Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Gentlemen, aber ich muß mich wieder übergeben … Ihr verdammtes Chloroform …«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
Als er fertig war, sagte Fen: »Und was nun?«
»Wir werden nicht umhinkönnen, uns Ihrer zu entledigen.«
»Nun reden Sie nicht so gestelzt daher«, sagte Fen mit einem Anflug von Sarkasmus. »Und machen Sie sich endlich klar, daß das hier kein Roman ist.«
»Mein lieber Professor, ich bin der letzte Mensch, mit dem Sie in Ihrem Leben sprechen. Da könnten Sie doch wenigstens so tun, als wären Sie höflich.«
Plötzlich lachte Fen auf. »Wie alt sind Sie, Savernake?«
»Wieso?«
»Rein interessehalber.«
»Ich bin sechsundzwanzig.« Fen lachte erneut, und Savernake zischte: »Was zum Teufel ist daran so lustig?«
»Ich kann mir vorstellen, wie Sie als Student waren. Mit solchen Typen hab ich in Oxford ständig zu tun – überschlau, unfähig zu echter Konzentration oder wahrem Nachdenken, affektiert, pseudokultiviert, ohne Seele, ohne Moral und mit einem tiefen Minderwertigkeitsgefühl.«
Savernake machte einen Schritt nach vorn und trat Fen ins Gesicht. Nach einem Augenblick:
»Das hat weh getan«, sagte Fen sanft, »und Sie haben mir einen Zahn ausgetreten.« Er spuckte ihn auf den Boden. »Wieso verraten Sie Ihr Land?«
»Das ist im Augenblick völlig irrelevant, und ich bin nicht gewillt, diese Frage zu erörtern. Allerdings finde ich es recht attraktiv, daß die Nazis den Narren, den Kneipenphilosophen und demokratischen Schwachköpfen den Mund stopfen.«
»Die Nazis bringen viele Menschen um.«
»Das ist unerheblich.«
»Ja, ich kann mir vorstellen, daß Sie das so sehen. Aber wenn es für Sie ans Sterben geht, wird sich das ändern. Sie werden feststellen, daß es höchst unangenehm ist, und in dem Augenblick würden Sie Ihre Seele dafür hergeben, für den Rest Ihres Lebens irgendwelchen Kneipenphilosophen lauschen zu können.«
»Sie sind sentimental, wie alle Demokraten.«
»Ich finde, Menschen zu töten ist etwas Schlechtes, mehr nicht«, sagte Fen noch immer sanft. Er seufzte. »Nun, was werden Sie mit mir anstellen?«
»Das Gas aufdrehen.«
»Das Gas?« Fen wunderte sich. »Aber ich hab gedacht, das Gebäude steht leer. Es dürfte nicht mehr an die Hauptleitung angeschlossen sein.«
»Übermorgen wird es von den Militärbehörden übernommen«, sagte James. Es war das erste Mal, daß er sich zu Wort meldete. »Das Gas ist praktischerweise schon jetzt wieder angeschlossen worden.«
»Wo sind wir hier überhaupt?« fragte Fen.
»Fünf Meilen außerhalb von Tolnbridge«, antwortete Savernake, »eine Meile von jeder Straße oder Behausung entfernt. Falls Ihnen die Nerven durchgehen und Sie schreien, was Sie vermutlich tun werden, kann niemand Sie hören. Aber wir werden Sie trotzdem knebeln, bevor wir gehen, nur für alle Fälle.«
Fen dachte kurz nach. Dann sagte er: »Ich glaube, ich hätte lieber einen schnelleren Tod als durch Gas.«
»Meinetwegen«, Savernakes Stimme war völlig gleichgültig. »Erschieß ihn, James.«
James zog einen Revolver aus einem Schulterhalfter, öffnete das Magazin und schloß es wieder.
»Nun mach schon, Mann«, sagte Savernake in demselben teilnahmslosen Tonfall. »Wir können nicht die ganze Nacht hierbleiben. Und setz um Himmels willen deine Brille auf. Sonst triffst du nicht richtig, und wir wollen hier doch keine Sauerei hinterlassen.«
James nickte wortlos. Er holte ein Etui aus der Tasche, öffnete es, nahm die Brille heraus, putzte sie sorgfältig und setzte sie auf. Dann spannte er den Hahn, zielte auf Fens Kopf und legte den Finger an den Abzug.
Fen änderte abrupt seine Meinung. »Ich glaube, ich würde doch lieber durch Gas sterben«, sagte er sehr schnell, und als James achselzuckend den Revolver sinken ließ, fügte er hinzu: » Plutôt souffrir que mourir, c’est la devise des hommes. «
»Oh, wir werden uns alle Mühe geben, daß Sie richtig schön leiden«, sagte Savernake. Er ging zu dem Gashahn an der Wand und drehte ihn probeweise auf. Ein scharfes Zischen erklang.
»Beeindruckend«, sagte er. »Aber das würde dann doch zu schnell gehen.« Er drehte den Hahn so weit wieder zu, daß nur noch ganz wenig Gas austrat. »So, überlegen wir doch mal. Die Fenster sind geschlossen, aber der Raum ist bestimmt nicht richtig dicht, so daß einiges Gas entweichen kann. Ich würde sagen, bei der Austrittsstärke wird es ungefähr anderthalb Stunden dauern.«
»Ich finde das verdammt tollkühn«, murmelte James.
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