Herr Klee und Herr Feld | Roman
wo Moritz da war, fühlte er sich besser.
Moritz, ein Badetuch um die Hüften, kam ins Arbeitszimmer, wo er sich ausgebreitet hatte. Er zog sich etwas Leichtes an, ein Bowlingshirt, eine Sommerhose, Flip-Flops. Nachdem er Alfred auf dem Balkon entdeckt hatte, ging er in die Küche, fand zwei Gläser, gab Eiswürfel und Wasser dazu und brachte alles in den Salon. Er öffnete die kleine Hausbar und goss Pastis in die Gläser. Dabei rief er:
Du sagst, sie ist während des Fernsehens aufgestanden und hat sich entschlossen, aus dem Fenster zu springen?
Damit kam er auf den Balkon.
Ja, sagte Alfred, so muss es gewesen sein. Eine spontane Entscheidung.
Moritz stellte ihm ein Glas vor die Nase, sagte »lechaim« und trank einen Schluck.
Willst du nicht hier wohnen?, fragte er seinen Bruder.
Nein, sagte Alfred, ich bleibe im Hotel.
Aber es ist doch genug Platz.
Ich will nicht in ihrem Bett schlafen. Du doch auch nicht, oder?
Moritz hatte verstanden. Ihm ging es genauso.
Nimm dir Geld, sagte Moritz, fürs Hotel.
Okay, meinte Alfred, aber wir müssen die Beerdigung auch zahlen und die Gemeinde und was weiß ich noch.
Ja, und man muss was spenden für die Chewra.
Er trank den Pastis. Er schmeckte ihm.
Also, wenn ich diesen Bankmenschen richtig verstanden habe, hat Mom über dreihunderttausend Francs fest angelegt in einem Fonds.
Genau, der läuft bis nächstes Jahr, bestätigte Moritz.
Das sind schätzungsweise neunzigtausend Mark am Ende.
Gut. Die Goldmünzen. Wollen wir die aufteilen?
Was meinst du?
Brauchst du Geld?, fragte Moritz.
Immer, sagte Alfred.
Okay, ich kaufe dir deinen Anteil zum aktuellen Goldkurs ab.
Einverstanden. Alfred war alles recht.
Was ist mit dem Schmuck?, fragte Moritz.
Alfred streckte seinen kleinen Finger vor.
Ich will nur diesen Ring.
Okay. Aber es steht dir die Hälfte zu.
Soll Fanny damit glücklich werden, sagte Alfred.
Hör mal, das ist der Familienschmuck. Fanny kann ihn tragen, aber wenn sie stirbt, bleibt er in der Familie.
Und wenn sie uns beide überlebt?, wollte Alfred wissen.
Moritz hatte keine Antwort.
Die Wohnung, meinte Alfred, was ist die wert?
Moritz zuckte mit den Schultern.
Keine Ahnung. Wir lassen am besten einen Makler kommen und …
Es klingelte an der Tür.
Alfred sprang auf und durchquerte den Salon.
Er ging zur Sprechanlage.
Qui est là?, fragte er.
Ivan Sokol. Ich war ein Freund von der Madame Kleefeld …
Moment, sagte Alfred und drückte auf den Türöffner.
Er öffnete die Wohnungstür und ging zum Esstisch, wo er die Unterlagen und das Geld zusammenklaubte und in eine Besteckschublade stopfte.
Wer ist es?, rief Moritz vom Balkon.
Keine Ahnung, sagte Alfred, ein Freund von Mom.
Der kleine dünne Monsieur Sokol war kaum zu sehen hinter dem riesigen Blumenstrauß, den er anschleppte. Er stellte sich bei Moritz und Alfred vor, kondolierte brav und sie fanden gemeinsam eine passende Vase für die Blumen. Mit einem Glas Wasser für Sokol kam Moritz auf den Balkon.
Du wirst es nicht glauben, sagte Alfred, Herr Sokol ist Immobilienmakler.
Wir haben gerade darüber gesprochen, sagte Moritz.
Ihr Bruder hat es gesagt mir, Monsieur, meinte Sokol in jiddischem Deutsch, Ihre Maman und meine Maman sinnen gewesen befreundet und man hat sie sich getroffen a manches Mal zum Fünf-Uhr-Tee im Negresco. Und Ihre Maman hat gebeten mich, im Fall, dass sie soll sein gestorben, also sie hat gewollt, dass ich Ihnen soll helfen verkäufen das Appartement.
Das ist gut, sagte Moritz, was schätzen Sie denn, ist die Wohnung wert?
Alfred und Moritz schauten gespannt auf den kleinen Makler.
Der neigte den Kopf hin und her, fasste sich an die Nase, legte die Stirn in Falten, massierte sich mit einer Hand die Schläfen und meinte dann:
Grosso modo, vier Millionen Francs hors taxe.
Eins Komma zwo Millionen Mark, sagte Alfred, das ist doch nicht schlecht.
Moment, sagte Sokol, leider müssen sie rechnen a Drittel für die taxe, die Erbschaftssteuer ungefähr. Effche man kann eppes machen unter der Tisch mit der Käufer, sagte der Makler verschwörerisch.
Aha, sagte Alfred.
Bevor sich Sokol verabschiedete, hatte er es nicht versäumt, sich von Moritz ein exklusives Verkaufsmandat unterschreiben zu lassen, das er zufälligerweise bei sich führte.
Er stand schon in der Tür, als er noch sagte:
Wenn Sie wollen gehen gut zu essen … der Cousin meiner, hat er a Restaurant nicht weit von Hafen in die Rue Bonaparte …
Du willst ins
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