Herz in Not
glühenden Holzscheite im Kamin. „Tausend sollen Sie ihm gegeben, nur fünfhundert für sich behalten haben.“ „Der Mann war schwindsüchtig“, erklärte David ärgerlich, ohne aufzusehen. „Schien mir nur gerecht, dem Duke of Wellington seine fünfzehnhundert Pfund abzunehmen.“
„Ist das wahr?“ entfuhr es Victoria.
David drehte sich abrupt um, machte ein paar Schritte vorwärts, blieb stehen, als traue er seinen Augen nicht. „Du siehst hinreißend aus!“ Victoria errötete. „Ist es wahr?“
„Was möchtest du hören, Vicky?“
Die Worte erinnerten Victoria an seine nächtlichen Schwüre, und das Rot auf ihren Wangen wurde noch intensiver. Dann bemerkte sie Beresford, der leise näher kam. „Ich werde nachsehen, ob mein Vater wach ist und mit uns essen will“, versuchte sie abzulenken. Doch als sie gerade gehen wollte, kam Samuel. Mit einer tiefen Verbeugung meldete er: „Es kann serviert werden, Ma’am. Mr. Lorrimer speist auf seinem Zimmer.“ Galant bot David Victoria seinen Arm, und Mr. Beresford bemühte sich, ähnliche Eleganz gegenüber Matilda Sweeting zu beweisen.
Die Dienerschaft hatte sich selbst übertroffen! Man sah es ihren roten Gesichtern an, dass sie in der Küche ihr Bestes gegeben hatten. Sogar
Edith, die immer betonte, dass die Küche ihre einzige Domäne sei, hatte sich ein schwarzes Kleid von Sally geborgt und half beim Servieren. Victoria dankte es ihnen mit einem diskreten Lächeln, und die vier strahlten vor Stolz über ihre wunderschöne Herrin am Arm von Hartfields reichem Retter - wie sie David insgeheim nannten.
Die Früchte ihrer Arbeit standen auf dem gedeckten Tisch: verschiedene Gemüse, garniert mit Nüssen und Saucen, Gewürzgurken, zwei mittelgroße gedünstete Forellen, glasiert mit Stachelbeersoße, dampfendes Lammhaschee, mit Kräutern und Zwiebeln gewürzt, sowie ein gebratenes Huhn mit Kaperncremesoße. Auf dem Büfett waren diverse Käsesorten und kleine süße Kuchen für das Dessert angerichtet.
Fast gleichzeitig entdeckten Victoria und Samuel eine Feder zwischen den Kapern. Herrin und Diener tauschten einen kurzen Blick. Bedachtsam füllte Samuel die Weingläser, dann nahm er die Schüssel mit dem Huhn vom Tisch und ersetzte sie durch die Weinkaraffe. Als er die Schüssel an anderer Stelle wieder auf den Tisch stellte, war die Feder entfernt, und Victoria kicherte erleichtert.
Plötzlich verspürte sie wieder etwas von der sprühenden Lebenslust, die sie vor sieben Jahren gehabt hatte. Verstohlen sah sie zu David hinüber. Er lächelte sie liebevoll an, dann sah er zu Samuel auf. Der Blick, den die beiden austauschten, war erfüllt von gegenseitigem Respekt mit einem Hauch unterschwelliger Feindseligkeit. Victoria langte nach ihrem Weinglas, und Samuel beeilte sich, das Glas zu füllen - mit Wasser.
„Ein wirklich delikates Essen, Mrs. Hart“, lobte Beresford, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tupfte mit der Serviette seinen Mund ab. „Sie können sich glücklich schätzen, eine so talentierte Köchin zu haben.“
„Wahrlich“, gab Victoria höflich zu und dachte an Ediths Drohung, Hartfield zu verlassen.
„Die letzten Nächte waren ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit, Mylord“, meinte der Anwalt scheinheilig. „Haben Sie es heute Abend noch weit zu Ihrer Unterkunft?“
„Zum Schwan in St. Albans“, antwortete David barsch und blickte dabei in sein Weinglas.
„Ach, du kannst doch die Nacht wieder hier verbringen“, erklärte Victoria spontan. David sah sie amüsiert an. „Oh, ich verspreche dir ein eigenes Zimmer, ein Bett mit einer guten Matratze ...“ Alexander Beresford spitzte lustvoll die Lippen, ihre Tante hielt entsetzt die Luft an. „Ich meine ...“, versuchte Victoria errötend ihre unpassende Bemerkung zu erklären. „Ich wollte sagen, man wird dir ein Zimmer lüften und ein richtiges Bett machen ..."
„Das wäre nicht klug“, unterbrach David sie lächelnd.
Victoria sah ihn ängstlich an. Von seinen nächsten Worten hing ihr zukünftiges Glück ab! Es traf sie wie ein Schlag: Ich liebe ihn immer noch. Ich liebe ihn ... sein Reichtum interessiert mich nicht, ich will nur seine Liebe, seine ewige Treue.
„Es bringt Unglück, wenn Braut und Bräutigam vor der Hochzeit die Abende zu oft zusammen verbringen. Ein dummer Aberglaube ...“ Nur langsam verstand Victoria den Sinn der leise gesprochenen Worte.
„Hochzeit... ?“ wiederholten Alexander Beresford und Matilda Sweeting fast
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