Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
Vom Netzwerk:
Euer Schandmaul, Mintrop!«, brüllte von Engern.
    Wieder schlug die Wache zu, diesmal in den Magen. Mintrop krümmte sich vor Schmerzen und verstummte.
    Kunibert von Engern erhob sich. »Ludwig Mintrop, Ihr seid der Schändung und des vierfachen Mordes überführt. Das Urteil lautet: Tod durch das Schwert.«
    Jubel brach los. »Kopf ab!«, hallte es von den Häusern wider. »In die Hölle mit ihm!«
***
    Ottmar de Bruce hob die Hand zum Zeichen, dass seine Männer halten sollten. Wenig später stand der kleine Trupp Söldner still, keiner sprach, lediglich das Schnauben der Pferde erfüllte die Luft.
    De Bruce verharrte ebenfalls reglos, schließlich wandte er sich um. »Wir warten hier«, verkündete er. »Von dieser Stelle aus hat man einen hervorragenden Blick auf den Richtplatz, ohne gesehen zu werden.«
    Er stieg ab, trat ein paar Schritte auf den Waldsaum zu und blinzelte ins Neckartal. »Was für eine beeindruckende Aussicht«, rief er grinsend. »Ich werde jeden Moment dieser Hinrichtung genießen. Vor allem den Anblick des Henkers. Und wenn es stimmt, was ich über diesen Mann gehört habe, dann wird dies ein Tag, an den ich mich lange erinnern werde.« Er lachte grölend. »Wo bleibt der Wein?«, brüllte er dann. »Ich will Wein trinken! Schließlich wird uns heute ein ganz besonderes Spektakel geboten.«
    Er nahm einen Schluck aus dem Becher, den von Säckingen ihm reichte, und leckte sich die Lippen. »Na, komm schon, Henker«, murmelte er. »Komm heraus aus deinem Rattenloch. Und wenn du deine Arbeit verrichtet hast und die gaffende Menge abgezogen ist, dann werden wir beide eine Unterredung unter vier Augen führen. Nur du und ich.«
***
    Mintrop wurde wieder auf den Karren gezerrt, Melisande setzte sich in Bewegung, führte den Zug an, hinaus aus der Stadt, zum Richtplatz. Hinter ihr reihten sich die Richter ein, dann mehrere Priester und Mönche, die Kreuze auf langen Stangen vor sich her trugen und pausenlos beteten. Gesäumt von Bütteln und Wachen folgte schließlich der Karren mit dem Verbrecher, der dank des Trunks nicht wusste, wie ihm geschah.
    Die Stimmung war heiter. Manche tanzten und sangen, Spielleute trällerten fröhliche Melodien. Durch die Pliensauvorstadt zog die Prozession, dann über die Brücke auf das andere Neckarufer zu einer leichten Anhöhe, nur wenige Fuß neben der Landstraße. Der Ort war gut gewählt. Weithin war der Richtplatz sichtbar, damit jeder Reisende sofort erkannte, dass in dieser Stadt Recht und Gesetz herrschten. Auch hier war eine Tribüne aufgebaut. Gleich daneben hatte man den Galgen errichtet.
    Es dauerte, bis die hohen und edlen Herren ihre Plätze eingenommen hatten. Mintrop wurde unruhig. Offenbar ließ die Wirkung der Tropfen nach. Es wurde Zeit, der Sache ein Ende zu machen. Melisande gab den Bütteln ein Zeichen, den Verurteilten vor ihr auf die Knie zu stoßen.
    Kunibert von Engern hob ein rotes Tuch. Die Masse, die auf nahezu tausend Menschen angewachsen war, verfiel augenblicklich in Schweigen.
    Melisande ließ den Blick über die Tribüne schweifen. Mit einem Mal setzte ihr Herz aus. Da saß Adalbert. Seine schwarzen Augen blitzten, seine blonden Locken und sein warmes Lächeln leuchteten bis zu ihr herüber. Sie stockte. Die Bilder des Traums tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Adalbert als strahlender Bräutigam, der seine Braut Melisande in die kleine Hütte auf den Fildern führt. Adalbert, der ihren ganzen Körper mit zärtlichen Küssen bedeckt. Wirklichkeit und Traum begannen, miteinander zu verschmelzen. Adalbert schien sie anzulächeln.
    »Schlag ihm endlich den Kopf ab!«
    »Schlaf nicht ein, Melchior!«
    Melisande fuhr zusammen. Erschrocken umfasste sie das Schwert. Wie lange hatte sie so dagestanden und Adalbert angestarrt? Hatte er wirklich in ihre Richtung gelächelt? Ihre Hand begann zu zittern. Ein Henker durfte niemanden anstarren. Es hieß, sein Blick könne töten. Was, wenn man ihr vorwarf, sie habe Adalbert umbringen wollen?
    »Ab mit dem Kopf!«
    Das Grölen der Menge wurde lauter. Melisande sah, wie Kunibert von Engern einem anderen Richter etwas zuraunte. Sie musste endlich tun, was von ihr erwartet wurde. Bleib ruhig. Konzentrier dich auf deine Pflicht.
    Sie schloss die Augen. Sie war Melchior, der Henker, nicht Melisande, die junge Frau, die einen Mann liebte, der von dieser Liebe nie etwas erfahren durfte. Ihre Züge wurden hart, still lag Nerthus in ihrer Hand.
    Sie trat zu dem Verurteilten, hielt ihm die Tafel vor

Weitere Kostenlose Bücher