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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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seiner Berührungen mit Schreien ekstatischer Lust. In meiner Vorstellung hatte keine Frau in der ganzen Menschheitsgeschichte je besseren Sex, als Charlie ihn mit Marco hatte.
    Aber das bedeutete gar nichts. Das hatte keinerlei Bezug zur Wirklichkeit. Was weiß denn ich, vielleicht haben Marco und Charlie ihre Partnerschaft niemals vollzogen, und Charlie hat das dazwischenliegende Jahrzehnt mit dem – allerdings kläglich gescheiterten – Versuch zugebracht, die stille, unaufdringliche Ekstase der Nächte, die wir miteinander verbrachten, wieder aufleben zu lassen. Von Ian weiß ich allerdings, daß er ein teuflisch guter Liebhaber ist, und Laura weiß es auch. Ich konnte alles hören, Laura auch. Allerdings ging es mir auf die Nerven. Ich glaubte, ihr sei es auch auf die Nerven gegangen. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Hat sie mich deswegen verlassen? Weil sie auf das aus war, was ein Stockwerk höher abging?
    Ich weiß wirklich nicht, warum das so wichtig ist. Wäre Ian ein gewandterer Plauderer als ich, besser beim Kochen oder Arbeiten im Haushalt oder beim Sparen oder Geldverdienen oder Geldausgeben oder beim Begreifen von Büchern oder Filmen, wäre er netter als ich, attraktiver, intelligenter, ordentlicher, großzügiger, hilfsbereiter, ein besserer Mensch in jeder erdenklichen Hinsicht … es würde mich nicht kratzen. Ehrlich. Ich begreife und akzeptiere, daß man nicht in allem gut sein kann, und ich bin in einigen sehr wichtigen Bereichen katastrophal untalentiert. Aber Sex ist etwas anderes. Zu wissen, ein Nachfolger ist besser im Bett, ist unerträglich, und ich habe keine Ahnung, warum.
    Immerhin weiß ich genug, um zu wissen, daß das dämlich ist. Ich weiß zum Beispiel, daß der beste Sex, den ich je hatte, nichts zu bedeuten hatte. Den besten Sex, den ich je hatte, hatte ich mit einem Mädchen namens Rosie, mit dem ich nur viermal geschlafen habe. Das reichte einfach nicht (der gute Sex meine ich, nicht die viermal, die reichten mir voll und ganz). Sie machte mich wahnsinnig, und ich machte sie wahnsinnig, und die Tatsache, daß wir den Trick raushatten, gleichzeitig zu kommen (und ich habe immer den Eindruck, das ist es, was die Leute meinen, wenn sie von gutem Sex reden, egal, was Dr. Ruth über Gemeinsamkeit und Rücksichtsnahme und Bettgeflüster und Abwechslungsreichtum und Stellungen und Handschellen erzählt), zählt nicht im geringsten.
    Was also ist es, was mich an »Ian« und Laura so quält? Warum beschäftigt es mich so sehr, wie lange er kann und wie lange ich konnte, und welche Laute Laura bei mir machte und welche Laute sie bei ihm macht? Ich vermute letztendlich dies: daß ich immer noch Chris Thomson, diesen Neandertaler, diesen Vierte-Klasse-Ehebrecher mit Testosteronüberschuß höre, wie er mich Spasti nennt und mir erzählt, daß er meine Freundin durchgebumst hat. Und diese Stimme macht mich immer noch krank.

    Während der Nacht habe ich einen dieser Träume, die eigentlich gar keine Träume sind, nur so Zeugs, wie Laura mit Ray fickt und Marco mit Charlie, und ich bin erleichtert, daß ich mitten in der Nacht aufwache und der Traum damit aufhört. Aber die Erleichterung währt nur wenige Sekunden, und schon kommt mir alles zu Bewußtsein: daß irgendwo Laura wirklich gerade mit Ray fickt (vielleicht nicht genau jetzt, denn es ist 3.56 Uhr morgens, obwohl man bei seinem Stehvermögen – bei seiner Ejakulationshemmung , ha, ha – nie wissen kann), und ich bin hier, in dieser blöden, kleinen Wohnung, allein, und ich bin fünfunddreißig Jahre alt, besitze ein winziges, schlechtgehendes Geschäft, und meine Freunde scheinen gar keine richtigen Freunde zu sein, sondern nur Leute, deren Telefonnummer ich nicht verloren habe. Und wenn ich jetzt wieder einschlafen würde, vierzig Jahre lang schlafen und zu den Klängen von Melody Radio ohne Zähne in einem Altersheim aufwachen würde, würde mich das nicht groß stören, denn das Schlimmste vom Leben, d. h. der ganze Rest davon, wäre vorüber. Und ich hätte nicht einmal Selbstmord begehen müssen.
    Mir wird erst jetzt langsam klar, daß es wichtig ist, irgendwas irgendwo zu tun zu haben, auf der Arbeit oder zu Hause, andernfalls hängt man immer in der Luft. Würde ich in Bosnien leben, wäre es nicht mein größtes Problem auf der Welt, keine Freundin zu haben, aber hier in Crouch End ist es das. Man braucht soviel Ballast wie möglich, um nicht abzudriften. Man braucht Menschen um sich herum, es muß etwas los sein,

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