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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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Hals gehetzt hast, damit du dich anschließend groß in Szene setzen kannst?“ Vincents Miene drückte pure Abscheu aus, während er sich abwandte, um sich um Celiska zu kümmern.
    Nils sah ihm tatenlos zu und kaute dabei unsicher auf seiner Unterlippe herum. Auch wenn er es hasste, dem Bruder Recht zu geben, musste er sich eingestehen, dass er zumindest einen kleinen Teil Schuld an dem ganzen Schlamassel trug. Nein, er hatte den Schlüssel nicht weitergegeben – das Ding lag seit ewigen Zeiten unter einem Blumentopf für jeden bereit, der von dem Versteck wusste und die Hütte nutzen wollte. Aber er hätte besser auf Celiska aufpassen müssen, schalt er sich selbst. Sie schien tatsächlich sensibler zu sein, als er gedacht hatte. Trotzdem … Was ging es Vincent eigentlich an, wie er seine Verlobte behandelte? Wieso mischte er sich überhaupt ein? Schließlich ging es doch nicht um dessen zukünftige Frau!
    „Lass die Finger von ihr“, stieß er wütend hervor. „Sie ist mei…“ Mitten im Wort brach er ab, weil der Bruder wie angestochen hochfuhr und augenblicklich eine drohende Körperhaltung einnahm.
    „Was? Was ist sie wirklich für dich?“ Vincents Blick war finster und drohend. „Ein Spielzeug? Eine Puppe vielleicht, die du nach Belieben herum schubsen kannst, wie es dir gerade gefällt? Das sieht dir ähnlich. Du bist genau wie dein Vater! Ihr wollt alles haben, was ihr seht. Dabei spielt es keine Rolle, ob andere Menschen dabei vor die Hunde gehen. Ihr sucht nur euren Spaß, nicht wahr? Du machst es ihm jetzt nach, indem du die Kleine genauso behandelst wie er meine Mutter!“ Sein Zorn kannte keine Grenzen.
    Doch im Grunde hatte seine verbale Attacke nichts mehr mit Celiska zu tun, auch wenn ihr Zustand der Auslöser dafür war, dass sich seine lang angestaute Wut und Hilflosigkeit gegen den verhassten Stiefvater jetzt Bahn brach: In all den Jahren hatte er zusehen müssen, wie man seine Mutter systematisch umkrempelte, ohne Rücksicht auf ihre Wünsche zu nehmen. Mittlerweile war aus einer lebenslustigen, fröhlichen und liebevollen Frau ein seelisches Wrack geworden, das weder Freude noch spontane Gefühle zu kennen schien. Stattdessen erschien sie kalt und verbittert. Allein ihre reife Schönheit hielt sie noch aufrecht, obwohl auch diese nun zu schwinden drohte, weil sie sich mit ständig wachsendem Alkoholkonsum zu betäuben suchte und damit nicht nur ihre Gesundheit ruinierte.
    „Du widerst mich an!“ Wenn es nach Vincent gegangen wäre, hätte er dem kleinen Bruder jetzt am liebsten eine ordentliche Abreibung verpasst. Da sie aber längst aus dem Alter heraus waren, wo Zwistigkeiten durch den Ausgang einer Rauferei entschieden wurden, mahnte er sich zur Vernunft, zumal es ohnehin Zeit war, dass er etwas Sinnvolles tat. „Celiska ist zwar deine Braut, aber ich werde sie jetzt mitnehmen und erst einmal zu einem Arzt fahren. Und du wirst mich nicht daran hindern. Erstens ist sie völlig unterkühlt und zweitens braucht sie wahrscheinlich jede Hilfe, die sie bekommen kann. So wie die Sache nämlich aussieht, hat man sie so weit gebracht, dass sie wie ein wildes Tier reagiert, das sich bedroht fühlt!“ Er wandte sich von Nils ab und nahm nun dessen Freund ins Visier. „Und dir rate ich, das Maul zu halten“, drohte er mit tödlichem Ernst. „Falls du nämlich auf die Idee kommen solltest, Anzeige zu erstatten, zerre ich persönlich dich und deine Kumpel vor den Kadi. Mal sehen, was mehr Aufsehen erregt. Körperverletzung, die aus Notwehr begangen wurde? Oder Entführung und seelische Misshandlung eines unschuldigen Mädchens!“

14
    Die junge Frau schlug die Augen auf, nur um sie sofort wieder zu schließen. Sie befand sich in einem hellen Zimmer des Stadtkrankenhauses, doch für ihren verwirrten Geist war es in diesem Augenblick der Vorhof zur Hölle.
    Statt sich in der schützenden Dämmrigkeit einer Klosterzelle wieder zu finden, meinte Celia, in einem riesigen Eis-Saal gefangen zu sein, dessen Helligkeit in den Augen wehtat, und fühlte jäh, wie die Angst sie einem wilden Tier gleich ansprang. Nach einer Weile glaubte sie Menschenstimmen zu hören, was ihr aber ganz unmöglich erschien, und ignorierte daraufhin jegliches Geräusch in ihrer Umgebung.
    Am Ende siegte jedoch die natürliche Neugierde eines Menschen über die Furcht einer verstörten Seele. Also öffnete sie vorsichtig die Lider einen kleinen Spalt weit, bemerkte sogleich eine weiße Gestalt mit menschlichen

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