Hexenseelen - Roman
sieht.«
»Evy, ich glaube, Adrián ist es egal, in welchem Köper du bist. Deine Seele …«
Die Augen der Mächtigen funkelten. Das Weiß lief blutrot an. »Er hat mich gerade wegen meiner Seele verlassen, schon vergessen?« Doch sogleich legte sich ihr Zorn, und ihre Augäpfel nahmen ein normaleres Aussehen an. Menschlich wirkte sie allerdings nicht mehr. Ihre Züge strömten etwas Kaltes, etwas Unendliches und Ursprüngliches aus. »Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich bei meinem richtigen Namen nennen würdest. Kali. Evelyn wollte ich für Adrián sein, aber er hat mich verstoßen. Und du hast mich sicherlich nicht gerufen, um mit mir über meine Beziehungsprobleme zu plaudern, nicht wahr?«
Alba schob sich in eine Ecke und schüttelte den Kopf. Mehr brachte sie nicht zustande, müde und durch die Meditation entkräftet. So antwortete Ylva an ihrer statt: »Wir müssen mehr über das Hexenkind erfahren, wenn wir es … für dich … finden sollen.«
Der Blick der Hexe wanderte zu ihr. Die Mächtige beugte sich nur leicht vor, und trotzdem kam es Ylva vor, als würde sich ihr Gesicht von dem Rest des Körpers lösen und direkt vor ihr schweben. Lange, sehr lange musterte Kali sie. »Dich kenne ich nicht. Du trägst einen Dämon aus Oyas Gefolge in dir, der dein Wesen verbirgt. Hat sie dich geschickt, um mich auszuspionieren?«
»Niemand hat mich geschickt.« Sie hörte, wie ihre Stimme zitterte, und trotzdem redete sie weiter. »Ich will
den Dämon loswerden. Wenn ich Alba helfe, dann … dann hoffe ich, dass du mir auch hilfst.«
»Woher soll ich wissen, dass du nicht eine Spionin bist? Obwohl du das beteuerst, kann Oya alles ohne dein Zutun vorausgeplant haben. Denn ein Dämon muss immer seiner Mächtigen gehorchen. Wenn er stark genug ist, wird er dich zu ihr führen und dich zwingen, ihr zu dienen.«
»Und genau das will ich verhindern! Bitte.« Sie rang um ihre Fähigkeit zu sprechen, denn es fühlte sich an, als würde ihr etwas den Mund zustopfen. Der Dämon? »Wäre es nicht auch in deinem Sinne, Oyas Pläne zu durchkreuzen?«
Kali lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Auch wieder wahr. Nun gut, ich beantworte euch eure Fragen, aber wir haben nicht unendlich viel Zeit. Eine Mächtige kann nicht lange bei ihren Gläubigen verweilen, ohne ihre Kräfte zu verlieren. Denn wenn wir uns in die Belange der Welt einmischen, werden wir zum Schlaf der Ewigkeit verdammt. Was mir bereits beinahe geschehen wäre, und ich bin mir nicht sicher, ob ich dem noch einmal entkommen werde.«
»Dann sag mir das Wichtigste: Wie erkenne ich ein Hexenkind, falls ich es finde? Was muss ich über dieses Geschöpf wissen?«
»Bis zu seinem sechzehnten Geburtstag würde keiner, nicht einmal ich als Mächtige, es als solches erkennen. Denn sein wahres Wesen entfaltet sich erst danach. Wenn es also über sechzehn Jahre alt ist, erkennst du es an seiner
Aurafarbe. Die ist strahlend weiß. Die Farbe der spirituellen Vollkommenheit und Reinheit. Kein Lebewesen sonst hat solch eine Aura, niemand kann so leuchten.«
»Aber weder ich noch Alba können die Aurafarben sehen.«
»Dann sucht euch jemanden, der es kann. Oder übt es selbst. Einige Menschen sind dazu durchaus in der Lage.«
»Hat das Hexenkind besondere Kräfte?«
»Jedes ist mit einer kleinen Gabe gesegnet, mit welcher, ist sehr unterschiedlich. Aber es ist nichts, was euch gefährlich werden könnte. Ohne eine Mächtige an seiner Seite kann es nicht viel ausrichten. Willst du noch etwas wissen? Die Uhr läuft ab.«
Ylva zögerte. »Es geht um meinen Dämon. Wie kann ich ihn kontrollieren?«
»Ich dachte mir schon, dass du das fragst. Es ist wie bei Metamorphen und ihren Seelentieren. Ihr streitet um einen Körper. Da darfst du den fremden Geist nicht ignorieren, du musst dich ihm stellen und ihn unterjochen. Zeig ihm, wer der Überlegene ist. Breche seinen Willen und herrsche.«
Kalis Worte, in Gefühlskälte getränkt, erschreckten Ylva. Nicht wegen des Dämons, sondern im Hinblick auf ihr Dasein als Metamorph, an dem sie urplötzlich zu zweifeln begann. Bis jetzt hatte sie ihren Nager als einen Freund angesehen. Und Freundschaft setzte Gleichberechtigung voraus. Niemals hätte sie geglaubt, dass diese Bindung, die sie zu dem kleinen Rabauken pflegte, auf Unterjochung basieren würde. Stumm schwor sie, seinen
Körper niemals zu missbrauchen, sich mit allen Kräften gegen die Verschmelzungen zu wehren. Nicht aus Angst, aber aus
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