Herz des Himmels (German Edition)

Weltbild zu verändern? Dass es überhaupt möglich war, solch einen Zauber zu wirkten, überraschte Kaithlyn und wirkte gleichzeitig bedrohlich auf sie. Niemand sollte eine solche Kunst der Manipulation ausüben können.
    „Die Meine“, antwortete Razzu. Das Einzige, was er bewegte waren seine dünnen Lippen. Kaithlyn musterte ihn. Die Friedfertigkeit war aus seinem Gesicht gelöscht. Er streckte den Rücken durch, was seine Haltung noch steifer wirken ließ, atmete mehrmals durch die Nase aus und bewegte seine Fingerspitzen in fließenden Bewegungen. Dann öffnete er die Augen, richtete sie feixend auf seine neue Schülerin. „Bitte setzten Sie sich.“
    Kaithlyn beäugte misstrauisch den Boden. Er stellte sie auf die Probe. Ohne ein Wort zu sagen, setzte sie sich in der gleichen Position ihm gegenüber. Bereits nach wenigen Minuten wurde ihr klar, dass ihre erste Unterrichtsstunde alles andere als bequem werden würde.
    „Sagt Ihnen die Geschichte des Ursprungs etwas?“
    „Mein Großvater hat sie mir erzählt. Die Legende von Blaze Karacord.“
    „Nun“, begann er und sein Tonfall klang scharf und kalt. „Heute gibt es keine genaue Überlieferung der Legende mehr, es ist nicht mehr als ein Märchen, für Kinder niedergeschrieben. Eine Erzählung, so wie sie ihr Großvater Ihnen vermittelt hat – zumindest nehme ich das an – wird der eigentlichen Geschichte durchaus gerechter werden. Das ist die Magie der Zeit, sie lässt Details verschwinden, reißt Löcher in Erinnerungen und Erzählungen. Es ist bedauernswert, dass der Drachenclan nicht mehr Wert auf die eigentlichen Tatsachen legt.“
    „Sie halten nicht besonders viel von der Legende“, stellte Kaithlyn fest. Meister Razzu überraschte sie, indem er fast verschmitzt lächelte. Seine Mundwinkel zuckten seltsam.
    „Nein, Miss Hayworth. Es gibt jedoch ein uraltes Dokument, das die grundlegenden Dinge dieser Erzählung unterstützt. Ich für meinen Teil denke jedoch, das einige Ihrer Nachfahren die Handlungen des Jungen glorreicher haben erscheinen lassen, als sie waren.“
    Glorreich? Kaithlyn seufzte.
    „Es war eine Art von Selbstlosigkeit dem Drachen zu helfen“, sagte sie, redete Razzu dabei aber nicht direkt an. Es war mehr, ein Gedanke, der ihr durch den Kopf geschossen war.
    „So etwas wie Selbstlosigkeit gibt es nicht. Hinter jeder Handlung steckt der Funke eines Gedanken, der letzten Endes zu dem eigenen Vorteil führt.“
    „Sie meinen also, der Junge wusste, dass der Drache ihm Magie verleihen würde?“, fragte sie herausfordernd. „Das Blaze wusste, er würde den Grundstein für etwas Glorreiches legen?“
    Razzu hob beide Augenbrauen. „Sie müssen etwas begreifen, Miss Hayworth“, erwiderte er. „So wie jede Handlung, die Sie ausführen das zukünftige Geschehen auf die eine oder andere Weise beeinflussen wird und Sie nicht wissen werden, welche der beiden Seiten dies sein wird, so können Sie sich eines sicher sein: nur im Gegenzug für etwas, werden sie auch etwas erhalten.“ Razzu faltete die Hände in seinem Schoß. „Magie ist ein stetiges Nehmen und Geben. Sie müssen sich vor Augen führen, dass Magie dieser Regel folgt, so wie das Leben selbst.“
    Kaithlyn rutsche unruhig hin und her, doch unter dem strengen Blick des Lehrers bemühte sie sich wieder still zu halten. Ihre Beine fühlten sich bereits taub an. „Sie haben Mr Karrow geheilt.“ Die Aussage verblüffte sie. Meister Razzu hatte das tatsächlich mitbekommen?
    „Ja“, antwortete sie knapp. „Und sie haben ihn verletzt.“
    „Tatsachen“, sagte Razzu. „Wie haben Sie sich danach gefühlt?“
    „Anders“, fasste Kaithlyn die Gefühle zusammen. Sie begriff. „Die Magie, die ich eingesetzt habe, hat sich einen Teil von meinen eigenen Energiereserven zurückgeholt.“
    Genau wie damals, als sie zusammen mit Harlow gezaubert hatte.
    „Magie ist eine verborgene Energiereserve. Sie wird aus mehreren Anteilen ihrer eigenen Energie geboren und der andere Anteil stammt aus einer Quelle, die als Flaze bezeichnet wird. Viele Wissenschaftler glauben, dass jeder in der Lage ist eine bestimmte Magie zu wirken. Über die Jahre hat sich dies bewahrheitet, denn die einst reinen Blutlinien wurden über Jahrhunderte vermischt und Magie über so viele Generationen vererbt, dass es in der heutigen Gesellschaft, nur noch sehr wenige Magier gibt und viel mehr Magiewirker. So wie sich die Magie verändert hat, wird sie heute in zwei Arten aufgeteilt: Whyburnmagie und