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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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mir Sir George erzählt hat, würde es mich nicht überraschen, wenn sie Nacktschneckenfrikassee und dergleichen anbieten würden. Das ist einfach absurd.«
    »Oh nein, Mam. Ich hab noch nie gehört, dass jemand Nacktschnecken zum Frühstück wollte. Oder zum Dinner.«
    »Nun, das ist schön«, stellte Clarissa fest. »Also, was kochen Sie heute Abend?«
    »Ich dachte, weil Mr. Gadsley immer um einen Appetithappen bittet, dass wir erst einmal mit Schirmlingen anfangen …«
    »Schirmlinge!«, kreischte Lady Clarissa. »Sie meinen doch wohl nicht Fliegenpilze? Fliegenpilze sind doch meistens giftig.«
    »Manche vielleicht. Kommt drauf an, was für welche man sammelt«, sagte Philomena. »Mein alter Herr sagt, die, die oben weiß sind und unten auch in Richtung Weiß gehen, die sind in Ordnung. Die mit dem Rot auf dem Schirm sind’s nicht.«
    »Die können Sie alle gleich streichen! Ich werde nicht zulassen, dass mein Mann jetzt schon umgebracht wird. Und als Hauptgericht?«
    »Spanferkel, knusprig geröstet. Wie gesagt, er mag’s, wenn’s ein bisschen knuspert.«
    »Nein und noch mal nein. Wir nehmen heute Abend nur einen leichten Imbiss zu uns. Ein bisschen Dosenspargel, gefolgt von Sardinen mit Kopfsalat und ein paar Dosenbohnen. Und hinterher schlichten Cheddarkäse«, ordnete Clarissa an, dann stürmte sie aus der Küche und machte sich wieder auf die Suche nach Sir George.
    »Du wünschst dir ja vielleicht, vorzeitig an einer Lebensmittelvergiftung zu sterben, aber ich ganz sicher nicht«, fuhr sie ihn an. »Und diese grausige Kreatur in der Küche weiß ungefähr genauso viel über gesundes Kochen wie ich über die Struktur des Atoms. Ich habe ihr befohlen, dass sie uns heute Abend einen Kopfsalat zum Dinner serviert.«
    »Oh mein Gott, nein! Gerade habe ich mich so auf eine delikate Vorspeise gefreut, und dann Spanferkel.«
    »Ich bezweifle, dass du zum Spanferkel noch unter uns geweilt hättest. Sie wollte dir Fliegenpilze als Vorspeise vorsetzen. Ja, Fliegenpilze, mein Lieber. Gemischte Schirmpilze. Weißt du, die, die unter dem Schirm weiß sind … wie Knollenblätterpilze. Ja, ich dachte mir, dass dich das aufhorchen lässt.«
    »Ich horche weder auf noch ab«, wehrte Sir George ab. »Und ich bin ziemlich sicher, dass Philly weiß, was sie tut. Schließlich ist sie ein Kind der Natur. Hat vom Land gelebt, seit sie auf der Welt ist.«
    »Auch von der Natur gesäugt, nehme ich an.«
    »Du weißt schon, was ich meine. Zigeuner sind Überlebenskünstler. Falls sie wirklich eine echte Zigeunerin ist.«
    »Was immer diese Kreatur sein mag, du solltest lieber begreifen, dass ich dafür zu sorgen gedenke, dass wir ihre tödlichen Kochkünste überleben. Ich werde nicht zulassen, dass du qualvoll stirbst oder, noch schlimmer, plötzlich durch eine Gehirnblutung gelähmt bist. Mit anderen Worten: einen Schlaganfall bekommst.«
    »Ich weiß genau, was eine Hirnblutung ist, vielen Dank.«
    Lady Clarissa empfand angesichts der Wut in seiner Stimme eine perverse Freude und beschloss, ihren Standpunkt noch etwas zu verdeutlichen. »Ein alter Freund von mir hatte mal einen Schlaganfall und war von einem Moment auf den anderen ein völliger Pflegefall. Ich erinnere mich noch gut daran. Er hat immer behauptet, dieses ganze Gewese, wie er es nannte, von wegen Fett, das die Arterien verstopft, das sei blanker Unsinn. Soweit ich mich erinnere, hat er gerade eine Zigarre geraucht, als es passiert ist, und hatte beim Abendessen zwei Mal Kruste nachgenommen. Er stand vor dem Kamin und schwang große Reden, als er plötzlich umgekippt ist und nie wieder ein Wort gesprochen hat. Oder auch nur seine Hände bewegt hat. Er hat nur noch jämmerliche Laute von sich gegeben, die seine Frau vergeblich zu verstehen versuchte. Drei Jahre saß sie an seinem Bett, obwohl der Schlaganfall-Spezialist, gesagt hatte, er würde nie wieder sprechen oder sich bewegen können. Aber sie hielt durch, aus Pflichtgefühl. Erst als sie einen Mann aus dem Außenministerium kennengelernt und sich in ihn verliebt hat, stimmte sie schließlich zu, dass ihr Mann in ein Pflegeheim verlegt werden durfte. Ich kann dir auch seinen Namen sagen. Er hieß …«
    »Das will ich gar nicht wissen!«, brüllte Sir George.
    »Gut, dann sag ich’s dir eben nicht. Jedenfalls lag er da noch weitere sieben Jahre als lebender Leichnam herum, bevor er den Löffel abgegeben hat. Ich war auch auf seiner Trauerfeier, und ich weiß noch, dass ich nur gehofft habe, dass er

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