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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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der
    Persönlichkeit. »Er sah das wichtige und bedeutungsvolle Leben der
    Vornehmen, so hieß es da, in der Nähe und verwunderte sich, wie
    einen leichten Anstand sie ihm zu geben wußten«, und er faßte den
    Entschluß, »sich zu der vornehmen Welt emporzubilden«.
    Der junge Hesse hat diese Sätze wohl gelesen; ich sprach von
    gelegentlicher Nobilitierung in seinen Schriften. Im »Lauscher« aber
    ist er noch der Dépressé mit allen typischen Anzeichen innerer
    Überlastung und äußerer Unbeholfenheit. Er hat vom Vater
    Gewissensstrenge, von der Mutter Choräle gelernt. Vom
    Schwarzwaldstädtchen aber haftet ihm eine gewisse Überbetonung
    der Manieren an; eine Vernachlässigung der Krawatte, eine linkische
    Scheu, ein Mangel an Beweglichkeit. Er kann nicht tanzen, nicht
    plaudern, keine Verbeugung machen. Er weiß nicht die Hand einer
    jungen Dame zu küssen, ein rasches Billett zu schreiben; jede Geste
    bekommt Zentnergewicht. Die Weltferne der schwäbischen Kleinstadt
    hängt ihm an, und das Autodidaktentum, das alle Zeit frißt, die man
    auf Tennisspielen und andere Kunststücke verwenden sollte,
    vermehrt noch diese Schwierigkeit. Man braucht sich nur in eine
    elegante Dame zu verlieben, um die verflixte Ironie solch
    kleinstädtischen Angebindes gewahr zu werden. Auch dies ist ein
    Wesenszug des Romantikers; Goethe wußte es wohl. Viele typisch
    romantische Züge sind in solchen Verlegenheiten begründet und
    schwinden mit ihnen. Manche mißglückte Liebe – weder in Hesses
    Büchern, noch bei Gottfried Keller, noch bei den übrigen
    Romantikern fehlt es daran – hat hierin ihren Grund.
    Hermann Lauscher gibt sich zunächst gar preziös und verwöhnt.
    Gelegentlich Tolstoi: »Etwas von der trostlosen traurigen, rohen,
    schrecklichen Luft dieses Russen drückt mich – es ist körperlich
    ungesund, solche Sachen zu lesen... Bei den Heiligen Martin und
    Franziskus ist Person und Lehre ebenso hell, elastisch und erfreuend,
    wie bei Tolstoi dunkel, spröde und niederdrückend.« – »Vielleicht,
    sagt er, kommt von dorther die Erneuerung der Welt, aber ehe aus

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    diesen herben, frischen, rohen Keimen Kunst werden kann, müssen
    sie noch hundert Jahre und länger reifen.« Man hört Nietzsche und
    Goethe zugleich; beide, wo sie vom Germanen sprechen, der noch
    einige Jahrhunderte tüchtig müsse kultivieren, ehe man würde sagen
    können, es sei lange her, daß er ein Barbar gewesen.
    Die Neigung zum Erfreulichen, zum schönen Glanz und Schein ist
    indessen vorerst noch eine Maske. Hesse wird im »Camenzind« nicht
    zu den frischen Gröblichkeiten eines Brahms und Keller greifen, um
    seine Schwäche zu bemänteln; aber auch Hesse wird im
    »Camenzind« vom Berg den Hirtenknab gegen die urbanen Manieren
    ausspielen. Er ist noch weit entfernt von jener Position des späten
    Nietzsche, der die aristokratischen Hände und Gesten der Kardinäle
    empfiehlt. »Das ist mein Fluch und Glück«, läßt er Lauscher sagen,
    »daß ich keine Schönheit grob und froh genießen kann... Nur
    zuweilen kommt das alte schwere Wesen, das ich so konsequent von
    mir abstreifte, für Augenblicke anklingend wieder über mich.« Schon
    bedenkt er, daß für den »toleranten Idealisten« ein höchster
    komischer Reiz im Untersinken eines Helden zum Gemeinen liege.
    Aber noch gehört es »zu den Opfern, die wir dem Ideale schuldig
    sind«, auch diesen überaus verführerischen Reiz zu töten.
    Dann steht er eines Abends am Kasino, um das Publikum (darunter
    Elisabeth) aus dem Konzertsaal kommen zu sehen. Warm und
    fröhlich schreitet sie, in Begleitung, über die beleuchtete Treppe
    herab, immer dieselbe Elisabeth, das Traum- und Wunschbild, in
    dem alles Ungesagte zur Oberfläche und zum entdeckten Mysterium
    wird. Der Dichter aber steht vor dem erleuchteten Festsaal im
    Regen, sein Hut ist in die schmerzende Stirn gedrückt, sein grauer
    Mantel flattert im Wind. Wenige Tage später schon hat er mit
    »Hesse« einen »Klub der Entgleisten« gegründet, in den er auch
    seinen Tübinger Freund Elenderle mit aufnehmen würde, wenn dieser
    sich nicht im Tübinger »Walfisch« erschossen hätte. Und siehe da:
    bei Hesse und Lauscher, »bei uns beiden... derselbe Mangel an
    Plastik, derselbe Zug... zum Schillernden, Flackernden und
    Unfesten... dieselbe Verwandtschaft mit der Musik, dieselbe Tendenz
    zur Auflösung der Prinzipien, zur künstlerischen Ironie«.
    Um aber das religiöse Leitmotiv nicht aus dem Auge zu verlieren:
    auch

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