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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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persönlich.«
    »Das überzeugt mich ganz und gar nicht davon, dass Euer Gatte auf unserer Seite steht.«
    »Ich sage, er ist neutral. Er ist Engländer und nur aus geschäftlichen Gründen hier.«
    »Wisst Ihr, welchen Aufwand und welches Risiko es für mich bedeutet, einen Mann auf Gegnerseite zu schützen? Das soll ich für drei Flaschen Wein tun? Und wenn um mich die hungrigen Männer wütend sind? Verdoppelt Euer Angebot.«
    Ada atmete tief und zwang ihre Hände, auf dem kalten Stein liegenzubleiben, statt an ihrem Kragen zu nesteln, wie sie es tun wollten. »Glaubt mir, ich würde von Herzen gern verdoppeln, Euch eine Freude bereiten und Eure Männer satt machen, wenn ich es könnte. Aber ich kann es nicht. Ihr kennt die Zeiten, Ihr wisst, wie wenig den Menschen geblieben ist. Es ist ein Wunder, dass hier nicht längst alle verhungert sind.«
    »Gar nicht verhungert seht Ihr aus, gnädige Frau. Ihr seid mit Verlaub blühend schön, so mir das wenige Licht zu sehen gestattet. Die Frauen in unserer Begleitung können sich nicht mit Euch messen. Sie haben einiges auszustehen und wenig, äääh … auf den Rippen.«
    Einige seiner Leute hinter ihm lachten verhalten, und Ada verkrampfte sich. Ruhig, dachte sie, bleib ruhig, sie dürfen nicht den Respekt verlieren. »Ich verbitte mir den Ton. Ein Schwein mehr kann ich Euch geben, ein dürrer Krüppel ist es. Und aus Barmherzigkeit eine zweite Milchkuh, obwohl darunter bei uns die Kinder leiden werden.«
    »Habt Ihr Kinder, gnädige Frau? Ich habe welche, da hinten beim Heer. So manches, was man für Kinder braucht, kann man eintauschen gegen eine Flasche Wein.«
    Adas Herz schlug inzwischen in ihrer Kehle, ihre Hände zitterten, als sie sie vom Stein löste. Sie wandte sich Ottman zu und zeigte ihm unauffällig mit den Fingern eine Sieben. »Ottman, wie viel Wein haben wir noch?«
    Ottman räusperte sich. »Sieben Flaschen, gnädige Frau«, sagte er laut.
    Ada beugte sich wieder in die Fensternische. »So gebe ich Euch sechs Flaschen Wein und einen Fellkragen von meinem verstorbenen Schwiegervater dazu.«
    Der Schwede zögerte einen Moment, dann grinste er unverschämt. »Und einen Kuss?«
    Sie stieß ein verachtungsvolles Zischen aus. »Und einen Schuss Blei, wenn Ihr Euch nicht zufriedengebt.«
    Er lachte. »Gut also, ohne Kuss. Aber was ist mit dem Mantel, der zu dem Kragen gehört?«
    »Den könnt Ihr Euch abholen, wenn mein Gemahl heimgekehrt ist und Ihr ihm tatsächlich von Nutzen wart.«
    Daraufhin nickte er und deutete in seinem Sattel eine spöttische Verbeugung an.
    Eine halbe Stunde später war das Geschäft abgewickelt. Die Schweden schlossen sich wieder dem Heerzug am Horizont an, der sich im Laufe des Vormittags ausdünnte und schließlich aus der Sicht verschwand.
    Kein grüner Halm würde dort mehr zu finden sein, wo das Heer entlanggezogen war, wusste Ada. Die Erde würde aussehen wie gepflügt.
    Sie war von der Verhandlung erschöpft, als hätte sie zwei Tage lang Wäsche gewaschen, aber stolz war sie bei aller Furcht und Sorge ebenfalls. Hauptmann Jonsson hatte ein Drittel weniger von ihr bekommen als die Obergrenze, die sie veranschlagt hatte. Ob sie damit für Lenz etwas Nützliches bewirkt hatte, war ungewiss, aber zumindest hatte sie den Schweden keinen Anlass gegeben anzugreifen.
    Sie ließ die Wachen ablösen und gab Tilde Flügge Entwarnung, die noch mit den Kindern in der Küche gewartet hatte. Nur für eine kurze Weile wollte sie sich danach in ihr Zimmer zurückziehen und sich etwas herrichten.
    Sie fand sich mit der Haarbürste in der Hand am Fenster stehend wieder und war für lange Zeit nicht in der Lage, sich zu rühren. Was hätten die Schweden getan, wenn die hohe Mauer nicht gewesen wäre? Wenn sie gewusst hätten, was für ein jämmerliches Häuflein Menschen hinter dieser Mauer lebte?
    Sie wünschte, sie hätte gewusst, wie man ficht und schießt. Aber das war natürlich Unsinn. Nur gegen Halbwüchsige und Schwächlinge hätte sie im Kampf bestehen können, auch wenn sie gewusst hätte, wie man mit Waffen umging. Eine Muskete konnte auch einen kräftigen Schützen umstoßen, wenn er nicht Acht gab. Das Waffenhandwerk musste von Jugend an geübt werden, für eine Frau galt das umso mehr.
    Einer gewöhnlichen Frau blieben Zähne, Fingernägel und verborgene Messer. Und das Erdulden.
    Aber mehr blieb auch einem Mann in einem feindlichen Lager nicht. Ihre Brust krampfte sich zusammen, wenn sie daran dachte. Sie durfte sich nicht

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