Heidenmauer
Recherchen auf die eine oder andere dubiose Kunsttransaktion gestoßen war. Robert Funk saß wie abwesend auf dem Beifahrersitz und sah hinaus auf die Landschaft, denn Schielin fuhr einen Umweg, ganz den romantischen Gefühlen verbunden, die geweckt worden waren.
»Worüber denkst du nach, Robert?«, fragte er schließlich.
Robert Funk wandte sich ihm zu und sagte: »Das Bild, das Bild das dieser Korsch beschrieben hat, es geht mir nicht aus dem Kopf.«
Schielin nickte. »Es hat ihn sehr beeindruckt, das steht fest.«
Robert Funks Blick blieb an ihm haften. »Mich auch … ich glaube, ich kenne es.«
Schielin sah kurz zu ihm hin. »Wie?«
»Ich habe es schon irgendwo einmal gesehen. Es hing in einer Wohnung, in der ich mal war … einfach so an der Wand. Mir fällt aber nicht mehr ein, wo es war und in welchem Zusammenhang. Ist schon ein paar Jahre her. Du weißt, in wie viele Wohnungen wir kommen, was und wen wir alles sehen. Das gerät dann im Kopf da droben durcheinander, in Vergessenheit, und wenn man es wieder hervorkramen will, wird alles noch schwieriger.«
Sie hielten vor dem alten Stadel. Ein gelangweilter Nachbar hatte beobachtet, wie sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag eine Gestalt am Holztor zu schaffen gemacht hatte. Als die verständigte Streife ankam, stellte sie ein aufgebrochenes Schloss fest. Der Stadel selbst war leer, und es ließ sich nicht feststellen, ob etwas entwendet worden war. Der Zeuge selbst wusste nur, dass das alte Gebäude schon vor einigen Jahren an jemanden von auswärts verkauft worden war. Im Dorf gab es niemanden mehr, der sich um den Stadel und das Stück Wiese darum herum kümmerte. Was zwischen den alten Holzbrettern gelagert wurde, wusste er auch nicht. Ab und zu sei mal ein Lieferwagen dagestanden, aber was da ein- oder ausgeladen worden war, das hatte man nicht sehen können.
Funk sah sich das Schloss an. Grobe Arbeit mit der Brechstange. Im weichen Holz waren noch die Abdrücke des Eisens zu erkennen. Was bezweckte jemand damit, einen Stadel aufzubrechen?
Das Tor ließ sich öffnen, ohne ein Knarren oder Quietschen von sich zu geben. Butterweich und leicht schwebte die schwere Holztür auf. Der Innenraum verblüffte die beiden. Statt des Kies- oder Lehmbodens erwartete sie ein ordentlich verlegter Dielenboden, der auf einem Balkengerüst angebracht war und fast eine Trittstufe höher lag. Wände und Decke waren sauber verkleidet. Links an der Wand und hinten erhoben sich ausladende Regale. Über einigen lose herumstehenden Kartons hingen weiche Decken, einige dicke Bogen mit Ölpapier, so wie sie von Umzugsunternehmen verwendet wurden, lagen an der Wand.
Schielin strich mit den Fingern über die Regalböden. Kein Staub. Er holte das rote Schweizermesser hervor, das er von seinen Kollegen aus Bern einmal geschenkt bekommen hatte, und stocherte durch einen Schlitz der Seitenverkleidung. Dicke Plastikplanen isolierten den Raum nach außen. Er pfiff anerkennend und rief Funk zu: »Sehr solide hergerichtet. War wohl doch was zu holen hier.«
Funk inspizierte gerade einen der Kartons genauer und entgegnete: »Schaut nach Antiquitäten oder Haushaltsauflösungen aus. Habe so was schon mal gesehen. Das sind Firmen, die so einen Stadel mieten und herrichten. Ist viel billiger als andere Lagereinrichtungen. Strom- und Wasseranschluss braucht man ja nicht, und die staubfreie Innenverkleidung ist in ein, zwei Tagen hergestellt.«
»Aber der Typ, der das hier aufgebrochen haben soll, war nicht mit einem Fahrzeug hier«, stellte Schielin fest und sah sich um.
»Vielleicht ein Neugieriger aus dem Dorf. Es schaut mal nicht so aus, als ob er hier noch etwas vorgefunden hätte.« Funk hatte etwas entdeckt, ging in die Hocke und zog mit der Plastikpinzette, die er immer dabei hatte, etwas aus der Ecke eines Regals. Es war eine Scherbe. Er drehte sie in das vom Tor her einfallende Licht und nickte anerkennend. »Zwiebelmuster. Das war mal Meißener Porzellan. Den Mieter werde ich mir mal genauer ansehen.«
»In der letzten Zeit war es doch ziemlich ruhig, oder? Keine Einbrüche in Antiquitätengeschäfte, keine Tageswohnungseinbrüche, nichts an der Profieinbrecherfront.«
»Stimmt. Ich denke auch nicht, dass das hier ein Parkplatz für Diebesgut war. Aber es hat sich wohl jemand für das Zeug interessiert, das hier zwischengelagert wurde – ist wohl zu spät gekommen.«
Nachdem sie einige Fotos gemacht hatten, fuhren sie zurück zur Dienststelle, wo Schielin
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