Heiss Glüht Mein Hass
Nicht mehr und nicht weniger.«
»Verzeih mir.« Tränen liefen ihr über das Gesicht. »Das wusste ich nicht.«
»Das konntest du auch nicht, und ich wollte auch nicht, dass du es weißt. Ich dachte, du würdest verstehen, was für ein Mensch er war, ohne dass ich das erzählen musste. Aber ich wollte auch nicht, dass du um einen Mann trauerst, der die Trauer nicht wert ist. Oder dich minderwertig fühlst, weil er dich vielleicht nicht wollte.«
»Ich muss gehen.« Sie wich weiter zurück, packte Mantel und Schal. »Ich muss gehen.«
Mia sah zu, wie sie durch die Haustür stürmte. Zuckte zusammen, als die Tür laut ins Schloss krachte. Dann zog sie die Pizza aus dem Ofen und hätte sie am liebsten durch die Küche geschleudert, aber es war nicht ihr Haus. Es war Laurens Haus mit den hübschen gerahmten Stickereien von Teekannen und Blumen und den Initialen CS in einer Ecke. Gefertigt von Reeds Frau. Der keine andere je das Wasser reichen konnte.
Und ich schon gar nicht.
Zitternd stellte sie das Blech auf dem Herd ab und drehte das Wasser auf, dann den Müllhäcksler. Und im Schutz des Lärms erlaubte sie sich zu weinen.
Reed stand vor dem Fenster und lauschte dem Hämmern seines Herzens. Lieber Gott. Sein Leben vor den Sollidays war finster und trostlos gewesen. Er hatte immer Hunger, immer Angst gehabt, seine Mutter hatte ihn geschlagen. Aber das hier … Er hatte sich schon vergangene Nacht davor gefürchtet, das hier zu hören. Sie hatte es zu heftig abgestritten. Der Vater hatte seine Töchter belästigt. Vielleicht missbraucht. Zorn und Hass kochten in ihm hoch, und Reed hätte nur allzu gern Bobby Mitchell wiederbelebt, um ihn eigenhändig umbringen zu können. Aber das war nicht das, was Mia brauchte. Er sah durchs Fenster, wie ihre Schultern zitterten, während sie weinte, und auch seine Augen brannten. Das war so typisch für sie. Zu weinen, wenn niemand sie hörte. Wenn niemand kommen konnte. Wenn niemand helfen konnte.
Aber er wollte ihr unbedingt helfen. Er öffnete die Tür, plazierte die Schüssel auf den Herd, stellte Häcksler und Wasser ab und drehte sie zu sich um. Sie erstarrte, wollte sich gegen ihn wehren, aber er hielt sie fest, bis sich ihre Finger in sein Hemd krallten und sie sich an ihn klammerte.
Sanft führte er sie durch die Küche, setzte sich und zog sie auf seinen Schoß, wo sie ihm die Arme um den Hals schlang und so furchtbar weinte, dass er glaubte, ihm selbst würde das Herz brechen. Er hielt sie, wiegte sie leicht und küsste ihr Haar, bis die Tränen langsam versiegten. Sie ließ sich gegen ihn fallen, verbarg jedoch ihr Gesicht an seiner Brust. Es war ihre letzte Schutzmöglichkeit, und er gewährte sie ihr.
Sie schwieg eine lange Zeit. »Du hast schon wieder gelauscht.«
»Ich wollte dir etwas zu essen bringen. Ich kann nichts dafür, dass die Wände dünn sind.«
»Ich müsste eigentlich stinksauer auf dich sein. Aber ich fürchte, ich habe nicht mehr genug Stinksauer übrig.«
Er fuhr ihr mit der Hand über den Rücken. »Ich würde ihn umbringen, wenn er nicht schon tot wäre.«
»Du verstehst nicht.«
»Dann erklär’s mir. Ich würde dir gern helfen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben eine Abmachung, Solliday. Hier sind schon zu viele Bindungen.«
Er hob ihr Kinn an, damit sie ihn ansah. »Ich will dir helfen.«
Sie hielt seinen Blick fest. »Es ist nicht so, wie du denkst. Mich hat er nie angerührt.«
»Nur Kelsey?«
»Ja.« Sie stand auf, ging zur Hintertür und sah aus dem Fenster. »Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als ich begriff, dass Bobby sich nicht ändern würde. Ich war fünfzehn, und er war betrunken. Kelsey hatte etwas angestellt, und er hatte sie bereits mit dem Gürtel verprügelt. Ich flehte ihn an, ihr nichts mehr zu tun, und er sagte, dann müsste ich ihm etwas versprechen. Er legte den Arm um mich und … irgendwie wusste ich es plötzlich. Und dann meinte er, wenn
ich
es täte, würde er Kelsey in Ruhe lassen.«
Reed schluckte. »Aber du hast es nicht getan.«
»Nein. Stattdessen fing ich an, wie verrückt zu lernen, um ein Stipendium zu kriegen. Ich klaute ihm eine Pistole und legte sie mir unters Kopfkissen. Er war so betrunken gewesen, dass er sich wahrscheinlich gar nicht mehr daran erinnerte, was er gesagt hatte, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Ich redete mit Kelsey und versuchte sie zu überzeugen, nicht mehr mit ihm zu streiten, aufzupassen und sich von ihm fernzuhalten, aber sie wollte nicht auf
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