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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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schritt hochaufgerichtet an ihm vorüber, sein Gesicht das Gesicht eines Mannes, der eigentlich gar nicht da ist. Jamie senkte nicht den Kopf und versuchte auch sonst nicht zu verhindern, dass er zu sehen war – doch ich merkte, wie er kaum sichtbar den Kopf wandte und William und seine Männer mit dem Blick verfolgte, bis er nicht mehr zu sehen war. Dann ließ er die Schultern ein kleines bisschen fallen, als sei eine Last von ihm genommen worden.
    Geschafft, sagte diese Geste, obwohl er immer noch so gerade dastand wie das Gewehr an seiner Seite. Gott sei Dank. Er ist in Sicherheit.

70
    SCHUTZRECHT
    Lallybroch
     
    R oger hätte nicht genau sagen können, was ihn dazu bewog, es zu tun, abgesehen von der friedlichen Atmosphäre der Stelle, doch er hatte damit begonnen, die alte Kapelle wieder aufzubauen. Von Hand und allein, Stein für Stein.
    Er hatte versucht, es Brianna zu erklären; sie hatte ihn gefragt.
    »Es ist für sie «, sagte er schließlich hilflos. »Es ist eine Art … Ich habe das Gefühl, dass ich ihnen dort nah sein möchte.«
    Sie ergriff eine seiner Hände, spreizte seine Finger und fuhr ihm sanft mit dem Daumenballen über die Knöchel, die Finger, berührte die Narben und Schrammen, den geschwärzten Nagel, der unter einen Stein geraten war.
    »Sie«, wiederholte sie vorsichtig. »Du meinst meine Eltern.«
    »Ja, unter anderem.« Nicht nur die Nähe zu Jamie und Claire, zu dem Leben, das sich ihre Familie aufgebaut hatte. Seinem eigenen Selbstverständnis als Mann – Beschützer, Versorger. Und doch war es dieser angeborene Beschützerinstinkt gewesen, der ihn dazu gebracht hatte, all seine christlichen Prinzipien aufzugeben – und das am Vorabend seiner Ordination – und Stephen Bonnet nachzusetzen.
    »Vielleicht versuche ich ja, eine Antwort zu finden«, hatte er mit einem ironischen Lächeln gesagt. »Darauf, wie ich das, was ich einmal für Gewissheit gehalten habe, mit dem in Einklang bringen kann, was ich, glaube ich, heute bin.«
    »Ist es etwa nicht christlich, wenn man seine Frau davor retten will, vergewaltigt und in die Sklaverei verkauft zu werden?«, erkundigte sie sich mit einem deutlich gereizten Unterton. »Denn wenn es das nicht ist, konvertiere ich mit den Kindern zum Judentum oder zum Shintoismus oder so.«
    Sein Lächeln war herzlich und aufrichtig geworden.
    »Ich habe dort etwas gefunden.« Er suchte nach Worten.
    »Und einiges verloren«, flüsterte sie. Ohne den Blick von seinen Augen abzuwenden, hatte sie die Hand ausgestreckt, und ihre Fingerspitzen hatten sich kühl auf seinen Hals gelegt. Die Narbe war zwar ein wenig verblichen, doch sie war immer noch als dunkler Streifen zu sehen; er versuchte nicht, sie zu verstecken. Manchmal konnte er sehen, wie die Leute, mit denen er sich unterhielt, die Blicke darauf hefteten; angesichts seiner Körpergröße kam es öfter vor, dass sein Gegenüber seine Worte direkt an die Narbe richtete statt an ihn.
    Er hatte sein Selbstverständnis als Mann gefunden, das gefunden, was er für
seine Berufung hielt. Und das war es wohl auch, was er unter diesen umgestürzten Steinhaufen suchte, unter den Augen einer blinden Heiligen.
    Öffnete ihm Gott eine Tür, wollte Er ihm zeigen, dass er jetzt Lehrer werden sollte? War dies, die Sache mit dem Gälischen, das, was er tun sollte? Er hatte reichlich Platz für seine Fragen, Platz und Zeit und Ruhe. Antworten gab es kaum. Er hatte nun fast den ganzen Nachmittag dort gearbeitet; ihm war heiß, und er war erschöpft und reif für ein Bier.
    Jetzt fing sein Blick den Hauch eines Schattens im Eingang auf, und er drehte sich um – Jem oder vielleicht Brianna, die ihn zum Essen holen wollten. Es war keiner von ihnen.
    Im ersten Moment starrte er den Neuankömmling an und durchforstete sein Gedächtnis. Zerschlissene Jeans und Sweatshirt, das zerzauste, schmutzig blonde Haar kurz abgehackt. Er kannte diesen Mann doch; das breitknochige, gut aussehende Gesicht kam ihm bekannt vor, selbst unter den dichten hellbraunen Bartstoppeln.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Roger und packte den Griff seiner Schaufel. Der Mann kam ihm nicht bedrohlich vor, doch er war schäbig gekleidet und schmutzig – ein Landstreicher vielleicht -, und irgendetwas an ihm rief Beklommenheit in Roger hervor.
    »Das ist doch eine Kirche, aye?«, fragte der Mann und grinste, obwohl nichts Warmes in seinen Augen lag. »Dann bin ich wohl hier, um mein Schutzrecht in Anspruch zu nehmen.« Er trat ins Licht, und Roger

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