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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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genannt.«
    Marcy lachte.
    »Jedenfalls habe ich dann eines Tages beschlossen, dass es Zeit wurde, das Haus zu verkaufen. Ich meine, Kathy und ich hatten schon seit Jahren darüber gesprochen. Die Kids waren mehr oder weniger selbstständig, wofür brauchten wir ein so großes Haus, die üblichen Diskussionen halt. Und nach Kathys Tod hauste ich allein in sieben leeren Zimmern. Es war an der Zeit, nach vorne zu schauen.«
    »Raten einem Experten nicht, dass man bis mindestens ein Jahr nach dem Tod eines Ehepartners keine weitreichenden Entscheidungen treffen sollte?«
    »Wenn nicht, sollten sie es jedenfalls tun. Aber es ist schwer, auf die Stimme der Vernunft zu hören, wenn man gerade völlig irrational reagiert. Und Makler sind auch keine Freunde längeren Nachdenkens.«
    »Das heißt, Sie haben Ihr Haus verkauft?«
    »Nein. Ich habe meine Immobilienmaklerin geheiratet.«
    »Was?«
    »Ja, Sie haben richtig gehört. Der gute, alte, verlässliche und vormals vernünftige Vic Sorvino hat Hals über Kopf eine Frau geheiratet, die fünfundzwanzig Jahre jünger war als er, eine Frau, die er kaum drei Monate kannte, kein halbes Jahr, nachdem seine geliebte Frau verstorben war. Er ist nach Las Vegas geflogen, ohne jemandem davon zu erzählen oder auch nur einen Ehevertrag abzuschließen, und die Ehe war ein totales Fiasko von dem Augenblick an, in dem er ›Ich will‹ gesagt hat und sie im Grunde ›Ich nicht, zumindest nicht mit dir‹. Ein halbes Jahr später haben wir uns auf eine Scheidung verständigt, und sie hat unter anderem das Haus bekommen, was sie jetzt übrigens wieder zum Verkauf anbietet.«
    »Was Makler nicht alles machen, um einen Abschluss zu kriegen.« Jeder hatte eine Geschichte, staunte Marcy über das eben Gehörte.
    »Trauer lässt uns seltsame Dinge tun«, sagte er.
    Marcy stimmte ihm stumm zu. »Tut mir leid. Ich wollte nicht flapsig sein. Geht es Ihnen jetzt besser?«
    »Sagen wir, ich erhole mich allmählich. Es ist wie bei einem Alkoholiker, nehme ich an. Ich glaube nicht, dass wir den Tod eines geliebten Menschen je ganz verwinden. Wir lernen nur, mit seiner Abwesenheit zu leben.«
    »Tun wir das?«
    »Haben wir eine andere Wahl?«
    Marcy wandte den Kopf und sah erleichtert, dass der Kellner mit ihrem Essen kam.
    »Vorsicht, heiß«, sagte er, als er ihre Teller auf den Tisch stellte.
    »Sieht gut aus«, sagte Vic und atmete den aufsteigenden Dampf ein.
    Marcy machte sich sofort über ihren Shepherd’s Pie her. »Köstlich«, sagte sie.
    »Ich glaube, ich sollte mich entschuldigen«, sagte Vic.
    »Wofür?«
    »Dafür, dass ich die Unterhaltung den ganzen Abend allein bestreite.«
    »Es war faszinierend.«
    Vic zuckte die Achseln. »Erzählen Sie mir mehr von sich.«
    »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Mein Mann hat mich für eine der Golflehrerinnen aus unserem Country Club verlassen. Sie hatte ein niedrigeres Handicap als ich«, fügte sie hinzu und spürte, wie ihr bemühtes Lächeln gefährlich um ihre Lippen zitterte.
    »Wie lange waren Sie verheiratet?«, fragte Vic.
    »Fast fünfundzwanzig Jahre. Diese Reise sollte unsere zweite Hochzeitsreise werden. Das hat wohl nicht so recht geklappt.«
    »Also sind Sie alleine gekommen. Das ist sehr …«
    »Dumm?«
    »Ich wollte sagen ›mutig‹.«
    »Ich glaube, das ist ein Wort, mit dem mich nicht allzu viele Menschen beschreiben würden.«
    »Dann ist es verwunderlich, wie sehr sich die Menschen irren können.«
    »Ja«, stimmte Marcy ihm zu. Es war verwunderlich, wie sehr sich die Menschen irren konnten.
    »Haben Sie Kinder?«, fragte er.
    »Ja. Zwei.«
    »Jungen? Mädchen?«
    »Eins von beidem. Darren ist neunzehn, ein großer, hübscher Junge. Er möchte vielleicht Zahnmedizin studieren, genau wie sein Vater. In diesem Sommer arbeitet er als Betreuer in einem Feriencamp.«
    »Klingt nett. Und Ihre Tochter? Was macht die so?«
    »Devon ist einundzwanzig oder nein, eigentlich wäre sie jetzt fast dreiundzwanzig«, verbesserte Marcy sich sofort.
    Vic legte den Kopf zur Seite und überspielte seine offensichtliche Verwirrung. »Devon ist das Mädchen, das Sie heute Nachmittag zu sehen geglaubt haben?«
    »Ich habe sie gesehen.«
    »Ihre Tochter ist hier in Irland?« Diesmal gab er sich keine Mühe mehr, seine Verwirrung zu überspielen.
    »Sie reist den Sommer über durch Europa«, sagte Marcy. »Ich wusste nicht, dass wir beide gleichzeitig hier sein würden, bis ich sie heute Nachmittag gesehen habe. Ich nehme an, sie hat ihre Pläne in

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