Herz in Gefahr (German Edition)
Tagen geschehen, zu viel an Dingen, die sie nicht verstand. Ihr Herz sehnte sich nach Ruhe und Geborgenheit. Wenn sie Matthews Gemahlin wurde, würde sie endlich Ruhe haben. Sie würde unbehelligt leben können, befreit von allen Sorgen, und sich endlich der Trauer um zwei geliebte Menschen hingeben können. Vielleicht würde sie bald ein Kind haben. Ein Kind, das sie heben konnte, ohne dass es sie enttäuschte oder ihre Liebe verriet. Ein Kind von Matthew, ihrem künftigen Gemahl, der ihr so unlieb war, dass es ihr gleichgültig war, was aus ihm wurde. Ein Kind nur wollte sie von ihm und dann konnte er tun, was immer ihm beliebte. Ja, das schien die Lösung all ihrer Probleme zu sein. Robin vergessen und alle Liebe in ihrem Herzen einem Kind schenken. Dieser Gedanke erschien ihr so tröstlich, dass sie tief aufseufzte und sich über ihren schlanken Leib strich, als trüge sie schon ein Kind unter dem Herzen. Sie war müde, so müde. Nur wenige Tage noch, dann würde sie endlich Ruhe haben. Helen stand auf und strich unbewusst, doch mit grenzenloser Zärtlichkeit über den rauen Stamm des Weidenkätzchenbaumes. Sie musste zurückzur Burg, um an der stillen Beisetzung von Margaret teilzunehmen.
Der Mond stand hell und silbern am Himmel. Es musste schon bald Mitternacht sein, die Vorbereitungen waren sicher schon abgeschlossen. Helen klopfte ihr Kleid sauber und lief langsam durch den Garten. Plötzlich verfing sich ihr Fuß, und sie strauchelte. Mit der Hand stützte sie sich an einem alten, ausgehöhlten Baum ab, um nicht zu fallen. Als sie ihr Gleichgewicht wieder gefunden hatte, bückte sie sich, um zu sehen, was ihren Fuß gefangen hielt. Sie tastete mit der Hand danach und fühlte Leder. Erstaunt befreite sie sich aus der Falle – und hielt ein Pferdehalfter in der Hand. Wie mag das wohl hierher gekommen sein?, fragte sie sich und sah aufmerksam zu Boden und dann langsam am Stamm des alten Baumes hinauf. Sie entdeckte eine geräumige Höhlung, griff vorsichtig mit der Hand hinein und zog das restliche Zaumzeug daraus hervor. Unter einem dichten Busch, der sich an den abgestorbenen Baumstamm schmiegte, fand sich auch noch ein Sattel. Im selben Moment hörte sie vom Burgfriedhof, der über ihr lag, Stimmen. Sie ließ Sattel und Zaumzeug unter dem alten Baum liegen und lief schnell den Hügel hinauf, um rechtzeitig zum Begräbnis ihrer Kinderfrau da zu sein.
Auf dem Friedhof hatten sich unterdessen der alte Lord, der Rittmeister, Sir Matthew und natürlich Pater Gregor eingefunden. Die Zeremonie wurde mit allen Ehren durchgeführt und ähnelte ganz dem Begräbnis des kleinen Andrew, auf dessen Grab die Blumen gerade die ersten welken Spitzen zeigten. Die Turmuhr der Dorfkirche hatte eben zur Mitternacht geschlagen, als Margaret schließlich in der Erde ruhte. Der Rittmeister und Matthew schaufelten in aller Eile das Grab zu, dann begaben sich alle in ihre Gemächer.
Helen lag in ihrem Bett und sah durch das Fenster auf die silberne Scheibe des Mondes. Obwohl ihr beinahe schon schlecht war vor Müdigkeit, wollte der Schlaf nicht kommen. Unruhig wälzte sie sich hin und her, doch sie fand keine Ruhe.
Erst als die ersten Hähne zu krähen begannen und die Morgendämmerung leise heraufzog, schlief sie endlich ein. Im Traum sah sie einen Reiter auf einem großen schwarzen Pferd auf sich zu galoppieren. Ein Windstoß riss dem Mann die Kapuze vom Kopf, und erfreut sah Helen, dass es Robin war, der da in rasender Eile auf sie zukam. Sie breitete die Arme aus und wollte ihm entgegeneilen, doch vor ihren Augen verwandelte sich Robin plötzlich in Matthew. Er war nur noch einige Schritte von ihr entfernt. Hastig sprang Helen zur Seite, um dem Pferd auszuweichen, da hob Matthew die Hand zum Schlag. Er holte aus, und Helen sah in der Sonne einen blutroten Ring glitzern. Eine Erinnerung durchschoss ihr Gehirn wie ein Blitzschlag. Doch bevor sich diese Erinnerung in Erkenntnis verwandeln konnte, wachte Helen schweißgebadet auf. Sie sah sich in ihrem Turmzimmer um, als wüsste sie nicht, wo sie sich befand. Für einen Augenblick war sie verwirrt. Doch je mehr sich der Traum aus ihren Gedanken stahl und mit der Wirklichkeit vermischte, desto mehr versanken die Erinnerungen an ihn in ihrem Unterbewusstsein. Zurück blieb nur das Wissen, etwas überaus Wichtiges gesehen zu haben, für einen kurzen Moment den Schlüssel des Geheimnisses um Andrews Tod in den Händen gehalten und dann doch wieder verloren zu haben. Sie hatte eine
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