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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Kikongo sprach, sagte: »Du bist in der Gegenwart des Großen Jaqqa, Imbe Calandola.«
    Und ich kam mir vor, als wäre ich in der Gegenwart des Herrn der Finsternis selbst, des Fürsten der Hölle, des Großen Widersachers, des gewaltigen Luzifers des Abgrundes: Satan Mephistopheles Beelzebub, der Erzfeind, der König des Bösen.
6
    In der Stille auf dem Strand war das Toben der Brandung ein Geräusch wie das Schlagen der Trommeln des Jüngsten Gerichts. Dieser Calandola trat vor und neben mich, so daß ich den Geruch seiner Haut wahrnahm, der, wie ich später erfuhr, daher stammte, daß er sich täglich mit dem Fett menschlicher Opfer einrieb, damit sie diesen funkelnden Glanz bekam. Und dennoch wagte ich es nicht, vor ihm zurückzuweichen, als er mich genau musterte.
    Seine Größe war überwältigend.
    Ich sah nun, daß er nicht wirklich der größte seines Trupps war und in der Tat nur zwei Zoll größer als ich, der ich selbst nicht von geringer Statur war; doch den Eindruck dieser gewaltigen Größe verliehen ihm die übermäßige Breite seiner Schultern, die Dicke des Halses und die Kraft seiner Arme und Hände, die mit Leichtigkeit zwei Männer um die Köpfe fassen und sie gleichzeitig wie Eierschalen zertrümmern konnten.
    Und diese großen Hände fuhren tatsächlich zu meinem Kopf, doch nicht auf gewalttätige Art und Weise. Er nahm mein Haar hoch und ließ es wieder fallen und fuhr mit den Händen hindurch, so vorsichtig, als berühre er ein so zerbrechliches Gewebe, daß es bei einem harten Atemzug schmelzen würde. Er sah mir tief in die Augen, als wolle er mir aus der Seele lesen. Er ging um mich herum, betrachtete mich von jeder Seite, berührte mein Haar mit den Fingerspitzen und meinen Bart und fuhr sogar mit den Fingern über meine Augenbrauen, die dick und sehr golden waren. Während er dies tat, murmelte er seinen hohen Fürsten Worte zu und sich selbst auch; und als er mit mir fertig war, klatschte er in die Hände und stieß ein lautes, diabolisches Gelächter aus, als wolle er sagen: »Dein seltsames Haar bereitet mir großes Vergnügen, Engländer!«
    Dann fuhr er herum und ging zu seinem Lager am Ufer, und Jaqqa Schlacksbein gab mir ein Zeichen, daß ich ihm mit meinen Gefährten folgen solle.
    Was wir auch taten, und wir traten erneut vor Imbe Calandola, als er auf einer Art Hohesitz in einem Zelt saß. Fünf seiner Fürsten standen an seiner Seite und zwei Hexenmeister und zwei Frauen, die Schwestern hätten sein können, denn beide hatten schwere Brüste und das gleiche Gesicht, wobei vier ihrer Zähne der Schönheit willen gezogen worden waren und ihr Haar hoch aufgetürmt und mit Mbamba -Muscheln durchstoßen war.
    Eine große Schüssel mit Palmwein wurde gebracht, und Calandola trank daraus, und dann wurde sie mir gereicht. Und als ich ein paar Schlucke daraus genommen hatte, tauchte Calandola die Hände hinein und träufelte den süßen, schweren Wein über mein Haar, als wolle er mich salben. Nachdem ich durch und durch von dem Zeug benetzt war, nahm er sanft meinen Kopf zwischen die Hände und rieb den Wein tief in mein Haar ein, wobei er unentwegt mit einer tiefen, polternden Stimme zu dem Medizinmann neben ihm sprach. Und dem unterwarf ich mich bedingungslos, denn wenn man im Lager der Kannibalen ist und deren König einem den Kopf mit Wein salbt und sie fünfhundert sind und man selbst nur ein paar wenige, spielt man nicht den mäkligen Stutzer und lehnt solch eine Ehre ab.
    Als ich auf diese Art durchnäßt war, sagte der langbeinige Jaqqa, der die Kikongo-Zunge sprach: »Imbe Calandola möchte wissen, warum ihr an diesen Ort gekommen seid.«
    »Um an der Küste Handel zu treiben«, erwiderte ich. »Wir handeln mit Gütern aller Art und wollen Vieh und andere nützliche Waren erwerben.«
    Dies berichtete er Calandola, der eine Erwiderung gab.
    »Der Imbe-Jaqqa heißt euch hier willkommen«, sagte der Jaqqa zu mir, »und heißt eure Leute, mit all euern Gütern an Land zu kommen.«
    Ich übersetzte dies Coelho, der sich überaus erleichtert zeigte und am liebsten augenblicklich unser Langboot bestiegen hätte, um zur Sicherheit unseres Schiffes zurückzukehren. Doch zuerst gab es gewisse Rituale, und es wurde mehr Palmwein gereicht; und als ersichtlich wurde, daß wir gehen konnten, bedeutete Calandola, daß ich mit zwei anderen Portugiesen zurückbleiben solle.
    Daraufhin erfüllte mich bleierne Verzagtheit, denn in meiner verzweifelten Vorstellung entwarf ich sofort eine Abfolge

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