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Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Titel: Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan;Weiss Bonner
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Gutmenschentum eher entgegenkommt als beispielsweise der Islam oder das Christentum. Außer dem Papst gibt es hierzulande keinen anderen Religionsführer, der so populär ist wie der Dalai Lama. In den Buchhandlungen stapeln sich seine Bestseller, die vor allem mit dem Stichwort »Glück« immer wieder punkten. Direkt daneben findet man in den Regalen und auf den Tischen oft weichgespülten christlichen Lebensrat. Beliebte Credotainment-Artikel sind Bestseller wie Die Hütte. Ein Wochenende mit Gott und Vaterunser. Deine Schatzkarte zu Gott oder die literarischen Offenbarungen schreibender Ordensmänner wie Benediktiner-Buddy Abtprimas Notker Wolf, Zisterzienser-Zellengenosse Pater Karl Wallner oder Kapuziner-Kutte Bruder Paulus Terwitte.
    »Die Mischung macht’s.«
    Werbespruch des Deutschen Atomforums 2010
    Wer lieber auf die etwas traditionellere Weise vor den Überforderungen des Alltags flüchten möchte, sucht für eine Weile Zuflucht im Kloster, aber nicht zum Beten, sondern zum Relaxen. Der Impuls, ein paar Tage dort zu buchen, ist getragen vom romantischen Image des Klosterlebens: Menschen in Kutten mit gütigen Gesichtern, die im Garten Kräuter hegen oder im Klosterkeller Likör herstellen, sakrale Gesänge in der Morgenandacht, während die ersten Lichtstrahlen durch die Kristallfenster brechen, innere Einkehr und Ruhe. Besonders verführerisch ist das Klosteridyll für die Menschen mit den stressigsten Jobs. Vor allem leitende Angestellte oder Betriebsratsvorsitzende flüchten vor dem drohenden Burn-out an den Ort, der ihnen als das ultimative weltferne Rückzugsgebiet erscheint: ins Zuhause von Nonnen oder Mönchen.
    Das Kloster ist das neue Wellness & Spa Hotel. Erfolgreich sind die Auszeit-Angebote nämlich auch, weil in den geweihten Mauern eine Vielfalt an Angeboten zur Verfügung steht, die ganz anderer Provenienz sind: Hatha-Yoga und Meditation, Kurse über Medialität und spirituelle Medizin, Work-Life-Balance-Seminare mit dem Führungskräftecoach, gelassener Umgang mit Stress durch Chi Kung, gesundheitliche Balance durch Feldenkrais, Grundkurse über das Enneagramm, angeblich eine jahrhundertealte Weisheitslehre, deren Wurzeln auf griechische, jüdische, christliche, islamische, altbabylonische oder altägyptische Quellen zurückgehen, nlp und Coaching-Seminare – das reine Klosterleben und die Stille sind ein willkommenes Setting für eine Vielzahl verschiedener alternativer Lehren.
    So wächst geistlich zusammen, was nicht zusammengehört. »Die organisierte Religion erfindet keinen Aberglauben, sie hält ihn im Zaum. Sobald organisierter Glaube zerstört wird, wird er von dem unmöglichsten Aberglauben überwuchert, von dem es jetzt wie Maden in den Wunden des Christentums wimmelt«, rief gar Fürstin Gloria von Thurn und Taxis entsetzt. Doch das stört die wenigsten – sie vertrauen sich bedenkenlos dem übersinnlichen Allerlei an. Wie hoch ist da eigentlich das Risiko, dass man in die Hände von Scharlatanen gerät und gar nicht das Seelenheil findet, nach dem man sucht, sondern einen seelischen Crash erleidet?
    »Mache dir deine eigenen Götter und unterlasse es, dich mit einer schnöden Religion zu beflecken.«
    Epikur
    Unser Freund Hendrik ist ein echter Bilderbuchzahnarzt: Er verdient noch besser, als er aussieht, fährt im Urlaub zum Segeln in die Karibik, vor seinem Haus mit Pool parkt ein knallrotes Cabrio. Und Hendrik hat zu Hause das, was alle ledigen Damen im heiratsfähigen Alter hassen: eine äußerst attraktive Zahnarztfrau.
    Hendrik ist Mundklempner aus Leidenschaft und behandelt seine Patienten mit großer Hingabe. Nur jetzt steigt ihm sein sonst eher wohltemperiertes Blut in die Birne.
    »Die hat mich fertiggemacht!«, stößt er hervor und stürzt das Glas Sechzehneurowein den Rachen hinab. Wir beeilen uns, ihm einen neuen Kelch von seinem Lieblingsgetränk zu besorgen, und hoffen, er möge sich schnell wieder beruhigen, sonst wird’s teuer.
    »Vier Mal musste ich meinen Terminplan wegen dieser Frau umpolen, vier Mal!«, stöhnt er. »Sie wollte nur behandelt werden, wenn sich die Mondphase in der richtigen Konstellation mit ihrem Tierkreiszeichen befindet!«
    Er trinkt noch einen Schluck Wein, dann ergeht er sich in einer Tirade über den Dentalskandal: Die Patientin benötigte ein Zahnimplantat, das vor der Mondphasen-Behandlung von ihrem Schamanen in einer rituellen Zeremonie gereinigt werden musste. Auf ihre Anweisung hin schickte Hendrik das Implantat, kaum,

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