Hier und jetzt
Teppichboden war dick, die Beleuchtung gedämpft, der zur Schau gestellte Schmuck kunstvoll arrangiert. In diesem Laden verunzierte man die Ware nicht mit Preisschildern.
Das Fehlen dieser kleinen Kärtchen machte Claire nervös.
Jacob dagegen war völlig entspannt. Für ihn schien die Aus wahl der Ringe nichts weiter als eine angenehme Unterbrechung des Arbeitstages zu sein. Claire wusste nicht, wieso sie sich über seine lässige Haltung ärgerte, aber es war so.
„Ich war doch nicht voreilig, oder?” fragte er leise. „Du kannst haben, was immer du willst.”
Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich mag alles, was hübsch ist und glitzert. Auf Diamanten trifft das sicher zu.”
„Sehr gut.” Er ergriff sie am Arm. „Ich möchte dich in Diamanten kleiden. Nur Diamanten
… und Haut.”
Ihr Herz schlug schneller. „Pass auf, dass ich nicht stolpere”, sagte sie scheinbar unbekümmert, als sie dem Juwelier folgten. „Ich könnte mir den Fuß verstauchen. Hier drinnen wurde schon lange nicht mehr gemäht.”
Jacob lachte leise. „Martin mag exzentrisch sein, aber von Steinen versteht er viel. Er sucht dir bestimmt etwas Hübsches und Glitzerndes aus.”
Und Teures, dachte sie. Doch wenn sie Jacob heiratete und der Treuhandfonds aufgelöst wurde, würde er ein sehr reicher Mann sein, der sich das Beste leisten konnte.
Martin kümmerte sich höchstpersönlich um sie beide. Er hatte seine Assistentin weggescheucht, als er Jacob erkannte. Nun wartete der Juwelier hinter einem Schaukasten neben einer Nische mit zwei weichen Sesseln. Der kahle Kopf des Mannes schimmerte ähnlich wie die Steine, die in der Vitrine ausgestellt waren.
Claire war nervös. Als sie sich setzte, fragte sie sich, ob sie den Verstand verloren hatte.
Was ihr letzte Nacht noch klar und unvermeidlich erschienen war, kam ihr an diesem Nachmittag wie der reinste Irrsinn vor.
„Weißgold oder Gelbgold?” fragte Martin. „Ich habe auch einige Stücke in Platin, aber die Auswahl bei den bereits fertigen Ringen ist nicht so reichlich. Sie wollten sofort etwas haben?” fragte er Jacob.
Die Hochzeit sollte schon am nächsten Wochenende stattfinden.
„Gelbgold”, erklärte Claire entschieden und fügte mit einem Blick zu Jacob hinzu: „Sofern das für dich in Ordnung geht.”
Er verstand den kleinen Scherz. „Natürlich, es ist dein Ring.”
„Willst du denn keinen tragen?”
„Ich … doch, natürlich”, erwiderte er überrascht.
Offenbar hatte er gar nicht daran gedacht. Claires Magen krampfte sich zusammen.
„Also eine Zeremonie mit zwei Ringen”, murmelte der Juwelier. „Sehr schön. Das schränkt uns zwar etwas ein, aber Gelbgold und Diamanten …” Er schloss einen der Schränke auf. „Ja, da haben wir eine hübsche Auswahl. Was für eine Fassung? Schlicht, verziert, vielleicht mit einer Spur von Avantgarde?”
„Nichts Modernes”, wehrte Jacob ab und lächelte Claire zu. „Tut mir Leid, ich sollte dich wenigstens gelegentlich antworten lassen, nicht wahr?”
„Ich bevorzuge einen schlichten Stil.” Sie dachte an Jacobs altes Haus und das alte Cabrio.
„Vielleicht etwas Altmodisches.”
Was war schon dabei, dass Jacob nicht vorgehabt hatte, einen Ring zu tragen? Als sie das Thema anschnitt, war er einverstanden gewesen. Er war bereit, sich zu binden, und nur das war in einer Ehe wichtig. Er zwang sie zu nichts. Sie hatte freiwillig zugestimmt.
Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, schon eine Woche später vor den Altar zu treten.
„Und Ihre Größen?”
„Sechs”, erwiderte Claire. Jacob war sehr einsam. Wusste er eigentlich, wie sehr er sich nach Menschen in seiner Umgebung sehnte und dass er unbedingt eine Familie haben wollte?
Er hatte nach dem Auszug seiner Brüder das große alte Haus behalten. Er hatte dafür gesorgt, dass Menschen bei ihm wohnten - Ada, Cosmo und Sonia. Ada würde bei ihm bleiben, sofern sie ihre Krank heit überwand. Sonia würde bald in den Ruhestand treten. Cosmo plante bereits, auszuziehen und ein eigenes Fitness-Studio zu eröffnen. Und Jacob würde ihm dabei helfen.
Claire wollte für immer bei ihm bleiben. Doch allein bei dem Gedanken erfasste sie eine eigenartige Unruhe.
Martin präsentierte ihnen ein kleines Tablett mit Ringen. „Ich denke an einen Stein, der meiner Meinung nach perfekt passt. Ziemlich groß, aber exquisit und schlicht.”
Claire nickte bloß.
Jacob heiratete sie natürlich nur wegen des Geldes und nicht aus Liebe. Es ging um Geld und
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