Herz dder Pflicht
Geduldsfaden riss. Der Druck, unter dem er stand, seit er wusste, dass Roger Waters ihn völlig in der Hand hatte, und seine Angst, jeden Augenblick verhaftet werden zu können, wurden zu groß. Dazu kam obendrein der Anschlag auf sein Leben sowie die Anwesenheit des Betrügers in seinem Haus.
Er schlug mit beiden Fäusten auf den Schreibtisch, bevor er den Kopf sinken ließ und das Gesicht in den Händen barg. Er fürchtete, falls er noch eine weitere ausweichende Antwort hören musste, reif für das Irrenhaus zu sein.
Ohne etwas zu äußern, stand Richard ganz ruhig da. Sein Gegenüber befand sich offenbar am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
Schließlich hob William den Kopf. Tränen rannen ihm über die Wangen. „Sie haben ja keine Ahnung, was ich durchmache“, sagte er mit undeutlicher Stimme. „Zu allem anderen wurde heute Nachmittag ein Anschlag auf mein Leben verübt – jemand hat auf mich geschossen. Außerdem steht mir bevor, in Old Bailey zu landen und, wenn die Dinge schlecht laufen, wegen Landesverrats verurteilt zu werden. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und kenne niemanden, der mir helfen kann.“
„Reden Sie mit mir“, drängte Richard. „Warum will man Sie umbringen, und weshalb fürchten Sie, in Old Bailey eingekerkert zu werden?“
„Aus welchem Grund sollte ich Ihnen davon berichten?“, fragte William. „Wie könnten Sie mir helfen?“
Richards Gedanken überschlugen sich. Er improvisierte schneller, als er das jemals zuvor getan hatte. William musste ihm vertrauen, bevor er ihm auch nur einen Teil der Wahrheit, den Grund für seine Anwesenheit in Compton Place, verriet.
„Warum nicht?“, erwiderte er und beugte sich vor, beide Hände um die Kanten des Schreibtischs gelegt. „Warum nicht, William?“
In Williams Gesicht arbeitete es. Unter Richards zwingendem Blick vermochte er die Augen nicht abzuwenden. Schließlich begann er zu reden. Dass sein Versuch, am Spieltisch Geld zu gewinnen, fehlgeschlagen war, und er auch das letzte bisschen verloren hatte, das er besaß. Und dass er aufgrund der Schulden, die er bei seinen verzweifelten Bemühungen, seine Verluste wieder wettzumachen, angehäuft hatte, Vater und Sohn Waters in die Fänge geraten war.
„Wenn ich gewusst hätte, dass sie dem Feind Guineas verkaufen, wäre ich nie auf das Angebot der beiden eingegangen. Getränke und Tabak ins Land zu schmuggeln ist eine Sache, Bonaparte bei seinem Krieg zu helfen, etwas anderes. Das ist Landesverrat, dafür kann ich gehängt werden, und Compton Place würde der Krone zufallen. Wir leben seit der Eroberung durch die Normannen auf diesem Land, und in folge der Dummheit meines Vaters und meiner eigenen werden wir möglicherweise alles verlieren.“
Richard bemühte sich, so ruhig wie möglich zu sprechen, und stellte eine Frage, auf die er die Antwort bereits kannte. Doch es war notwendig, dass William selbst ihm alles gestand. „Warum bedrohen die Waters’ Sie, Compton?“
„Als ich erklärte, ich wolle mich aus dem Syndikat zurückziehen, lachten sie mich aus und meinten, ich würde viel zu tief drinstecken, so dass man mich nicht gehen lassen könne.
Dummerweise habe ich den Versuch gemacht, ihnen zu drohen. Wenn sie nicht einverstanden wären, sagte ich, würde ich das Innenministerium oder den Lord Lieutenant der Grafschaft über ihre Aktivitäten informieren. Daraufhin kündigten sie mir an, dass ich um mein Leben fürchten müsse, falls ich etwas Derartiges täte. Da mir bekannt ist, dass sie bereits andere Leute umgebracht haben, die versuchten, sie zu betrügen oder auszusteigen, war mir klar, dass sie es ernst meinten. Sie teilten mir überdies mit, dass ich bei der nächsten Lieferung am Strand sein und beim Laden und Entladen helfen müsse. Andernfalls würde es mir schlecht ergehen.“
William wrang die Hände. „Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.“
„Warum informieren Sie nicht die Behörden und bitten um Schutz?“
„Weil einige Leute dort im Sold der Waters’ stehen. Das haben sie mir selbst erzählt. Und ich weiß nicht, um wen es sich handelt. Vielleicht würde ich dadurch mein Todesurteil unterschreiben, falls ich das nicht bereits getan habe. Oh mein Gott, gibt es denn niemand, der mir helfen kann?“
„Versuchen Sie es doch mit mir“, schlug Richard freundlich vor. „Warum bitten Sie nicht mich um Hilfe?“
Langsam sah er einen Ausweg für den unglücklichen Mann. Wenn William ihm alles erzählte, was er wusste, und mit ihm, Sadler
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