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Herz in Not

Titel: Herz in Not Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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sein, vermutete er, während er das Siegel brach, die Jacob dazu gebracht hat, mich bei diesem Schneeregen in meinem Klub aufzusuchen. David überflog die Zeilen, zog erstaunt die Brauen hoch und lächelte zufrieden. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück, las die Nachricht noch einmal und begann herzhaft zu lachen.
    Jacob schüttelte unmerklich den Kopf. Bislang hatte er Lord Courtenay für einen wohltätigen Menschen gehalten - nicht für jemanden, den das Unglück seiner Mitmenschen freut. Gewiss, er war erbarmungslos, wenn es um seine Geschäfte ging, insbesondere, wenn man versuchte, ihn zu betrügen. Andererseits konnte er überaus großzügig sein. William Branch - nicht einmal ein guter Freund, der zu oft beim Würfelspiel verlor - hatte der Viscount vor dem Schuldturm bewahrt. Unzählige Mätressen waren generös abgefunden worden. So viele, dass Jacob jedes Mal ärgerlich schimpfte, wenn er sich um diese Ausgaben kümmern musste.
    Ein Unglück, dass der Familie seines Cousins widerfuhr, gab Lord Courtenay Anlass zur Freude? Jacob konnte es nicht fassen. Er hatte von dem Feuer gehört, das ein Lagerhaus am East India Dock vernichtet hatte. Und auch davon, dass Mrs. Hart völlig verarmt war. Vielleicht fände der herzlose Teufel die Sache nicht mehr so amüsant, wenn die Witwe ihn um Unterstützung bitten würde, überlegte Jacob, während er die harten Züge seines Arbeitgebers studierte.
    David Hardinge hatte die Pokerrunde bei White’s verlassen, sich von Richard Du Quesne und den anderen Bekannten verabschiedet und eilte durch den kalten Nieselregen zurück zum Beauchamp Place. Seine Gedanken würden seinen Sekretär überrascht haben, der versuchte, mit dem Viscount Schritt zu halten. David erfreute sich durchaus nicht gehässig an Victorias Unglück.
    In den ersten Wochen nach ihrem Wiedersehen hatte er versucht, Victoria wieder aus seinem Gedächtnis zu löschen. Nachdem er sich schließlich wütend eingestanden hatte, dass er sie nicht wieder vergessen konnte, hatte er sich wochenlang gequält, einen plausiblen Grund zu finden, mit Victoria Hart in Kontakt zu treten und ihr seine Hilfe anzubieten. Schließlich war er zu dem Schluss gekommen, nach Hartfield zu reisen. Das erübrigte sich nun. Nach dem, was er gerade erfahren hatte, würde sie sogar bereitwillig auf seine Vorschläge eingehen -das war es, was ihn so amüsierte und zugleich skeptisch machte. Der Wunsch, Victoria zu besitzen, bis die Angelegenheit für ihn ihren Reiz verlor, war schon fast zur fixen Idee geworden. Deshalb zeigte er so wenig Mitgefühl für ihren baldigen Bankrott. Ihm kam er zupass, und ihr würde er nicht zum Nachteil gereichen. Am Ende würde sie wohl versorgt sein - wie alle seine Mätressen.
    Seine harten Gesichtszüge wurden weicher bei dem Gedanken an ihre zarte Schönheit. Trotz ihres Kummers am Tage der Beerdigung hatte Victoria Haltung bewahrt, war bewunderungswürdig beherrscht mit den Dienstboten und ihrem unzurechnungsfähigen Vater umgegangen. Selbst mir ist sie souverän begegnet, ihre Einladung länger zu bleiben war ehrlich gemeint, überlegte David. Stolz ist sie, dachte er wehmütig, als er sich an ihr reserviert höfliches Auftreten erinnerte und daran, wie verletzlich sie ihm erschienen war. Erst im Gasthaus zum Schwan hatte er sich widerwillig eingestanden, dass er vor ihr davongelaufen war. Keine andere Frau hatte ihn jemals so durcheinander gebracht wie Victoria, hatte gleichzeitig seine Begierde und seine Fürsorge entfacht.
    Jacob murmelte etwas Unverständliches, als er neben sich abermals ein unterdrücktes Lachen vernahm. Er rannte voraus, die Stufen zu Lord Courtenays Residenz hinauf. Ungeduldig pochte er an der Tür des prächtigen Portals, während er zurückblickte. Seine Lordschaft schlenderte durch den eiskalten Nebel, als sei es ein Sommertag, die Hände tief in den Taschen vergraben, ein undefinierbares Lächeln auf den Lippen.
    „Das Schicksal ist uns hold!“ verkündete Tante Matilda aufgeregt, als sie zwei Tage später ins Esszimmer kam.
    Victoria sah ihre Tante fragend an, während sie Tee und Toast vor ihrem Vater auf dem Frühstückstisch zurechtrückte. Dann hob sie die Serviette vom Boden auf, legte sie neben den Teller und schenkte schließlich der Tante ihre volle Aufmerksamkeit.
    Matilda wedelte aufgeregt mit einem Brief. „Schau mal, was mit der Express-Post gekommen ist. Wenn das kein Zeichen ist! Hier, lies es selbst!“ befahl sie. „Charles, wag es nicht!“

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