    »Wird er es tun?«
    »Wenn wir nicht wieder auftauchen, wird er das schon tun.« Jonah hoffte es zumindest.
    »Meine Eltern machen sich sicher riesige Sorgen«, sagte Jette.
    »Meine auch.«
    »Komm«, sagte sie und stand auf. »Sehen wir mal, ob man nicht doch irgendwo runterkommt.«
    In diesem Moment machte es Pling. Erst wusste Jonah nicht, ob er sich das Geräusch nur eingebildet hatte, aber dann kam ein erneutes Pling. Wie ein kleines Steinchen, das beim Laufen weggekickt wurde. »Da unten ist jemand«, flüsterte er. Und wie zur Bestätigung wurde jetzt die Tür eines schweren Fahrzeugs geöffnet.
    »Guck mal, was da los ist«, flüsterte er.
    Jette ging zur Brüstung. Dann flüsterte sie erschrocken: »Drei Männer. Maskiert. Wie Bankräuber. Die haben schwarze Mützen über den Kopf gezogen. Nur an den Augen sind Schlitze. Die Männer stehen an einem …« – sie suchte nach dem richtigen Wort – »… Kranwagen. Direkt am Hochstand.Ein Mann ist schon im Führerhäuschen. Die beiden anderen klettern vorn auf … eine Hebebühne.« Und dann sagte sie: »Ich glaube, die kommen zu uns hoch.«
    Ein Motor sprang an.
    »Jella, komm«, sagte Jonah. »Setz dich hin.«
    Er nahm ihre Hand und wartete. Die Hebebühne fuhr geräuschvoll in die Höhe. Jonah rutschte ein paar Zentimeter nach hinten und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. So fühlte er sich etwas sicherer. Die Hebebühne legte an. Zwei Männer sprangen heraus.
    Jonah hörte ihre Schritte und spürte den Lufthauch ihrer Bewegungen, als sie bei ihnen ankamen. Ein harter Ruck, und Jettes Hand wurde aus der seinen gerissen. Er versuchte noch, sie festzuhalten, war aber nicht schnell genug und griff ins Leere. Es schien, als hätte die Dunkelheit um ihn herum sie verschluckt. Als wäre sie in eine andere, für ihn unerreichbare Welt übergetreten. Er hörte, wie sie um sich trat und mit den Fäusten auf einen der Männer eintrommelte. »Lassen Sie mich los!«, fauchte sie.
    »Damit kommen Sie nicht durch«, sagte Jonah und merkte sofort, wie lächerlich das klang. Der Satz ging in dem Raum verloren, noch ehe er ihn zu Ende gesprochen hatte. Selbst ein Luftballon, der mit einer Nachricht an der Schnur in den Himmel stieg, hatte etwas Zielgerichteteres. Die Männer antworteten nicht. Sie stießen Jette unsanft auf einen der Stühle.
    »Jo!«, rief sie. In ihrer Stimme schwang Angst mit. »Sie wollen mir schon wieder Blut abnehmen!« Sie wehrte sich. Dann zischte ein Schlag durch die Luft. Einer der Männer ließ seine Hand auf Jettes Wange niedersausen – ein Klatschen, als würde jemand rohes Fleisch ausschlagen. Die Wände der Halle warfen den Schall zurück. Jonah spürte den Schlag beinah körperlich. Er stöhnte leise auf. Von Jettewar nichts mehr zu hören. Was war mit ihr? Biss sie die Zähne zusammen? Oder war sie etwa ohnmächtig geworden? Jonah hörte das Rascheln von Plastikfolie. Die Männer packten die Utensilien zum Blutabnehmen aus.
    Jonah stand auf. Er wollte zu der Gruppe am Tisch gehen. Aber einer der Männer drückte ihn zurück auf die Matte. Es war Wim Tanner. Jonah erkannte ihn sofort. Wie immer roch er nach Fledermäusen und hatte einen leicht pfeifenden Atem. Diesmal würde er sich nicht verplappern. Irgendetwas Metallenes schlug leicht gegen den Tisch. Vielleicht die Schnalle einer Manschette zum Abbinden des Armes. Es schien alles eine Ewigkeit zu dauern. Schließlich packten

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