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Herz im Zwiespalt (German Edition)

Herz im Zwiespalt (German Edition)

Titel: Herz im Zwiespalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Alge
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roten Rock. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie mit einem bunten Band zurückgebunden, was ihre stolzen Gesichtszüge deutlich hervorhob.
    Lizz war sich sicher, noch nie eine schönere Frau gesehen zu haben. In all diesem Trubel barg ihre Reglo-sigkeit beinahe etwas Mystisches. Die junge Frau strahlte eine sonderbare Schwermut aus, die Lizz ungewöhnlich tief berührte. Sie war so ernst, beinahe andächtig. Sie stand einfach reglos da und blickte zu den Baumkronen hinauf. Ganz so, als erwarte sie irgendein für alle anderen unsichtbares Zeichen.
    »Sieh doch, Lizz, ist dieses Blau nicht einfach herrlich?«, rief Annabella erfreut und zeigte stolz ihr soeben erstandenes Schultertuch.
    Als Lizz den Kauf gebührend bewundert hatte, schaute sie wieder zu der jungen Zigeunerin hinüber. Die kleine Plattform war leer.
    Lizz summte eine fröhliche Melodie vor sich hin, die sie bei den Zigeunern gehört hatte, und genoss die Ruhe, die sie in dem langen Korridor willkommen hieß. Sie freute sich ungemein auf den heutigen Abend. James hatte versprochen, dass er sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen würde.
    Lizz war kaum zehn Schritte von ihrer Tür entfernt, als sie plötzlich mitten im Schritt verharrte. Was war denn das gewesen? Sie blickte sich verwirrt um, doch der Korridor war menschenleer. Nur die Fackeln in den Wandhalterungen warfen züngelndes, warmes Licht an die mit Wandteppichen verkleideten Wände. Da war es wieder. Ein leises, verzweifeltes. Schluchzen. Es kam aus einiger Entfernung.
    »Bitte, Mylord, so lasst mich doch gehen«, flehte eine weinerliche Frauenstimme.
    »Ich werde dich Demut lehren, Dirne. Dein Körper ist voller Sünde. Schenk ihn mir und du wirst erlöst werden«, drohte eine Männerstimme.
    Im selben Moment begriff Lizz, was hier vor sich ging, und blinde Wut stieg in ihr hoch. Amelies geschundener Körper tauchte wie eine Warnung vor ihrem geistigen Auge auf und sie verfluchte die elende Lüsternheit aller Männer. Einer dieser blaublütigen reichen Bastarde von oben, wie Amelies Vater den Adel bezeichnete, versuchte also seine Macht an einem hilflosen Mädchen zu missbrauchen. Tiefer Groll und Scham erfassten Lizz. In ihren Augen war der Adel dazu verpflichtet, seinen Untergebenen beizustehen und sie zu beschützen. Und genau das würde sie auch tun.
    Ein erneutes Schluchzen erklang, gefolgt von einem hässlichen Geräusch, das von einer derben Ohrfeige zeugte.
    »Lass das, du Bastard«, rief Lizz wütend, hob die Röcke und eilte dem Geräusch entgegen. Wild entschlossen, diesem Wüstling eine Strafpredigt zu halten, die er so bald nicht wieder vergessen würde, riss sie einen roten Vorhang nach dem anderen beiseite.
    »Zeig dich, du Feigling«, rief sie und ihre Angst wuchs mit jeder Sekunde, die verstrich. Sie musste dem Mädchen helfen! Wenn sie nun zu spät käme ...
    Keine zehn Schritte vor sich entdeckte Lizz eine ruckartige Bewegung hinter einem der Vorhänge. Kaltes Entsetzen erfasste sie, als sie ein leises Röcheln vernahm, ganz so, als versuchte jemand verzweifelt, nach Atem zu ringen.
    Ohne nachzudenken, riss Lizz den besagten Vorhang bei Seite. »Lass augenblicklich das Mädchen in ...«
    Weiter kam sie nicht. Beinahe im selben Moment spürte sie etwas Hartes gegen ihre Brust schlagen. Ihr wurde ein so harter Stoß versetzt, dass sie quer durch den Korridor an die gegenüberliegende Wand prallte. Ein Schrei gellte auf, und durch den dichten Nebel des gleißenden Schmerzes erkannte Lizz, dass es ihr eigener war. Dann wurde es dunkel und sie sank bewusstlos zu Boden.

13
    George verharrte mitten im Schritt. Gelähmt vor Entsetzen musste er mit ansehen, wie ein zierlicher Frauenkörper mit voller Wucht gegen die harte Mauer prallte. Angst und Schmerz mischten sich in ihrem erstickten Schrei, bevor sie in einer Wolke aus gelbem Samt zu Boden sank. Die darauf folgende Stille ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
    »Was, zum Teufel...« Mit langen Schritten eilte er zu der reglosen Gestalt und kniete neben ihr nieder. Vorsichtig drehte er die bewusstlose Frau auf den Rücken und mit einem Mal fühlte er einen kalten Klumpen in seiner Magengrube.
    »Lizz?!«
    Sie rührte sich nicht.
    »Die Lady wollte mir zu Hilfe kommen«, schluchzte ein junges Mädchen verzweifelt und trat mit angstgeweiteten Augen aus der dunklen Nische hervor. »Sie wollte mir doch nur helfen ...«
    George registrierte die roten Würgemale um den schlanken Hals der Magd und nickte schweigend.
    »Ist

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