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Herz des Winters (German Edition)

Herz des Winters (German Edition)

Titel: Herz des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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besser: jemand, dem dieser quasselnde Unheilbringer nie begegnet war.
    Die Klaue des Entsetzens, die ihr Herz umklammert hielt, lockerte sich ein wenig, als Berekh widersprach. „Das Mädchen brauche ich noch.“
    Enttäuscht schnalzte Kraja mit der Zunge und zog die Finger zurück, die sie nach Daenas Narben ausgestreckt hatte. „Dann wird die Sache teurer“, erklärte sie merklich kühler.
    „Was die preislichen Verhandlungen anbelangt“, begann Berekh in verschwörerischem Ton, „so bin ich sicher, dass wir uns einigen können. Es gibt da etwas … Aber warum führen wir dieses Gespräch nicht in gemütlicherem Rahmen. Unter vier Augen … sozusagen.“
    Sein tändelnder Unterton war offensichtlich nicht nur Daena aufgefallen. Sofort erschien wieder ein verführerisches Lächeln auf den Lippen der Nekromantin. „Natürlich, wie dumm von mir. So etwas bespricht man nicht im Foyer.“
    Sie klatschte in die Hände, woraufhin zwei weitere Frauen in dunklen Roben erschienen. Die Erste, mit Haut und Haaren in der Farbe von Alabaster, brachte ein schwarzes Samtkissen, auf das sie Daena bedeutete, den Schädel zu legen. Die andere, deren dunkler Teint den spitzen Ohren des Waldvolks widersprach, nahm ihr die Waffen ab. Sie übergaben das Kissen an Kraja und führten Daena mit festem Griff um ihre Oberarme auf eine Seitentüre zu. Sie wandte sich hilfesuchend nach Berekh um, doch dieser war in eine geflüsterte Unterhaltung mit der Äbtissin vertieft. Wohl oder übel musste sie sich fügen. Hinter ihr ertönte Krajas Lachen und jagte ihr einen eisigen Schauer den Rücken hinab.
    ***
    Um sie herum türmten sich Schädel. Vorwiegend menschliche, doch auch ein Troll, mehrere Kobolde, Nixen-und Schratartige hatten sich hier eingefunden. Sogar etwas, das verdächtig nach einem Schreckenswolf aussah und noch vieles, dessen Ursprung Daena sich nicht einmal vorstellen wollte. Stunden um Stunden befand sie sich nun schon in diesem Raum, starrte die Reihen von leeren Augenhöhlen an und zerbrach sich den Kopf, was außerhalb dieser Abstellkammer – etwas anderes konnte sie darin nicht sehen – vor sich gehen mochte. Und was mit ihr geschehen würde, sollte sie jemals wieder hier herauskommen.
    Vielleicht hatte man sie vergessen? Vielleicht bereiteten sie aber auch gerade ihre Verwendung als Spenderobjekt vor – was das bedeuten mochte, wollte sie lieber erst gar nicht wissen.
    In dem stillen, staubigen Zwielicht kam die Angst in Wellen, die immer größer wurden. Bald würden sie einfach über ihr zusammenschlagen, doch sie widerstand dem Drang, sich auch nur zu räuspern. Das letzte Mal, als sie Selbstgespräche in Gegenwart eines vermeintlich toten Schädels begonnen hatte, war sie – nun, letzten Endes hier gelandet. Und jetzt war hier eine ganze Sammlung von diesen Dingern. In etwas, das wohl das Hauptquartier der Nekromanten war.
    Also blieb sie stumm und reglos wie ein Stein, ignorierte die Furcht und die schmerzenden Muskeln so gut es ging.
    Und wartete.
    ***
    Irgendwann war sie wohl eingeschlafen, denn als sie einen Druck auf der Schulter spürte, musste sie erst einmal die Augen aufschlagen. Eine hagere Gestalt saß neben ihr, gewandet in eine schwarze Robe mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze. Gevatter Tod , war ihr erster Gedanke. Dann kam die Erinnerung daran, wo sie sich befand und damit die Erkenntnis, dass der Besucher zwar vermutlich menschlich, doch vielleicht zu einem ähnlichen Zweck hier war.
    Er legte einen Finger an die im Schatten verborgenen Lippen und nahm einen Kandelaber auf, den er hinter sich platziert hatte. Sich mit einer Hand an der Wand abstützend, erhob er sich und trat in die Tür, durch die das flackernde grüne Licht der Eingangshalle fiel. Dort wartete er, bis Daena ebenfalls auf die Beine kam, was angesichts ihrer von der unbequemen Haltung steifen Glieder nicht ganz einfach war. Sobald sie Anstalten machte, ihm zu folgen, verließ er ohne ein weiteres Wort die Kammer.
    Kurz war sie unschlüssig, aber da zu bleiben, wo sie war, auch keine Alternative darstellte, die sie ernsthaft in Erwägung zog, humpelte sie ihm schließlich nach. Obwohl er sich ein wenig unsicher bewegte, hatte er bis dahin die Halle bereits fast durchquert und ergriff soeben Krajas Hand.
    Die Nekromantin stand erhaben und imposant wie zuvor, auch wenn sie ein wenig blasser um die hübsche Nase wirkte. Das Lächeln allerdings, das um ihre Lippen spielte, war eindeutig triumphierend – was nach Daenas Auffassung

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