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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das Fenster. Die Scheibe zerbarst klirrend. Kälte und Nebel und Feuchtigkeit fauchten herein, bliesen die Flammen zu höherer Glut an und ließen die Fackel in der Hand der Statue zischen.
    Straub sprang. Glassplitter schnitten schmerzhaft durch seine Jacke und in die Hände, die er schützend vor das Gesicht gehoben hatte, und seine Rippen prallten unsanft gegen den Fensterrahmen. Er fiel, rollte ungeschickt auf dem Deck ab und prallte so heftig mit dem Schädel auf, dass er für einen Moment benommen liegen blieb.
    Aber der Schrecken hatte noch kein Ende. Wie durch einen seidenen Vorhang hindurch beobachtete Straub, wie das Ruderhaus hinter ihm zu brennen begann, viel schneller, als normal gewesen wäre, dann wurde das zerborstene Fenster mit einem schmetternden Schlag vollends nach außen gedrückt; ein Teil des brennenden Ruders krachte dicht neben Straub zu Boden und rollte wie ein Feuerrad davon, brennende Holztrümmer regneten auf die Planken und eine entsetzliche, grün leuchtende Gestalt trat aus dem Chaos hervor, ihre Fackel schwenkend und die andere Hand gierig nach ihm ausgestreckt.
    Straub sprang kreischend hoch, stolperte abermals und hechtete noch im Fallen nach der Reling. Der Sturz war zu kurz; er prallte mit Brust und Oberkörper gegen das harte Holz, sank halb betäubt zurück und rollte rein instinktiv herum. Eine metallene, zur Faust geballte Hand fuhr krachend neben ihm durch die Planken, dann stieß etwas Glühendes, unglaublich Heißes nach seinem Gesicht, verfehlte es und hinterließ eine brennende Spur aus Schmerz auf seiner Wange. Straub sprang, wie von Sinnen schreiend und um sich schlagend, auf die Füße, taumelte rücklings gegen die Reling und spürte, wie sich eine kalte Hand um seine Schulter schloss.
    Das Entsetzen gab ihm übermenschliche Kräfte. Blindlings hieb er mit den Fäusten auf das Eisengesicht vor sich ein, warf sich abermals zurück und kam tatsächlich frei.
    Aber sein eigener Schwung hatte ihn zu weit nach hinten getragen. Die Reling traf ihn mit der Wucht eines Hammerschlages in die Nieren; Straub keuchte vor Schmerz, kippte mit rudernden Armen nach hinten und fiel über Bord. Aber noch bevor er auf dem Wasser aufschlug und versank, sah er, wie auch seine unheimliche Verfolgerin, durch die abrupte Bewegung offenbar ebenso aus dem Gleichgewicht gebracht, nach vorne kippte, gegen die Reling fiel und sie mit ihrem Körpergewicht zerschmetterte.
    Die lebende Doppelgängerin der Freiheitsstatue klatschte wie ein vom Himmel stürzender Felsen dicht neben Straub ins Wasser.
    Und sank auch ebenso rasch.
     
    »Das hat gut getan!« Rowlf schlug sich mit beiden Händen auf den Magen, grinste zufrieden und ließ einen Rülpser hören, der einem Grizzly die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. Den Ober, der steif wie ein Brett drei Schritte hinter unserem Tisch stand und seit mehr als zwei Stunden vergeblich versuchte, seine Fassung zu bewahren, trieb er etwas ganz anderes in die Augen – nämlich die Tränen – und ich warf Rowlf einen mahnenden Blick zu, den er allerdings nur mit einem neuerlichen Grinsen quittierte.
    Unter normalen Umständen hätte es mir wahrscheinlich sogar Spaß gemacht, dem Spielchen zuzusehen, aber wir erregten auch so schon mehr als genug Aufsehen – das Lokal, in das ich Howard und Rowlf geführt hatte, gehörte entschieden nicht zu der Preisklasse meines Hotels, aber auch ebenso entschieden nicht zu der, in der Männer von Rowlfs und Howards gegenwärtigem Aussehen zu speisen pflegten. Die missbilligenden Blicke, mit denen uns das Personal und ein kleines, schnauzbärtiges Wiesel, das wohl der Geschäftsführer sein musste, maßen, sprachen Bände.
    Ich entschuldigte mich bei dem geplagten Oberkellner mit einem Lächeln, das das Versprechen auf ein großes Trinkgeld enthielt, wandte mich wieder an Howard und Rowlf und griff nach meinem Glas, trank aber nicht. Wir saßen seit gut zwei Stunden hier, und der Sherry, der in dem Glas in meiner Hand glitzerte, war der siebente oder achte. Ich war nicht betrunken, aber meine Zunge begann bereits schwer zu werden und meine Gedanken liefen nicht mehr ganz so schnell wie gewohnt. Ich musste vorsichtig sein. So stellte ich den Sherry zurück und beauftragte den Ober stattdessen, mir ein Glas Orangeade zu bringen. Howard und Rowlf hatten die Zeit größtenteils damit zugebracht, einen Gang nach dem anderen in sich hineinzustopfen, und ich hatte währenddessen beinahe ununterbrochen geredet, denn Howard

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