Herr der Finsternis
Grabräuber, der den Sturm über uns hereingebracht und den Verlust unseres Schiffes und all seiner Schätze verursacht und unschuldige Männer das Leben gekostet hatte.
4
Und dies war das beklagenswerte Ende unserer freudigen und gewinnträchtigen Reise nach Loango. Unter einem wolkenlosen und gnadenlosen Himmel, der uns keine Erleichterung vor dem schrecklichen Hammer der tropischen Sonne verschaffte, ruderten wir nun der Küste entgegen. Doch einige noch schlimmere Schrecken sollten uns erwarten.
Dank Gottes unendlicher Gnade wehte der Wind aus dem Westen; es war kein böser Wind, und wir ruderten unser Boot und stakten die Flöße in scharfer Ordnung. Bald war das Ufer deutlich auszumachen. Nach seinem Aussehen und den Erinnerungen an die Küste, die ich von der Reise gen Norden behalten hatte, waren wir vielleicht auf halber Strecke zwischen Loango und der Mündung des Zaire, und wie wir jemals nach São Paulo de Luanda zurückkehren wollten, wußte ich nicht. Doch ich schenkte dieser Frage wenig Beachtung: Für diesen Tag reichte das Böse, das über uns gekommen war.
Obwohl es uns gelang, den größten Teil der Reise über in enger Formation zu bleiben, trieb das Floß, das von Duarte Figueira befehligt wurde, etwas nach Norden ab, als wir uns dem Land näherten, und er konnte sich bemühen, wie er wollte, es gelang ihm nicht, wieder in unsere Nähe zu kommen. Zu dieser Zeit schien das nur wenig Bedeutung zu haben, da wir uns ja am Land wieder vereinigen konnten, aber die Tatsache, daß sein Floß von uns getrennt wurde, führte schon nach kurzer Zeit zu einem schmerzlichen und tragischen Unheil.
Die Strömung floß nun schnell nach Nordosten, und unser Rudern und Staken war nun überflüssig geworden. Wir wurden von der Strömung erfaßt und zum Ufer getragen, hatten keinen Einfluß auf den Kurs und beteten nur, daß wir nicht an scharfen Felsen zerschellten.
Doch dies blieb uns erspart, denn als wir uns dem Land näherten, sahen wir, daß das Ufer seicht und sandig war, mit zahlreichen kleinen Landzungen und Inseln und Halbinseln niedriger Höhe, das Ergebnis irgendeiner inneren Strömung, wie es ähnlich bei der Insel Luanda im Hafen von São Paulo de Luanda der Fall war. So glitten wir gemächlich an Land, das Langboot und Faleiros Floß und Cabrals Floß an einer Stelle, und Figueiras an einer anderen, die von vielleicht dreihundert Ellen offenen Wassers von uns getrennt war.
Wir luden unsere erbärmlich wenigen Güter aus und riefen ihnen zu: »Kommt herüber! Laßt uns alle zusammen sein!« Doch als sie versuchten, ihr Floß zu unserer Position zu staken, konnten sie es nicht bewerkstelligen: das Wasser war zu flach, und die Stange blieb wie in Treibsand stecken. Und als sie versuchten, uns über Land zu erreichen, war es das gleiche: Dort, wo sie das Ufer erreicht hatten, bestand es nur aus Schlamm, und sie konnten es nicht passieren.
So waren wir in zwei Gruppen an Land gegangen, auf einem Paar sandiger Landzungen, die wie die zwei Zinken des Buchstaben V vom wirklichen Ufer hervorragten, mit flachem, offenem Wasser dazwischen und einem unpassierbaren Sumpf am inneren Ende. Nun, dachte ich, wir können uns eine Weile ausruhen und uns dann wieder in die Ruder legen und die Küste zu einem gastfreundlicheren Ort entlangfahren.
Mittlerweile forschten wir auf unserer kleinen Landzunge nach allem, was uns nützlich sein konnte, denn wir hatten nicht viele Vorräte aus dem Wrack bergen können. Einige Weinflaschen, ein Stück Käse, etwas Quittenmarmelade, etwas voll Wasser gesogenes Brot: Das war alles, und es würde keine zwei Tage reichen.
»Was habt ihr gefunden?« fragte ich Cabral und Faleiro, als wir uns nach dem Suchen wieder zusammenfanden.
Ihre Gesichter waren düster. »Kleine Schlangen«, sagte Cabral. »Eine Art Ratte. Ein paar Krebse.«
»Und ein paar niedrige Büsche«, sagte Faleiro, »ohne Früchte darauf.«
»Nun, dann werden wir über kurz oder lang Schlangenhäute und geröstete Knochen essen«, sagte Cabral und lächelte dabei, obwohl wir alle wußten, daß es kein Scherz, sondern die Wahrheit war.
»Und danach«, sagte ich, »werden wir einander essen.«
»Ah, bist du ein Jaqqa, daß du so etwas sagst?« fragte Faleiro verdrossen.
»Gott verhüte es«, sagte ich. »Nehmen wir uns selbst das Leben, bevor es dazu kommt!«
Doch manchmal werden in Scherzen die fürchterlichsten Dinge vorweggenommen.
Wir bereiteten uns eine klägliche kalte Mahlzeit, wanderten durch unser
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