Heartbreaker - Chartbreaker
großartiges Paar ab. Wir bilden eine - wie nennt man das? -, eine symbiotische Einheit. Und gewinnen dadurch einen Überlebensvorteil.«
»Ich weiß, was symbiotisch bedeutet«, sagte ich schnippisch. (»Symbiotisch« war eines meiner Lieblingsfremdwörter gewesen, und er hatte es mir jetzt geklaut.)
»Ja, klar. Weil du ja ein kluges Mädchen bist.« Simon strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, aber ich drehte mich weg. »Jetzt sei mal wirklich schlau. Man muss sein Glück in die Hand nehmen, richtig? Du und ich, wir gehen ein paarmal miteinander aus, wir lassen die Presse darüber schreiben, die Paparazzi machen ein paar Fotos. Die Londoner Zeitungen werden uns aus der Hand fressen. Du wirst die amerikanische Kate Moss sein.«
Welche Rolle Simon sich für sich selbst in seiner ausgeklügelten Medienfantasie ausgemalt hatte, wollte ich gar nicht wissen. »Also - dann magst du mich nur wegen des Songs? Ja?«
»Ach komm schon, sexy bist du natürlich auch. Wir können beide nur gewinnen.«
»Hey, Mann!«, sagte ich und wand mich aus seinen Armen. »Vielleicht hast du nicht ganz mitgekriegt, dass ich erst sechzehn bin!«
Ich dachte, damit könnte ich ihn drankriegen: Wenn ich ihn daran erinnerte, dass ich erst sechzehn war, noch minderjährig, und dass deshalb eine Beziehung mit mir so illegal war wie das Kokain, das der Schlagzeuger der Lolitas auf dem Garderobentisch geschnupft hatte. Aber Simon zuckte nur mit den Schultern.
»Stört mich nicht«, sagte er. »Meine Freundin ist genauso alt.«
Kennt ihr das, wenn man zu lachen anfängt - nicht weil alles so komisch ist, sondern weil man so überdreht und enttäuscht
und verletzt ist, dass man nicht mehr anders kann als lachen? So erging es mir, ich lachte und seufzte und verschluckte mich, alles gleichzeitig. Simon guckte mich seltsam an, und nach ungefähr einer Minute fragte er: »Heißt das jetzt Ja oder Nein?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das dickste Nein, das du wahrscheinlich je in deinem Leben gehört hast, du karrieregeiler Arsch!«
Er stampfte auf dem Boden auf und zischte: »Nervige Zicke. Kein Wunder, dass er dich loswerden wollte.«
Ich schüttelte den Kopf. »Du hast nicht richtig hingehört, Marsyas. Ich habe mit ihm Schluss gemacht.«
Er stampfte noch einmal mit dem Fuß auf und fluchte. Dann ließ er mich stehen und ging zurück in den Club. Die Tür fiel knallend hinter ihm ins Schloss. Ich war allein in dem Innenhof und schaute auf die vorüberhuschenden Scheinwerferlichter der Autos, und trotz all der Lichter und Autos und Sterne war es um mich herum dunkel und schwarz.
Und dann fiel mir plötzlich auf, dass die Grillen gar nicht mehr zirpten.
Ich weiß gar nicht, warum ich euch das alles erzähle. Ihr kennt die ganze Geschichte ja sowieso. Ihr wisst, dass ich an diesem Abend abgeschnittene lange Socken als Armstulpen getragen habe. Ihr wisst, dass die Plain Janes bei ihrer Zugabe den Refrain von »Audrey, wait!« gespielt haben. Ihr wisst, dass Simon und ich die ganze Nacht miteinander rumgeknutscht haben und dass ich mit einem großartigen Rapsong im absolut richtigen Augenblick die Backstage-Party angeheizt habe. Ihr wisst auch, dass die »Grillen« keine wirklichen Grillen waren, sondern der Tourmanager der Lolitas, der sich mit Mikro und Kamera im Gebüsch versteckt hatte.
Ihr habt das Video alle gesehen.
14
Sunshine, I wouldn’t want to be in your shoes...
The Libertines, »Up the Bracket«
Mein Telefon klingelte am nächsten Morgen um 8 Uhr 32. Victorias Klingelton. (Wer sonst hätte es gewagt, am Samstagmorgen so früh anzurufen?)
Um 8 Uhr 33 warf ich ein Kissen danach.
Um 8 Uhr 34 fing es wieder an.
Um 8 Uhr 36 hob ich schließlich ab.
»Geht die Welt unter?«, krächzte ich in den Hörer. Meine Zunge lag mir schwer im Mund und meine Augen waren von den Resten der wasserfesten, superlanghaftenden Mascara verklebt. Ich hatte in der Nacht ewig gebraucht, bis ich endlich eingeschlafen war, und wenn ich jetzt irgendwas überhaupt nicht wollte, dann aufwachen.
»Könnte sein.«
»Kleine grüne Männer?«
»Nein. Ein Video im Internet.«
Ich zwang meine Wimpern auseinander. »Video von wem und worüber?«
»Von dir und Simon, beim Rumknutschen gestern Abend.«
»Was?«
Um 8 Uhr 37 war ich aus dem Bett gekrabbelt, hatte mir den großen Zeh an meinem Schreibtischstuhl angestoßen, beförderte Bendomolena von meinem Notebook herunter und loggte mich ein. »Kannst du mir den Link schicken?«, bat ich
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