Herzensstürme - Roman
aufgegeben und man gestattete ihm, seine Toten und Verwundeten mitzunehmen. Auch in der Burg lag so mancher Kämpfer aufgebahrt, noch mehr aber waren in der Obhut der Frauen, die ihre Wunden pflegten. Kendrick und Hamish, die beiden Gefangenen waren unter ihnen, auch Kelvin hatte einen bösen Hieb in die rechte Schulter davongetragen, und Gavin MacMorris verbiss sich mannhaft das Stöhnen, als Akira seine Wunde am Oberschenkel mit dem Saft des Salbei beträufelte. Auch Isla beteiligte sich an der Sorge um die Verwundeten, sie war schweigsam wie immer, doch ihr Blick war klar und sie schien wie von einem dunklen, bedrückenden Traum befreit. Lange saß sie bei Kelvin, legte ihm Kräuter und Verbände auf, brachte ihm Bier und fütterte ihn löffelweise mit süßem Haferbrei. Was die beiden miteinander redeten, war oft leise und kaum zu verstehen, doch Brianna, die sich um einen Kämpfer kümmerte, der neben Kelvin lagerte, glaubte herauszuhören, dass es dabei um die Zeit ging, als Isla noch ein Kind gewesen war.
Malcolm MacDean war im Kampfgetümmel schwer vom Pferd gestürzt, denn nicht nur sein Arm, auch das rechte Bein war seit seiner Verwundung
lahm. Dennoch hatte er mit diesem letzten Kraftaufwand sein Ziel erreicht, das Auftauchen einer zweiten schottischen Ritterschaft hatte Crow den Mut genommen, die Engländer hatten aufgegeben.
Auf Connor gestützt stand der alte Clanchief lange vor dem Leichnam seines Sohnes Gordon, den man in der Halle mit den übrigen Opfern der Schlacht aufgebahrt hatte. Es war nicht Connor gewesen, der seinen Bruder erschlug, denn der Ansturm von Gavins Rittern hatte den Kampf der Brüder unterbrochen. Sie waren getrennt worden, und Gordon hatte irgendwo im Schlachtgewühl den tödlichen Hieb empfangen, niemand wusste, wer ihn geführt hatte, ob es ein Schotte oder ein Engländer gewesen war. Malcolms Gesicht war reglos, während er auf den toten Sohn blickte, Connor aber weinte um seinen Bruder.
»Er soll auf den Friedhof von Glenworth Castle beerdigt werden, Vater«, forderte er. »Was immer er auch getan hat - er bleibt mein Bruder, und ich habe ihn geliebt.«
Schweigend hatte der alte Malcolm sich abgewendet, er würde Connor diesen Wunsch erfüllen, schon um Cajas willen, die beide Söhne mit der gleichen mütterlichen Liebe umfangen hatte. Connor führte den Vater hinauf in das Gemach des Burgherrn, damit er ausruhen konnte, dann begab er sich in Briannas Obhut, denn sie hatte darauf bestanden, seine Wunden zu versorgen.
Gavin MacMorris war trotz seines verletzten Beines überall auf der Burg zu sehen, der Sieg über die Engländer hatte ihn derart mit Stolz und Begeisterung erfüllt, so dass er nicht zur Ruhe kam. Er humpelte herum, sorgte dafür, dass die Wachen auf den Türmen aufmerksam blieben, lobte die Taten seiner
Kämpfer, teilte Geschenke aus, tröstete die Verwandten der Gefallenen, ermutigte die Verwundeten. Erst als man im Hof schon die Fackeln anzündete, schleppte er sich erschöpft in sein Gemach, öffnete die Fenster, um besser in den Burghof hinabsehen zu können, und ließ sich endlich neben Malcolm auf einem Stuhl nieder.
»Du solltest dich ausruhen«, bemerkte Malcolm lächelnd. »Deine Wunde wird nicht besser, wenn du herumrennst wie ein aufgescheuchter Hahn. Nicht, dass es dir so geht wie mir …«
Er schlug mit der linken Hand gegen sein lahmes Bein, aber Gavin hatte für diese Mahnung nur ein müdes Grinsen.
»Ach was! In zwei Wochen ist die Wunde geheilt. Denkst du, ich will humpeln wie ein Gnom, wenn ich Connor meine Schwester zuführe?«
Malcolm nickte zufrieden,
»Diese Hochzeit wird bekräftigen, was längst eine Tatsache ist, Gavin. Wir Schotten sind nur gemeinsam stark, der Tag wird kommen, an dem wir die verfluchte englische Herrschaft abschütteln. Isla wird einen guten Ehemann bekommen …«
»Nicht Isla«, unterbrach Gavin, der es nicht lassen konnte, vom Fenster aus den Burghof zu überwachen.
»Nicht Isla?«
»Nein Malcolm. Isla ist nicht die Braut. Connors Braut steht dort unten, wenn du dich von deinem Stuhl erhebst, kannst du sie im Schein der Fackeln sehen.«
Malcolm hatte Mühe beim Aufstehen und obgleich Gavin selbst unsicher auf den Füßen stand, griff er rasch zu, um ihn zu stützen. Nebeneinander lehnten sie über die gemauerte Fensterbrüstung.
»Ich sehe nur die blonde Bardin, die dort bei Connor steht«
»Du siehst ganz recht, Malcolm. Brianna MacMorris ist Connors Braut.”
Malcolm senkte unwillig die
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