Hexenjagd
ziemlich aus dem Konzept gebracht.“
„Aber das ist doch wunderbar“, freute er sich, ohne auf ihre Ablehnung einzugehen. „Dann können Sie doch beweisen, dass Sie zu mehr in der Lage sind, als nur Briefe zu tippen! Geschäftsessen gehören zwar nicht unbedingt zu den alltäglichen Pflichten einer guten Sekretärin. Aber ich brauche jemanden, der mit Geschäftskunden umgehen und außerdem perfekt englisch sprechen kann, weil ich das nämlich nicht so gut beherrsche. Also keine Ausreden mehr. Ich brauche Sie. Und wenn Sie ablehnen, ist das Arbeitsverweigerung!“
Celiska wollte ihren Ohren nicht trauen. Hatte er denn nicht zugehört? Oder machte es ihm wirklich nichts aus, dass man über sie beide tratschte? Nein, erkannte sie plötzlich. Er machte sich wahrhaftig keine Gedanken. Warum auch? Für ihn musste es durchaus schmeichelhaft sein, Verhältnisse angedichtet zu bekommen, die er gar nicht hatte. Warum sollte er auch an ihren Ruf denken? Sie war ihm doch als Person völlig gleichgültig. Für ihn zählten doch nur das Geschäft und der äußere Schein!
„Bitte“, versuchte sie es noch einmal. „Suchen Sie sich eine andere Begleiterin. Um die Wahrheit zu sagen, mir geht es heute nicht gut. Ich glaube, ich bekomme eine Grippe oder so was.“
„Alles Schwindel“, erklärte er im gewollt strengen Tonfall. „Ich hole Sie heute Abend um acht Uhr ab, und damit basta. Sie können sich nicht weigern, verstehen Sie? Schließlich ist es Ihr Job.“ Ohne eine Erwiderung abzuwarten, wandte er sich ab und verließ das Büro, um einen wichtigen Termin wahrzunehmen.
Unterdessen starrte Celiska niedergeschlagen auf den Bildschirm ihres Computers und versuchte das Durcheinander in ihrem Kopf zu ordnen. Sie würde sich tatsächlich bald nach einem neuen Job umsehen müssen, stellte sie endlich fest. So wie sich die Dinge nämlich entwickelten, konnte sie nicht weiter für den Juniorchef arbeiten. Für ihn mochte es lächerlich sein, aber für sie würde unweigerlich ein weiteres und noch viel ärgeres Spießrutenlaufen durch die Firma beginnen, sobald man mitbekam, dass sie sich auch noch nach Feierabend mit dem Mann sehen ließ. Auch wenn es rein geschäftlich war. Was keinen interessieren würde! Alle würden mit dem Finger auf sie zeigen und behaupten, sie wolle den Mann für sich gewinnen, um ein sorgenfreies Leben führen zu können. Ähnliche Gerüchte waren eh schon im Umlauf, also würde sie den Teufel tun und diese durch ihr Verhalten auch noch bestätigen, beschloss sie.
In aller Eile schrieb Celiska eine Notiz, deponierte diese auf dem Schreibtisch des Juniorchefs und verließ am Ende ihren Arbeitsplatz, um nach Hause zu fahren. Das Summen in ihrem Schädel und die unangenehme Wärme, die sie plötzlich verspürte, erhärteten den Verdacht einer beginnenden Grippe. Also war es ratsam, sich ins Bett zu legen und die Erkältung auszukurieren, bevor sie noch schlimmer wurde.
Wieder saß die junge Frau sehr aufrecht in der kleinen schwarzen Kutsche und wurde von den Unebenheiten der Straße durchgeschüttelt. Sie meinte die Gedanken des Kutschers förmlich zu hören, ließ sich jedoch nicht dazu herab, eine Erklärung abzugeben. Dass er die Vorgänge sehr genau beobachtet hatte, war nicht zu verhindern gewesen – er war weder blind, noch war er so dumm, das Gesehene nicht richtig deuten zu können. Aber der eigentliche Wortwechsel war ihm entgangen, weil er zu weit weg gewesen war, um mitzuhören. Was sie für eine glückliche Fügung hielt. Ohne Zweifel würde er bei seiner Rückkehr einen genauen Bericht an ihre Mutter liefern, die keineswegs erfreut sein dürfte, wenn sie erfuhr, wie wenig damenhaft sich ihre Tochter verhalten hatte.
„Ihr habt dem Kleinen das Leben gerettet“, sagte der Mann in bewunderndem Tonfall. „Das wird man Euch nicht vergessen.“ „Er hätte verdient, dass man ihm den Hintern versohlt“, erwiderte sie unwirsch. „Statt sich in den Wäldern der Herrschaften herumzudrücken, sollte er lieber sehen, dass er eine ordentliche Arbeit bekommt.“
Der Kutscher zog den Kopf ein und schwieg eine geraume Weile.
„Er kriegt keine“, murmelte er schließlich. „Dafür hat sein Vater gesorgt. Der Alte hat im Herrenhaus verlauten lassen, dass er für die Halsabschneider keinen Finger mehr rühren werde. Lieber würde er verhungern, hat er gebrüllt. Was ihm leider auch gelungen ist. Leider fällt sein Leichtsinn jetzt auf seine Familie zurück, weil man glaubt, dass alle genauso
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