Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
den Boden stützen, um nicht ganz zu fallen und Howard dabei womöglich unter sich zu begraben.
»Bist du verletzt?«, fragte Howard erschrocken.
»Nur ’n bisschen wackelig auffe Beine«, keuchte Rowlf. Er versuchte zu lachen, aber der Laut ging schon nach einer Sekunde in ein gequältes Husten über, das ihn fast eine halbe Minute lang schüttelte.
»Du bist verletzt«, stellte Howard fest.
»Quatsch!«, behauptete Rowlf. »Da muss schon mehr kommen als so ’ne aufgeblasenen Schildkröte, um mich kleinzukriegen.«
Howard tat ihm den Gefallen über diese Antwort zu lächeln, aber trotzdem war er es, der Rowlf helfen musste aufzustehen, nicht umgekehrt.
Er warf einen letzten Blick auf das TIEFE WESEN zurück, ehe sie weitergingen. Das Geschöpf regte sich immer noch nicht. Howard wusste auch, wie unglaublich zäh diese Kreaturen waren. Selbst wenn es wirklich schwer verletzt sein sollte, war dies keine Garantie, dass es nicht in ein paar Momenten die Augen aufschlug und sie verfolgte. Sie hatten keine Sekunde mehr zu verlieren.
Gottlob erholte sich Rowlf schnell. Schon nach wenigen Schritten nahm er seinen Arm von Howards Schulter und lief wieder aus eigener Kraft und ohne sich auf ihn stützen zu müssen.
»Wir müssen Schorsch warnen«, sagte Rowlf schwer atmend. »Wenn die Scheißviecher auch bei ihm auftauchen tun, dann isser geliefert.«
Und das war wahrscheinlich noch untertrieben, dachte Howard. George ahnte ja noch viel weniger als sie, welche Gefahr in den Ruinen von R’lyeh auf sie lauerte. Wenn ihm etwas zustieß – oder wenn die TIEFEN WESEN seine Zeitmaschine beschädigten oder völlig zerstörten –, dann waren sie unwiderruflich in dieser Stadt am Ende der Zeiten gestrandet, ganz gleich, ob es ihnen gelang den Ungeheuern zu entkommen oder nicht. Howard sprach nichts von all seinen Befürchtungen laut aus, doch er beschleunigte seine Schritte noch mehr und auch Rowlf hielt kommentarlos mit, sodass sie schließlich doch rannten. Trotzdem erreichten sie den Strand nicht.
Die TIEFEN WESEN tauchten auf, noch ehe sie die nächsten hundert Yards zurückgelegt hatten, und diesmal waren sie weder unentschlossen noch allein – es war ungefähr ein halbes Dutzend der zwei Meter großen, geschuppten Ungeheuer, die jäh zwischen den Trümmern beiderseits der Straße erschienen, und sie zögerten keine Sekunde, sondern stürmten sofort los, um Rowlf und ihn in die Zange zu nehmen. Gottlob waren sie nicht sehr schnell, sodass es ihnen nicht sonderlich schwer fiel, ihnen davonzulaufen. Aber sie wurden wieder ein Stück zurück in die Stadt getrieben. Erneut begannen die Schatten rings um sie herum zu unheimlichem, lautlosem Leben zu erwachen, und während Howard und Rowlf auf die schwarze Pyramide am Ende der breiten Prachtstraße zustürmten, glaubte er für eine Sekunde, etwas Gigantisches, formlos Schwarzes sich dahinter aufbäumen zu sehen. Dann erlosch der Spuk und im selben Moment warf Howard einen Blick über die Schulter zurück und sah, dass ihre Verfolger wieder verschwunden waren.
Keuchend blieb er stehen und warf einen Blick in die Runde. Die TIEFEN WESEN waren fort, als wären auch sie nicht mehr als ein Trugbild gewesen. Howard wusste natürlich, dass das nicht so war, aber die Geschöpfe bewegten sich derart plump und ungeschickt, dass im Moment wohl nicht die Gefahr bestand, dass sie sie einholten. Trotzdem wuchs seine Besorgnis eher noch – es gab nur diesen einen Weg aus der Stadt heraus, sodass ihre Verfolger sich eigentlich gar nicht anzustrengen brauchten, sondern sich getrost darauf verlegen konnten, einfach die Straße abzuriegeln. Zwar hätten sie sie verlassen und versuchen können, sich einen Weg durch die Trümmerwüste zu suchen, doch davor schrak Howard fast ebenso sehr zurück wie vor dem Gedanken, sich einer neuen Konfrontation mit den Amphibienwesen zu stellen. Die schwarze Straße war mehr als nur eine Straße. Sie war zugleich die fast einzige Bresche, die die Normalität in dieses Gebilde aus Dunkelheit und Gestalt gewordener Furcht geschlagen hatte. Wenn sie sie verließen, würden sie sich vielleicht unwiderruflich in diesem Labyrinth des Wahnsinns verirren.
Hinzu kam noch eine durch und durch greifbare Gefahr – nämlich die, von der Rowlf gesprochen hatte: Die TIEFEN WESEN hatten sie gefunden und es mochte sein, dass sie auch George fanden.
Eine Bewegung am Rand seines Gesichtsfeldes erweckte seine Aufmerksamkeit. Howard sah genauer hin und erblickte ein
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