Heidenmauer
verdrängen versuchte, indem er sich sagte, das sie alle oft alleine unterwegs waren und sie schließlich eine ausgebildete Polizistin war.
Schielin schüttelte den Anwalt Rubachers im Vorübergehen mit einer Handbewegung ab. Der zeterte im Gang herum, dass sein Mandant auch ja hören konnte, wie sich der Herr Advokat ins Zeug legte. Alleine, es brachte Ludwig Rubacher keine Ruhe. Er war schon mehrmals auf der Toilette gewesen, und immer wieder wischte er sich den Scheiß von der Stirn.
Lydia Naber half Robert Funk, Adolf Wenzel setzte sich zu Rubacher ins Zimmer und tat so, als gäbe es diesen glatzköpfigen, böse dreinblickenden Kerl überhaupt nicht.
Schielin ging zunächst alleine in den Vernehmungsraum, weil die anderen beiden noch auf Jasmin Gangbacher warten wollten, die sich über Handy gemeldet hatte. Sie hatte am Telefon nichts Konkretes gesagt, es hatte aber aufgeregt geklungen.
Schielin trat gelassen in den Raum und begann zunächst in stoischer Ruhe die Personalien von Ludwig Rubacher genauestens aufzunehmen. Die beflissene Umständlichkeit, die er dabei an den Tag legte, nervte Rubacher und dessen Anwalt. Die Einwände seitens des Anwalts, dass dies alles doch hinreichend bekannt sei, ließ Schielin unkommentiert und schritt in der Sache der Personalienaufnahme unbeirrt fort. Advokaten bekamen kein Honorar, sondern Schmerzensgeld, hatte ihm mal einer erzählt.
Auf die Frage nach dem Ehestand, antwortete Rubacher, seine Frau sei ihm weggestorben. Dann ergänzte er – Witwer. Schielin, der ihn bisher mit Blicken ignoriert hatte, sah konsterniert auf, denn das weggestorben kam hart und vorwurfsvoll über die Lippen. Selbst der Anwalt Rubachers sah kurz zu seinem Mandanten, bevor er sich wieder den Unterlagen widmete, die vor ihm lagen. Schielin fasste Rubacher einige Sekunden lang ins Auge. Dessen dicken Hände lagen zwar ruhig ineinandergebettet auf der Tischplatte. Die Augen hingegen wichen Schielins Blick aus, und der rechte Fuß begann unkontrolliert, schnell und nervös auf dem Fußballen auf und ab zu wippen. Der Schweißfilm auf Stirn und Schädel glänzte sichtbar. Angst. Ludwig Rubacher hatte Stress, und das war gut.
Als durch die geöffnete Tür die halblauten Stimmen von Lydia Naber und Jasmin Gangbacher drangen, unterlegt von Robert Funks dunklem Bass, begann Schielin mit der Vernehmung. Auf die Belehrung legte er besonderen Wert, das brachte wieder etwas Zeit. Rubacher sollte schmoren.
Als Lydia Naber den Raum betrat, sah sie Schielin an, zwinkerte mit dem rechten Auge, schürzte die Lippen, ganz so, als wolle sie einen Kuss durch den Raum schicken. Dann setzte sie sich neben Schielin und schwieg. Robert Funk und Jasmin Gangbacher waren draußen geblieben. Für einen Augenblick kehrte Stille ein, und nur das kumulative Summen der elektrischen Geräte drang vom Gang her.
Der Anwalt war sichtlich ungeduldig. »Wieso wird mein Mandant hier festgehalten? Aus welchem Grund wurde überhaupt seine Wohnung durchsucht? Sie werden doch unmöglich einen Zusammenhang zwischen diesem ja nun wirklich fürchterlichen Mord und meinem Mandanten konstruieren wollen?«
»Ihr Mandant war der Betreuer der Mutter des Ermordeten Günther Bamm.«
»Oh, Sie haben ja schon intensiv ermittelt, wie ich sehe. Haben Sie vielleicht auch die Wohnungen des Pflegepersonals der alten Frau durchsuchen lassen?«, giftete der Anwalt.
Schielin kannte ihn. Er war ein großer Fußballfan, und bald würde die Sportschau laufen. Die hätte Schielin heute auch mal wieder gerne gesehen, doch das hier ging natürlich vor. Der Anwalt würde noch unleidiger werden.
»Auf die Tätigkeit Ihres Mandanten als Betreuer kommen wir später noch zu sprechen. Im Moment geht es um seine Beziehung zu Günther Bamm. Vor Kurzem erst kam es zwischen den beiden zu einem heftigen Streit, dafür gibt es Zeugen.« Schielin hatte den Streit betreffend ein wenig übertrieben.
Der Anwalt sah genervt zur Decke. »Es gibt so viel Streit, ich könnte Ihnen den ganzen Abend davon erzählen, aber Sie kennen sich da genauso gut aus, wie ich. Sehr selten, Gott sei Dank, sehr selten kommt es dabei zu Tötungsdelikten. Haben Sie denn irgendetwas Objektives vorzubringen … man nennt das übrigens Beweise oder Indizien, die Ihren für mich, und sicher auch für die Staatsanwaltschaft, nicht nachvollziehbaren Vorwurf untermauern würden?«
»Günther Bamm hatte einen Lageplan der von Ludwig Rubacher angemieteten Scheune in sein Notizbuch gezeichnet. Wir
Weitere Kostenlose Bücher