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Heiße Hüpfer

Heiße Hüpfer

Titel: Heiße Hüpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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klemmt.«
    »Ja?«
    »Klingt ein wenig seltsam, aber es ist schon mal passiert, ob du’s
    glaubst oder nicht.«
    Ein kleiner grüner Trieb wuchs aus den halb abgestorbenen Zweigen
    der Hoffnung.
    »Und worin besteht diese Tradition?« fragte Rincewind.
    »Es wäre herzlos, einem Mann mehr als dreimal zuzumuten, auf der
    Falltür zu stehen. Schließlich weiß er, daß jeden Augenblick…«
    »Ja, ja…«
    »… und dann muß er damit rechnen, daß…«
    »Ja…«
    »… und der schlimmste Teil ist meiner Ansicht nach…«
    »Ja, ich verstehe! Und nach dem dritten Mal…?«
    »Nach dem dritten Mal wird er in die Zelle zurückgebracht, und der
    Tischler repariert die Fal tür«, sagte der Wärter. »Er bekommt sogar ein
    Mittagessen, wenn die Reparatur lange dauert.«
    »Und dann?«
    »Nun, nach einem erfolgreichen Test der Fal tür führen wir den
    Gefangenen erneut zum Galgen und hängen ihn.« Der Wärter bemerkte
    Rincewinds Miene. »Mach nicht so ein Gesicht. Das ist besser, als den
    ganzen Morgen in der Kälte zu stehen. Das wäre bestimmt sehr
    unangenehm.«

    Als der Wärter gegangen war, setzte sich Rincewind und starrte an die
    Wand.
    »Määh!«
    »Sei still.«
    Darauf lief es also hinaus. Noch eine letzte kurze Nacht, und dann
    würden – wenn es nach diesen Clowns ging – ganz gewöhnliche Leute
    durch die Straßen wandern, um zu sehen, wo sein Kopf herunterkam. Es
    gab einfach keine Gerechtigkeit!
    HALLO, KUMPEL.
    »Oh, nein. Bitte .«
    ICH WOLLTE MICH NUR DER HIESIGEN
    AUSDRUCKSWEISE ANPASSEN. ES SIND SEHR NETTE UND
    GESELLIGE LEUTE, NICHT WAHR? Tod ließ sich neben
    Rincewind aufs Bett sinken.
    »Du kannst es nicht abwarten, wie?« bemerkte der Zauberer bitter.
    KEINE SORGE.
    »Mein letztes Stündchen hat also wirklich geschlagen. Eigentlich sol te
    ich dieses Land retten. Aber ich werde sterben.«
    O JA. ICH FÜRCHTE, DAS LÄSST SICH NICHT VERMEIDEN.
    »Es ist alles so verdammt absurd. Ich meine, denk nur daran, wie oft
    ich fast gestorben wäre. Drachen hätten mich verbrennen oder riesige Tentakelmonstren mich verschlingen können. Bei einer Gelegenheit
    wollten alle Partikel meines Körpers in unterschiedliche Richtungen
    davonfliegen.«
    DU HATTEST ZWEIFELLOS EIN SEHR INTERESSANTES
    LEBEN.
    »Stimmt es, daß man sein Leben sieht, bevor man stirbt?«
    JA.
    »Eigentlich ein schrecklicher Gedanke.« Rincewind schauderte. »Da
    fäl t mir ein… Vielleicht sterbe ich gerade und sehe in diesem Augenblick noch einmal mein ganzes Leben…«
    ICH GLAUBE, DU VERSTEHST NICHT GANZ. PERSONEN
    SEHEN WIRKLICH IHR LEBEN, BEVOR SIE STERBEN. DEN

    ENTSPRECHENDEN VORGANG BEZEICHNET MAN ALS
    »LEBEN«. MÖCHTEST DU EINE GARNELE?
    Rincewind betrachtete den Eimer auf Tods Schoß.
    »Nein, danke. Lieber nicht. Garnelen können sehr gefährlich sein. Und
    ich finde es ziemlich happig, daß du hierherkommst, um mich zu
    verspotten und in meiner Gesellschaft Garnelen zu essen.«
    BITTE UM VERZEIHUNG.
    »Alles nur deshalb, weil man mich morgen früh hängt, meine ich.«
    TATSÄCHLICH? DANN BIN ICH NEUGIERIG DARAUF, WIE
    DIR DIE FLUCHT GELINGT. WAS MICH BETRIFFT… ICH BIN
    MIT EINEM MANN VERABREDET, DER SICH IN… Tods leere
    Augenhöhlen glühten, als er sein Gedächtnis konsultierte. AH, JA, ER
    BEFINDET SICH IN EINEM KROKODIL, MEHRERE
    HUNDERT MEILEN VON HIER ENTFERNT, GLAUBE ICH.
    »Was? Warum bist du dann hier?«
    ICH DACHTE, DU WÜRDEST DICH VIELLEICHT ÜBER DEN
    ANBLICK EINES VERTRAUTEN GESICHTS FREUEN. UND
    JETZT GEHE ICH BESSER. Tod stand auf. EINE SEHR
    ANGENEHME STADT, IN VIELERLEI HINSICHT. DU
    SOLLTEST DIR DAS OPERNHAUS ANSEHEN, WÄHREND DU
    HIER BIST.
    »Zieh nicht gleich Leine… Ich meine, warte. Du hast meinen Tod
    doch als unvermeidlich bezeichnet!«
    JEDER MUSS STERBEN. IRGENDWANN EINMAL.
    Die Wand öffnete und schloß sich so für Tod, als existierte sie
    überhaupt nicht. Aus seiner Perspektive gesehen, war das durchaus der
    Fall.
    »Aber wie ?« stöhnte Rincewind. »Ich kann nicht durch Wände gehen.«
    Er setzte sich wieder. Das Schaf kauerte in einer Ecke.
    Rincewind starrte auf die Fleischpastete hinab und gab ihr einen
    vorsichtigen Stoß. Sie sank tiefer ins Grün der Erbsensuppe.
    Die Geräusche der Stadt drangen durchs hohe Fenster.

    Nach einer Weile stieg das Stück Pastete wie ein vergessener Kontinent
    auf und schickte eine träge Wel e zum Rand des Tellers.
    Rincewind streckte sich auf der dünnen Decke aus und blickte zur
    Decke empor. Jemand hatte dort etwas geschrieben:

    Tag Kmpl.

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