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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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war gar nicht so einfach gewesen, ein schlichtes, aber masives Goldkreuz in dieser Größe aufzutreiben.
    „Nein“, sagte Frau Falquardt in seine Gedanken hinein. „Sie haben schon das Richtige gebracht. Sie müssen nämlich wissen, Celiska ist strenggläubige Katholikin. Allerdings hätte ich nie gedacht, dass sie so stark von ihrem Glauben abhängig ist. Sicher, wir sind jeden Sonn- und Feiertag in die Kirche gegangen. Aber fanatisch war sie nie. Auf jeden Fall … Ist ja auch nicht weiter wichtig, nicht wahr. Sie hat ja jetzt ihr Kruzifix. Und Sie? Wieso tun Sie das?“
    Vincent begriff nicht gleich, was man von ihm wissen wollte, und schaute verständnislos drein.
    „Es interessiert mich“, begann sie ihre Frage neu, weil sie sein Dilemma erkannte, „warum Sie sich so um Celiska sorgen.“ Sein jähes Erröten war ihr Antwort genug, denn seine Reaktion erschien ihr sehr aufschlussreich. Doch sie wollte nicht weiter über ihn und seine Beweggründe nachdenken, weil sie mittlerweile erkannt zu haben meinte, in welcher Beziehung er zu ihrer Tochter stand. Offenbar hegte er gewisse Hoffnungen in Bezug auf Celiska, vielleicht sogar begründete. Sie winkte ab. „Schon gut. Es ist gar nicht wichtig. Nebenbei gesagt: Ich finde es schön, dass wenigstens einer von Ihrer Familie ein bisschen Interesse für sie aufbringt. Ihr Verlobter jedenfalls scheint vergessen zu haben, dass man ihn hier braucht.“
    „War er denn heute nicht hier?“, fragte Vincent bestürzt.
    „Heute?“, fragte sie ironisch zurück. „Sie machen wohl Scherze! Er war nur ein einziges Mal hier, und zwar am Tag nach der geplanten Hochzeit. Er hat Wäsche gebracht. Aber weil Celiska tief und fest geschlafen hat, ist er sofort wieder gegangen. Seitdem hat er sich nicht mehr blicken lassen, sagen die Schwestern. Und die müssen’s ja nun genau wissen.“
    Vincent konnte nicht fassen, dass der Bruder tatsächlich so gefühllos sein sollte, und fühlte heißen Zorn in sich hochkochen. Nils würde sich einiges anhören müssen, dachte er wütend. Was auch immer zwischen dem Paar vorgefallen sein mochte, es rechtfertigte nicht dieses Verhalten!
    „Celiska faselt ständig was von einem Gespenst“, berichtete Frau Falquardt unterdessen.
    „Was?“, reagierte er ein wenig verwirrt, da seine Gedanken immer noch beim Bruder waren, dem er zwar nicht die Pest, aber doch etwas ähnlich Übles an den Hals wünschte.
    „Celiska plappert dauernd wirres Zeug“, wiederholte Frau Falquardt geduldig. „Aber dabei kommt immer wieder das Wort ‚Geist’ ganz klar und deutlich heraus. Fragen Sie mich jetzt aber bloß nicht, was oder wen sie damit meint.“
    Vincent bedachte das eben Gesagte gründlich, hatte aber auch keine Erklärung parat. Die ganze Situation war ihm unverständlich, doch regte sich leise Erinnerung in der Tiefe seines Bewusstseins: In den Kriegsgebieten des Nahen Ostens, in denen er eine Zeit lang als freiwilliger Helfer in Krankenhäusern und Feldlazaretten gearbeitet hatte, waren ihm viel Elend und psychische Krankheiten begegnet. Nicht selten hatte er mit Menschen zu tun gehabt, die mit Massakern und Gräueltaten der Feinde oder auch der eigenen Seite nicht fertig werden konnten. Am schlimmsten hatte es dabei oft die unfreiwillig Schuldigen erwischt. Es war ihm nicht nur einmal aufgefallen, dass einige von ihnen einen regelrechten Verfolgungswahn entwickelten, wobei sie steif und fest behaupteten, von den Seelen ihrer Opfer heimgesucht zu werden, die auf Rache an ihren Mördern aus seien. Aber das hatte doch gar nichts mit Celiska zu tun, tat er seine Überlegungen ab. Sie hatte weder etwas Böses getan, noch …
    „Ach du liebe Zeit“, stieß er mit einem Mal verblüfft hervor. Natürlich, der Zwischenfall in der Jagdhütte! Sie lebte offenbar im Glauben, dass sie jemanden ernsthaft verletzt, wenn nicht sogar umgebracht hatte. Und vorher war sie auch schon sehr merkwürdig gewesen, was eindeutig darauf hinwies, dass ihr psychisches Gleichgewicht bereits ernsthaft gestört gewesen war. Und das hieß, dass sie nun ganz dringend fachliche Hilfe brauchte.
    *
    „Was soll das? Was willst du überhaupt von mir?“
    „Ich will von dir wissen, was vor dem Tag gewesen ist!“, herrschte Vincent den Bruder an. „Die Entführung allein kann nicht der Grund sein, dass sie so extrem reagiert.“
    Nils setzte sich hinter seinen Schreibtisch und starrte Vincent an.
    „Was geht dich das überhaupt an?“, fragte er ärgerlich. „Schon vergessen?

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