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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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provenzalischen Akzent und gab Alfred die Hand.
    Während sie losgingen, berichtete er darüber, dass sie täglich viele Einbrüche hätten, die Leute seien im Sommer leichtsinniger, würden die Fenster offen lassen, na ja, und viele der Touristen seien zu gutgläubig und zu arglos. Er vermied zu sagen: zu blöd.
    In seinem dunklen Büro, das nur zwei kleine Fenster knapp unter der Zimmerdecke hatte, setzte sich Alfred ihm gegenüber vor den Schreibtisch. An der Decke quietschte ein Ventilator. Lediglich eine durchsichtige Plastikhülle lag vor dem Beamten, aus der er nun einen Schlüsselbund entnahm. Babys Wohnungsschlüssel. Dann schüttelte er einen Ring und eine dünne goldene Halskette aus der Tüte auf den Schreibtisch. Alfred nahm den Ring, sah ihn kurz an. Er kannte ihn gut. Platin mit zwei kleinen versenkten Brillanten.
    Capitaine Maurizot berichtete kurz und amtlich, von wem und wann die Gendarmen zum Parkplatz des Hauses gerufen worden waren und wie sie Madame vorgefunden hatten. Sie lag vor einem Garagentor. Eine Dame aus der ersten Etage wollte in ihre Garage, als sie im Licht ihres Scheinwerfers plötzlich die Frau hatte liegen sehen.
    Maurizot bat, den Empfang des Schmucks und des Hausschlüssels zu bestätigen, und Alfred unterschrieb das Formular. Leider, meinte der Capitaine, wäre es ihm nicht möglich, Alfred zur Gerichtsmedizin zu begleiten. Die Tour de France käme in zwei Wochen hier durch, da gab es laufend Besprechungen in der Mairie und eine Menge vorzubereiten. Vor der Tür des Reviers erklärte der Gendarm Alfred noch den kurzen Weg zur Morgue, dann überließ er ihn seinem Schicksal.
    Die Straße stieg an, Alfred hatte seine Tasche dabei und es war heiß. In diesem grellen Sommerlicht unter dem azurblauen Himmel konnte man sich alles vorstellen, nur nicht den Tod.
     
    Das Institutsgebäude war im Kolonialstil der dreißiger Jahre erbaut, gelb, mit rechteckigen Sprossenfenstern, einem umlaufenden Sims und abgerundeten Ecken. Es hätte auch im Maghreb stehen können.
    Alfred trat in die kühle Vorhalle, ein Pförtner fragte nach seinem Wunsch. Alfred erklärte ihm, um was es ging, und der Mann begleitete ihn ein Stück bis zu einer Kellertreppe. Er nannte ihm einen Namen und beschrieb ihm den Weg in die Unterwelt.
    Hier unten roch es nach Verwesung. Alfred klopfte an eine Tür und öffnete sie gleichzeitig. In einem winzigen Büro stand ein kräftiger junger Mann im weißen Kittel mit einem freundlichen, offenen Gesicht.
    Monsieur Lionel?, fragte Alfred.
    Bonjour monsieur, sagte der Mann mit überraschend sanfter Stimme, j’ai déjà préparé votre mère.
    Préparé!, dachte Alfred, er hat meine Mutter bereits präpariert!
    Sie betraten den nächsten Raum. An einer Wand waren vier eingelassene quadratische Kühlschranktüren und die untere rechts stand offen. Davor eine Bahre auf Rollen und darauf ein Körper, mit einem weißen Tuch abgedeckt. Monsieur Lionel zog das Tuch so weit zurück, bis Gesicht und Schultern sichtbar wurden. Es war Baby, Alfreds Mutter.
    Ist das Ihre Mutter?, fragte der Mann.
    Alfred schluckte und nickte.
    Der Mann hielt ihm ein Formular unter die Nase und Alfred unterschrieb es, ohne zu lesen, was drauf stand.
    Ich lasse Sie jetzt allein, sagte der Mann und verließ den Raum.
    Alfred schaute auf seine Mutter. Er hatte sich vor diesem Moment gefürchtet, aber nun war es gar nicht so, wie er es erwartet hatte.
    Sie sah gut aus. Ein friedvolles Lächeln lag auf ihrem schönen Gesicht, das trotz der Falten etwas Mädchenhaftes hatte. Alfred hatte aufgrund des Sturzes mit einem monströsen Anblick gerechnet und war überrascht, dass er nichts davon entdecken konnte. Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf ihre kalte Stirn.
    Er bemerkte einen Hocker auf drei Rollen, der an der Wand stand und zog ihn zu sich heran. Er setzte sich neben die Tote und strich ihr über die Wange, über das weißblonde Haar. Er sah die rosafarbenen Träger ihres Büstenhalters auf ihrer bleichen Haut. Sie wirkte so sauber, so rein.
    Warum hast du das getan?, fragte er sie. War das nötig? Warum musst du mir das Herz so schwer machen? Habe ich nicht schon genug gelitten? Wolltest du mich bestrafen? Habe ich deine Erwartungen nicht erfüllt?
    Dann verstummte er. Er saß schweigend und sah sie an.
     
    Als Monsieur Lionel wieder in den Raum kam, war eine halbe Stunde vergangen. Der Mann übergab Alfred den beglaubigten Totenschein. Unnatürlicher Tod, war darin vermerkt.
    Wann lassen

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